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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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nämlich über der Arbeit das Essen nicht zu vergessen«, erklärte Schnur schmunzelnd.
    »Stimmt! Kullmann war schon immer ein Genießer«, stimmte Andrea zu.
    »Dann kann es kein Fehler sein, seine Einstellung zu übernehmen«, stellte Erik entschieden fest.
    »Warum ist Kullmann nicht mit uns gefahren?«, fragte Andrea. »Ich hätte vermutet, dass er trotz Pension noch weiter fleißig mitmischt.«
    »Das tut er auch«, antwortete Schnur. »Nur an anderer Stelle.«
    »Wo?«
    »Zurzeit ist er in Frankreich und hilft dort Anke Deister.«
    »Ich habe davon gehört, dass er eine junge Kommissarin gefördert hat. Ist sie das?«
    »Ja.«
    »Dann wundert es mich nicht, dass Kullmann bei ihr ist. Ich hatte viele Jahre mit Kullmann zusammengearbeitet«, wandte Andrea ein. »Kullmann ist zwar ein sturer Hund, aber er wusste immer, was das Richtige ist.«
    »Ja. Anke wird ihn mehr brauchen als wir.«
    Als Vorspeise wurden geräucherte Forellenfilets serviert. Schon der Anblick ließ ihnen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Während sie aßen, fiel kein einziges Wort. Doch kaum waren die Teller abgeräumt, meinte Andrea: »Wäre ich vernünftig, würde ich hier mit dem Essen aufhören.«
    »Das wäre nicht vernünftig, das wäre masochistisch«, widersprach Schnur.
    Darüber musste Andrea herzhaft lachen und anmerken: »Du schaffst es doch tatsächlich, mein schlechtes Gewissen wegen der vielen Kalorien zu vertreiben.«
    Doch Erik konnte sich nicht an dem Geplänkel beteiligen. Mit nachdenklicher Miene gestand er: »Unser Gespräch über Kullmann hat mich an etwas erinnert, was ich schon lange wissen wollte, mich aber nie gewagt habe zu fragen.«
    »Schieß los«, forderte Schnur auf. »Wenn es ihm in den Ohren klingelt, weiß er, wer über ihn redet.«
    »Er war doch ein verdammt guter Ermittler, oder?«
    »War?« Schnur stutzte.
    »Zu seiner Dienstzeit meinte ich natürlich«, korrigierte Erik hastig.
    »Ja. Warum?«
    »Weil ich mich frage, warum er es bei seinen Fähigkeiten niemals bis zum Ersten Hauptkommissar geschafft hat.«
    Andrea musste über die Frage lachen, aber die Antwort überließ sie Schnur.
    »Kullmann gehört zu der Sorte Mensch, die sich für eine bessere Karriere nicht verbiegen.« Schnur schaute Erik genau an, während er das sagte. »Er hatte schon immer seine Prinzipien und da gibt es keine Kompromisse.«
    »Er ist mit seinem unerschütterlichen Gerechtigkeitssinn so manch einem auf die Füße getreten«, fügte Andrea an. »Leider auch den Herrschaften im Innenministerium, die die entscheidende Instanz dafür sind, wer vom höheren Dienst in den gehobenen Dienst befördert werden soll.«
    »Kullmann war bei keiner dieser Beförderungen dabei«, sprach nun wieder Schnur. »Sein Motto lautete: Was nützt mir ein besseres Gehalt, wenn ich mich dann nicht mehr im Spiegel anschauen kann?«
    »Klingt gut.« Erik lachte. »Der Mann wird mir immer sympathischer.«
    »Und da kann ich noch eins draufsetzen«, meinte Schnur.
    Erik horchte auf.
    »Kullmann hat sich nicht ohne Grund für dich entschieden, als wir einen Nachfolger für den Kollegen Nimmsgern gesucht haben.«
    »Ach?«
    »Wir hatten etliche Bewerbungen auf dem Tisch. Aber es war dein Lebenslauf, der Kullmann dazu veranlasste, dich auszuwählen. Du hast dich mehrmals in die Scheiße geritten, weil du deinen eigenen Standpunkt vertreten hast. Und das hat Kullmann imponiert.«
    Erik wurde rot im Gesicht.
    »Kullmann sieht in dir einen Mann, der genauso funktioniert wie er selbst.«
    »Dann kann ich nur hoffen, dass ich ihn nicht enttäuscht habe.«
    »Das hast du nicht«, erklärte Schnur. »Kullmann ist nicht der Typ, der einen mit Lob überhäuft. Aber wenn man Scheiße baut, lässt er einen das gnadenlos spüren.«
    Erik atmete tief durch.
    »Oder hat er es dich schon mal spüren lassen?«
    »Nein.«
    »Also.«
    Erik fühlte sich geschmeichelt, ja sogar bestätigt – ein Gefühl, das er schon lange nicht mehr erlebt hatte. Er spürte, wie Andrea und sein Vorgesetzter ihn beobachteten. Das war ihm peinlich, denn er befürchtete schon, dass man ihm ansah, was er dachte.
    Doch als die »Salmschnitte in Garnelensauce«, »Rumpsteak in Pfefferrahm« und »Lammrücken mit frischen Champignons« serviert wurden, waren sie alle abgelenkt.

Kapitel 41
    Der Hals tat ihr weh. Mit jeder Bewegung fühlte sich der Druck stärker an. Die Kieferknochen schmerzten. Ihre Haltung mit hinter dem Rücken gefesselten Händen war so unnatürlich, dass sie glaubte,

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