Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
Vom Netzwerk:
frech und erschreckend selbstherrlich. Bool hatte nur die Flucht im Sinn. Sich einem Piraten in den Weg zu stellen, hieß in seiner Situation, Selbstmord zu begehen. Der Pirat kreuzte von Nordwest nach Südost. Bool erkannte seine Chance, nach Nord auszuweichen, aus der Bahn der Freibeuter hinaus, ohne dass er mit seiner teuren Fracht erkannt werden konnte.
    Er befahl dem Arzt zügig nach Norden zu steuern. Der Bug des Schiffes reagierte sofort . Die leise knatternden Tücher zogen das Gefährt voran. Als der Kapitän noch einen Augenblick überlegte, wie die Seeräuber ihr Schiff trotz des Gegenwindes in einem achtbaren südöstlichen Kurs hielten, legte sich der mit einer Freibeuterfahne geschmückte Mast des finsteren Gesellen in der leuchtenden Mondnacht plötzlich über. Das Schiff machte eine Wende. Es steuerte g e nau wieder in die Richtung des kleinen Fischerbootes.
    Für Bool und seine Gesellschaft konnte dieses Wendemanöver das tödliche Ende sein. Es war nicht mehr Zeit genug zum Ausweichen. Ein entgegengesetzter Kurs zu diesem Zeitpunkt wäre von dem Piraten als Fluchtmanöver erkannt worden. Die Gefahr hätte sich vergrößert. Noch war der Pirat weit genug entfernt. Der Fischer befahl seiner Besatzung, sich hinter die schmale, überstehende Bordwand, flach auf die Planken zu legen. Blitzschnell machte er sich an seinem Fischernetz zu schaffen. Er warf es achtern aus und befestigte die Leinen des Netzes am Boot. Was sollten sie einen armen Fischer aufhalten und ihn um seine wenigen Fische berauben? Das war nicht ihr Trachten. Das konnte sie sogar in ihrem Streben, große Beute zu machen, aufha l ten.
    Der Pirat flog wie ein Sturmwind heran. Als er nahe genug war, kam er mit einem geschickten Manöver zum Stillstand. Keine dreihundert Ellen trennten die beiden voneinander. Der Fischer spürte bohrende und schweigende Augen aus der Nacht auf sein Boot gerichtet. Der Freibe u ter, von dem im Westen stehenden Mond beleuchtet, hatte sich geschickt soweit vor sie gelegt, dass der Mann an Bord des Fischerbootes im Gegenlicht der vollen Mondscheibe keine Me n schen auf dem Segler ausmachen konnte. Der Wind frischte auf. Die „Santa Lucia“ gewann an Fahrt. In dem ausgestreckten Netz verfing sich ein kleiner Fischschwarm, der wild hin und her zappelte. In diesem Moment und wie von Geisterhand bewegt, legte sich das Piratenschiff wi e der über und hob sich ächzend mit voller Besegelung aus der Fahrtrichtung des F i schers.
    Bool atmete tief durch. Ein Schauder lief über seinen Körper. Er wusste um sein großes Glück, das ihn vor einem solchen Überfall bewahrt hatte. Erst, als der Freibeuter mit seinen letzten Segeln hinter dem Horizont verschwunden war, rief er den Arzt. Valerio schien auf diesen Moment gewartet zu haben. Er stand im selben Augenblick auf. Doch selbst in der von dem Mondlicht nur gering beschienen Nacht erkannte der Fischer, dass sich der Begleiter der Sch ö nen in einem fatal ängstlichen Zustand befand. Die Knie gaben nach und der Mann rutschte sacht auf die Decksplanken des Bootes. Bool holte das Netz ein und freute sich über seine Beute, mit der er seine Passagiere versorgen konnte.
    Der kalte Wind hatte ihn in den Stunden der Nacht frösteln lassen. Im Osten, hinter ihm, stieg fast unmerklich ein etwas hellerer Schimmer in den nächtlichen Himmel auf. Wie leckende Fi n ger verbreiteten sich die Lichtstreifen und griffen über die Rundung des Himmelsgewölbes. Die Wolken waren restlos verschwunden. Klare Punktstrahlen schoben sich über das Firmament und schienen selbst am anderen Ende der dunklen Nacht ihre leuchtende Macht nutzen zu wo l len. Dem Fischer bohrten sich, Pfeilen gleich, die feinen Sonnenstrahlen in den Rücken. Sie schenkten seinen Muskeln und seinen Gelenken eine belebende Erneuerung. Er genoss diese friedliche Einsamkeit, die es ihm erlaubte, alleine seinen Gedanken nachzuhängen. Er schätzte sein Glück und feierte seine Wiederauferstehung. Hinweg war die unruhige See, verflogen w a ren Angst und Gefahr. Das Leben stellte sich wie von selbst als übermächtiges Überleben dar. Er lächelte der aufgehenden Sonne entgegen. Bald würde er das schöne Gesicht der wunde r vollen Frau zu sehen bekommen. Er erstaunte über sich selbst, dass er gerade jetzt, in diesem Auge n blick der himmlischen Freude, an diesen Gast dachte.
     
    Die nächsten Tage auf See vergingen ruhig, aber trostlos für die Menschen. Während der F i scher dem kleinen Jungen unterhaltsame

Weitere Kostenlose Bücher