Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
Vom Netzwerk:
hörte sie Stimmen.
    Sie waren hier, um sie zu holen.
    Aber wer war hier?
    Sie konnte nichts sehen.
    Es gelang ihr, den Kopf soweit anzuheben, dass sie über den Boden blicken konnte. Dabei riss sie die Augen weit auf, um genauer sehen zu können. Männer kamen auf sie zu. Nur warum waren sie alle schwarz? Und warum waren es so viele? Und warum waren sie so furchtbar schnell?
    Der Knebel wurde aus ihrem Mund gerissen.
    Endlich!
    *
    Jürgen Schnur traute seinen Augen nicht. Vor ihm stand ein Junge mit hochrotem Gesicht und zerzausten Haaren.
    »Wer bist du?«
    »Jonas Weimer.«
    »Was tust du hier um diese Zeit?«, frage Schnur »Müsstest du nicht in der Schule sein?«
    »Nein. Wir haben frei, weil unsere Geschichtslehrerin nicht gekommen ist«, erklärte der Junge und zeigte auf einen Abhang.
    »Mathilde Graufuchs?«, hakte Schnur nach.
    »Ja, aber …«
    »Die Welt ist klein«, bemerkte Schnur dazu. »Aber warum läufst du hier durch den Wald und schreist herum?«
    »Weil Kyra den Hang abgestürzt ist.« Der Junge war den Tränen nahe.
    »Wer ist Kyra?«
    »Meine Freundin.«
    Endlich schauten die drei Beamten auf die Böschung, auf die der Junge ständig wies.
    Tatsächlich.
    Dort hielt sich ein Mädchen an einer herausragenden Baumwurzel fest. Unter ihr lag nur tiefer Abhang. Über ihr stießen die Raben ihr unheimliches Krächzen aus.
    »Meine Güte«, stöhnte Andrea. »Diese Raben sehen aber auch alles.«
    »Erik. Du kletterst da runter und hilfst dem Mädchen!«, befahl Schnur.
    »Ausgerechnet ich mit meinen neunzig Kilo Lebendgewicht«, murrte Erik. »Dann kracht die Baumwurzel mit Sicherheit.«
    »Willst du das Mädchen sich selbst überlassen?«
    Murrend legte sich Erik auf den Bauch und robbte den Hang hinunter. Schnur griff nach seinen Füßen, um ihn festzuhalten. Erik streckte seine Arme aus. Er erreichte das Mädchen. Es griff nach seiner Hand, klammerte sich verzweifelt daran fest und ließ sich ganz langsam von Erik nach oben ziehen. Erst als sie sicher auf dem Trampelpfad saß, brach sie in lautes Weinen aus.
    Schnur klopfte Erik auf die Schulter und frotzelte: »Wie gut, dass du so lang bist, Langer.«
    »Stimmt, Barbarossa«, gab Erik genauso spöttisch zurück und klopfte sich den Sand von Jeans und Hemd. »Dein roter Bart ist einfach noch nicht lang genug, um sich daran hochzuziehen.«
    »Wenn du so weitermachst, mache ich dich einen Kopf kürzer«, drohte Schnur. »Dann warst du die längste Zeit ein Langer – dann nenne ich dich Kurzer.«
    »Und ich stehle dir deinen Rasierapparat, damit jeder deinen roten Bart sehen kann.«
    Andrea belauschte amüsiert das Geplänkel zwischen den beiden.
    »Jetzt bringen wir euch beide nach Hause«, kündigte Schnur an.
    »Oh je«, stöhnte der Junge. »Von der Polizei nach Hause gefahren zu werden, sieht nicht gut aus.«
    »Wäre deine Freundin diesen Abhang hinter gestürzt, würde es noch viel schlechter aussehen.«
    Das ließ den Jungen verstummen.
    Die Kinder wohnten direkt in der Hauptstraße von Oberfelsberg. Die Polizeibeamten ließen sie aussteigen, warteten ab, bis sie in ihren Häusern verschwunden waren, und fuhren dann wieder die Serpentinen hinunter, ließen Felsberg hinter sich und erreichten das Dorf Picard.
    Am Haus von Mathilde Graufuchs fanden sie das gleiche Bild vor. Der Hund war immer noch zu hören. Die Nachbarin trat vor die Tür und konnte nichts Neues berichten.
    »Hat Frau Graufuchs Verwandte, die wir anrufen können?«, fragte Schnur.
    »Nur eine Schwester«, antwortete Frau Ganter.
    »Haben Sie zufällig die Telefonnummer der Schwester?«
    Frau Ganter erwiderte: »Ja, sie hat mir diese Nummer mal gegeben für den Notfall.«
    Schnur nickte und sagte: »Dann geben Sie sie mir bitte.«
    Die Frau eilte ins Haus und kehrte mit einem Notizzettel zurück.
    Erik wählte die Nummer und wartete lange Zeit, bis sich endlich jemand meldete. Schon nach kurzer Zeit legte er auf und berichtete: »Die Schwester behauptet, es sei kein Grund zur Sorge, wenn der Hund mal bellt. Mathilde Graufuchs habe die Angewohnheit, ihren kleinen Hund zu züchtigen, indem sie ihn für ein paar Tage ins Bad einsperrt.«
    Erstaunte Gesichter starrten Erik an.
    »Ich gebe nur wieder, was die Schwester gesagt hat.«
    »Dann haben wir ja alles geklärt«, erkannte Schnur. »Mathilde Graufuchs züchtigt ihren Hund, solange sie keine Schüler vor ihrer Nase hat, die sie züchtigen kann.«
    »Siehst du, was du mit deiner Einmischung erreicht hast?«, tauchte

Weitere Kostenlose Bücher