Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
Vom Netzwerk:
wollte. Er musste mit all seinen An t worten vorsichtig sein. Wenn man es schaffte, ihn in Widersprüche zu verwickeln, würden sie ihm Häresie vorwerfen. Ein schwerstes Vergehen in der Zeit des ketzerischen Lutherismus. Datini bemühte sich, der Lehre entsprechend zu antworten.
    "Wie lehrt es die Kirche?"
    Der Schmied überlegte nur einen Augenblick. Er hatte seine eigenen Gedanken und Vorste l lungen zur Schöpfungsgeschichte.
    "So wie es die Kirche lehrt", antwortete Datini. "Gott erschuf die Welt in sechs Tagen und am siebten Tag ruhte er."
    "Wie konnte Gott die Welt mit all ihren Erscheinungen in sechs Tagen erschaffen? Ist das nicht eher nur ein Beispiel für die Erschaffung durch Gott?"
    "Herr, ich habe mir darüber auch so manche Gedanken gemacht. Ich glaube, dass sich die Welt aus einem Chaos erschaffen hat."
    "Was meint er damit?" forschte listig der Inquisitor.
    Datini erkannte zu spät, dass er in diese Falle getappt war. Er wollte sich wieder herausreden.
    "Nun, Herr, es ist schon ein Wunder, dass Gott alles in sechs Tagen erschaffen hat.
    "Vielleicht sind doch die sechs Tage nur ein Beispiel für einen längeren Zeitraum?" bohrte der Inquisitor sofort nach.
    "Das kann sein. Das glaube ich auch Herr", gab Datini willfährig zu.
    "Was glaubt er, in wie viel Tagen wurde die Welt erschaffen?"
    "Nun, wenn die Welt aus einem Chaos entstanden ist, kann es sein, dass es viel länger gedauert hat? "
    "Was hat länger gedauert?"
    "Nun, bis sich die Welt aus dem Chaos entwickelt hat. Das wird wohl eine ganze Weile geda u ert haben."
    "Wie lange kann das gedauert haben?"
    "Ich denke Herr, das wird viele, viele Jahre gedauert haben."
    "So, er glaubt also, dass die Welt nicht von Gott erschaffen wurde?"
    "Doch Herr, das glaube ich wohl. Nur anders."
    "Anders als was?"
    "Nun anders als in nur sechs Tagen."
    "Er glaubt also nicht der Heiligen Schrift?"
    "Doch Herr, ich glaube, was die Heilige Schrift sagt, vielleicht aber nur länger."
    "Also glaubt er nicht den Worten der Heiligen Schrift."
    "Herr, ich meine, dass die Heilige Schrift nur von einem Beispiel gesprochen hat. Dass dies g e wissermaßen eine Geschichte sei, die ein Beispiel erzählte."
    "Er geht also davon aus, dass die Heilige Schrift Geschichten erzählt?"
    "Nein Herr, das glaube ich nicht."
    "Ja, was glaubt er denn? Hat er über seine Ideen mit einem anderen gesprochen?"
    "Nein Herr, das habe ich nicht. Ich habe mit niemandem darüber gesprochen."
    "Das besagt, dass er etwas hat, worüber er mit niemandem gesprochen hat."
    "Das hat man immer, Herr, etwas, worüber man nicht mit anderen spricht."
    "Also hat er etwas zu verschweigen. Er leugnet die Heilige Schrift und hat das zu verschwe i gen."
    "Herr, ich verschweige nichts. Ich..."
    "Also hat er doch darüber geredet. Mit wem hat er darüber geredet?"
    Datini wusste , dass er längst ins Netz gegangen war.
    "Ich habe mit niemandem darüber geredet.“
    "Hat er nicht vor zwei Wochen mit dem Schmied Checco darüber geredet?"
    "Herr, ich habe im Scherz gesagt, als mich Checco gefragt hatte, dass ich nicht so schnell aus einem Chaos ein gutes Stück Schmiedekunst machen könne."
    "Was hat er noch dem Checco gesagt?"
    "Nichts, Herr."
    "Er hat doch dem Checco auf seine Fragen geantwortet, dass er glaube, dass die Welt auch ei n mal ein solches Chaos gewesen sei, und dass sich aus dem Chaos die geordnete Welt gebildet habe."
    "Das habe ich gesagt, weil mich der Checco danach gefragt hat. Ich meine aber damit nicht die Schöpfungsgeschichte."
    "So, was meint er denn damit? Macht er einen Unterschied? Gibt es die Schöpfungsgeschichte der Heiligen Schrift und dazu noch eine andere Schöpfungsgeschichte? Vielleicht die des Te u fels, seine eigene etwa?"
    "Nein Herr, das habe ich nicht gesagt, das habe ich auch nicht so gemeint. Es gibt nur eine Schöpfungsgeschichte."
    "Und das ist die seinige, die aus dem Chaos entstand. Seine Schöpfungsgeschichte ist die des Teufels. Er scheint wohl mit dem Teufel im Bunde zu stehen?"
    "Nein, Herr, das habe ich nicht gesagt."
    Nun war er endgültig dem Inquisitor auf den Leim gegangen. Durch die Art der Fragestellung hielt ihm der Inquisitor das Messer an den Hals. Oft genug hatte er von Verhören und Folt e rungen gehört, bei denen sich die Opfer selbst verhaspelt hatten und etwas gesagt und gesta n den hatten, was sie gar nicht gestehen wollten. Geschweige denn gestehen konnten. Die Art der Fragestellung gab dem Opfer nur die Möglichkeit, im Sinne des Inquisitors zu

Weitere Kostenlose Bücher