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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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erwiderte den Blick des Befragten und fand darin nichts Widersprüchliches. Die Miene wirkte so entspannt, der Tonfall so gleichmütig, dass ihm fast keine andere Wahl blieb, als ihm zu glauben.
    Er befand sich in einer Zwickmühle. Solange der Bericht der Gerichtsmedizin ausstand, konnte er keine gezielten Fragen stellen. Er wusste weder, wann Mathilde Graufuchs gestorben war, noch wie. Nun hatte er endlich einen Mann am Haken, der als Verdächtiger in Frage käme, und er konnte nichts tun, außer pokern. Auch der Verdacht der Schusswunde war noch nicht bestätigt. Das Team der Spurensicherung hatte weder Patrone noch Hülse auf der Teufelsburg gefunden, was nicht unbedingt aussagekräftig sein musste. Ein Revolver spuckte keine Hülsen aus. Und das Projektil könnte noch in der Leiche stecken. Verzweifelt rieb er sich über das Kinn.
    Er schaute in die Akte, die vor ihm lag und las vor: »Hier steht, dass keine Schusswaffe auf Sie eingetragen ist.«
    »Das stimmt.«
    »Trotzdem könnten Sie eine Waffe haben. Hier in Grenznähe zu Frankreich ist das kein Problem.«
    »Warum sollte ich mir eine illegal besorgen, wenn ich keine Schusswaffen mag?«
    Schnur schaute Recktenwald an und stellte fest, dass er ihm auch darin glaubte. Das verwirrte ihn. Es war nicht seine Aufgabe, an das Gute im Menschen zu glauben. Was spielte dieser Mann ihm vor? Oder waren seine Antworten so ehrlich, wie sie sich anhörten?
    »Außerdem wurde vermerkt, dass Mathilde Graufuchs mit einem Schulbus am Mittwochnachmittag zur Teufelsburg kam, um dort eine Führung mitzumachen«, las Schnur weiter aus den Akten vor.
    Recktenwald nickte.
    »Der Schulbus ist sicherlich nicht ohne die Lehrerin weggefahren.«
    »Dazu kann ich nichts sagen«, gab Recktenwald zu.
    »War nach der Schulklasse von Frau Graufuchs noch jemand auf der Burg?«
    »Ja. Eine Gruppe älterer Herrschaften, die mit einem Minivan gekommen sind.«
    »Diese Gruppe wurde also nach der Schulgruppe herumgeführt.«
    Wieder nickte Fred Recktenwald.
    »Das würde ja heißen, dass zu diesem Zeitpunkt die Schulklasse schon wieder fort war.«
    Eine Weile herrschte Schweigen. Fred Recktenwald schien ernsthaft nachzudenken, denn seine Stirn legte sich in Falten. »Komischerweise sind beide Busse gleichzeitig losgefahren.«
    »Was ist daran komisch?«
    »Dass die Schüler nicht mehr auf der Burg waren. Das wäre mir aufgefallen, weil ich ja dort meine Führung gemacht habe.«
    »Also saßen die Kinder eine lange Zeit im Bus.« Jetzt erst erkannte Schnur, was Recktenwald meinte. »Das ist wirklich seltsam. Und dann ist der Schulbus gleichzeitig mit dem Minivan losgefahren?«
    »Genauso war es.«
    Schnur machte sich Notizen. Der Busfahrer musste befragt werden. Dass er da nicht schon früher drauf gekommen war! Wer wusste schon, wofür diese neue Information wichtig sein könnte? Auch die Gruppe im Minivan musste er auftreiben und befragen.
    »Vor fünf Jahren wurde Ihnen der Führerschein wegen Alkohol am Steuer eingezogen«, sprach er weiter.
    Fred Recktenwald schaute nur teilnahmslos drein.
    »Warum haben Sie ihn nicht wieder zurückgeholt? Sie sind mehrere Mal angeschrieben worden, dass Sie ihn wieder abholen können.«
    »Ich wollte eben nicht. Wer weiß schon, ob mir so etwas nicht noch mal passiert.«
    »Heißt das, dass Sie ein Problem mit Alkohol haben?«
    »Nein. Das heißt nur, dass ich schon mal gerne Alkohol trinke. Und ohne Führerschein komme ich gar nicht erst in die Verlegenheit, mich ans Steuer zu setzen.«
    »Macht es Ihnen nichts aus, unflexibel zu sein?«
    »Nein. Ich gehe gern zu Fuß.« Recktenwald lächelte, was sein Gesicht trotz der grauen Haare jung wirken ließ. »Macht mich das verdächtig, meine Lehrer von früher ermordet zu haben?«
    Schnur schaute ihn eine Weile an. Trotz aller Anstrengungen konnte er in diesem Mann keinen grausamen Rächer erkennen. Aber, sah man den Tätern ihre Taten immer an? Fred Recktenwald war die Widersprüchlichkeit in Person: der ideale Verdächtige, weil alle Indizien auf ihn zutrafen, doch dann wieder so ein unbedarfter und sanfter Mensch, der sich auf keine Provokation einließ und auf alles eine plausible Antwort hatte, was ihm eine unerklärliche Unschuld anhaften ließ.
    »Wo waren Sie in der Nacht von Sonntag auf Montag – so gegen Mitternacht?«, fragte Schnur anstatt zu antworten.
    Fred Recktenwald antwortete ohne zu überlegen: »In meinem Bett und habe geschlafen. Warum?«
    »Weil zu dieser Zeit Bertram Andernach ermordet

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