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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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sämtliche Gelenke wären ausgerenkt. Der Schmerz zog von beiden Schultern über den Nacken und die Schläfen hinauf in den Kopf. Durst quälte sie. Ein entsetzlicher Durst. Mathilde Graufuchs konnte ihre Augen nur mit Mühe offen halten. Die Sonne blendete und knallte erbarmungslos auf sie nieder. Ihre Kleider klebten an ihr, waren viel zu warm, drückten sie innerlich zusammen. Ihre Beine kamen ihr kalt vor. Eiskalt.
    Angst kroch langsam in ihr hoch – Panik.
    Sie atmete heftiger durch die Nase. Das durfte nicht passieren. Dann würde die Luft zu knapp. Ihr Kopf sank nach vorne, aber das ließen die schmerzenden Kiefergelenke nicht zu. Sie hob ihn wieder an, wurde von der gnadenlosen Sonne geblendet. Ihre Schultern schmerzten wie ausgerenkt. Ihre Hände konnte sie nicht mehr bewegen. Egal, wie sehr sie auch wollte, sie reagierten nicht.
    In ihr herrschte Verwirrung, große Verwirrung – so, als befände sie sich in einer finsteren Gewitterwolke. Sie kämpfte innerlich, versuchte, sich einen Weg hindurch zu bahnen, ohne zu ahnen, wo sie war oder wer sie war. Sie lebte gerade im schlimmsten Alptraum. Immer wieder kamen kalte und warme Schichten zur Oberfläche. Die heiße Sommerluft erdrückte sie, ließ sie auseinanderfließen, untergehen, alles versinken. Ihr Blick verschwamm. Alles wurde dunkel. Dann klarte es sich vor ihren Augen auf.
    Was sah sie da?
    Kinder kamen auf sie zu.
    Ihr Herz begann wie wild zu schlagen.
    Ihre Schulklasse.
    Sie spürte Hoffnung wie noch nie in ihrem Leben.
    Ja, das waren gute Kinder. Sie steuerten ihre Lehrerin direkt an.
    Nun würde alles wieder gut werden.
    Doch warum schauten die Kinder sie nicht an? Sahen sie sie nicht?
    Sie konnte ihnen nicht zurufen, ihr Mund war verstopft. Sie konnte ihnen nur zuschauen.
    Sie wollte sich bewegen, sich rütteln, strampeln, damit sie sie bemerkten. Aber ihr Körper regte sich nicht. Sie schaffte es nur, den Kopf anzuheben.
    Mühsam riss sie ihre Augen auf.
    Doch was sah sie?
    Die Kinder blieben einen Meter vor ihr stehen, schauten durch sie hindurch und gingen weiter.
    Mathilde Graufuchs hing steif und starr da. Sie konnte nichts dagegen tun. Sie schloss ihre Augen vor Verzweiflung. Es dauerte eine Weile, bis sie wieder genug Kraft verspürte, ihre Augen zu öffnen. Doch von den Kindern konnte sie nichts mehr sehen.
    Hatte sie sich das alles nur eingebildet?
    Ihr Herz schlug wild. Ihr Puls raste. Der Druck in ihrem Kopf wurde immer stärker und stärker, als würde das Gehirn anschwellen und nicht mehr genug Platz in der Hirnschale finden.
    Dann wurde alles wieder schwarz.
    Sie musste sich übergeben.
    Oh wie schrecklich! Sie jammerte, soweit das durch den grässlichen Knebel möglich war.
    Ihr Brechreiz wurde immer stärker.
    Sie riss die Augen weit auf. Die Schwärze vor ihren Augen wich bunten, schillernden Farben, die sich immer schneller drehten.
    Würgereiz setzte ein.
    Plötzlich hörte sie den Motor eines Autos.
    *
    Sie fuhren über eine serpentinenartige Steige hinauf nach Ober-Felsberg. Direkt am Ortseingang befand sich ein Wegweiser, der zur Teufelsburg wies.
    Dort bog Erik ab und rumpelte mit dem Audi A 6 über den kleinen Trampelpfad an zerfallenen Holzhütten, kleinen Seitenwegen in Form von Treppenstufen und Felsgestein vorbei, bis ein schmiedeeisernes Tor die Fahrt beendete.
    Nur ein kleines gemauertes Häuschen konnten sie von dort sehen. Ein asphaltierter Weg ging hinter der Absperrung in die Tiefe und machte die Sicht auf einige Reste der Ruine frei. Dahinter erstreckte sich das Tal.
    »Tatsächlich«, staunte Schnur. »Die Teufelsburg ist nicht mehr frei zugänglich. Wer hätte das gedacht?«
    Er marschierte einen kleinen Seitenpfad entlang.
    Andrea und Erik folgten ihm neugierig. Aber alle Wege, die Schnur anvisierte, endeten vor einem hohen Maschendrahtzaun. Es gab keine Möglichkeit, auf das Gelände zu gelangen, ohne sich den Weg freizuschneiden.
    »So ein Mist«, fluchte Schnur. »Ich hätte mir diese Ruine wirklich gerne mal wieder angesehen.«
    »Wir können morgen auch wieder kommen«, schlug Erik grinsend vor. »Ein kleiner, interner Betriebsausflug, der ganz und gar der Verbrechensaufklärung dient.«
    »Guter Vorschlag.« Schnur nickte. »Wenn wir Fred Recktenwald heute nicht antreffen, könnte das sogar passieren.«
    Er suchte sich eine andere Stelle aus, von der er sich eine bessere Sicht auf die Ruine erhoffte. Eine Brücke fiel ihm ins Auge, die er noch nicht kannte. Und ein hölzerner Turm, der in Richtung

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