Galileis Freundin (German Edition)
Giorgio zu suchen. Obwohl sie wenig Interesse für politische Angelegenheiten hatte, konnte sie festste l len, dass ihre Meinung und ihr Urteilsvermögen bei manch einem Vertreter der florentinischen Häuser gefragt waren. In der Tat brillierte sie stets durch ihr Wissen, das sich von der G e schichte über die Kunst, die Architektur, den Handel, bis hin zu neuesten Ergebnissen in der Astronomie erstreckte. Vor allem aber fühlte sich die männliche Gesellschaft von ihrer übe r strahlenden Schönheit angezogen, die von einem selbstbewussten Blick gekrönt wurde. Andere Damen der Gesellschaft ve r loren stets gegen sie an Aufmerksamkeit und wirkten blass .
Unterdessen wuchsen im Hause der Medici zwei Söhne heran, die gleichermaßen Gefallen an der Tochter des Senators Curzio Picchena fanden. Der zwei Jahre jüngere Ferdinando II, der bis zu seinem siebzehnten Lebensjahr, nach dem Tode seines Vaters, Cosimo II., politisch von seiner Mutter und Großmutter vertreten wurde, übernahm langsam und allmählich die Regi e rungsgeschäfte in Florenz. An seiner Seite sprach in den ersten Jahren der zweitälteste Spross der Familie, Prinz Giovanni Carlo de Medici, drei Jahre jünger als die Gräfin, ein gewaltiges Wort mit. Als Kronprinz wurde Ferdinand zum Großherzog auserkoren. Der Zweitälteste würde bald ein hohes Kirchenamt bekleiden. An diesem Brauch hielt man fest.
Giancarlo, ein wahrer Despot, spielte sich nicht nur selbst als Berater des jungen Ferdinand auf. Der zögerliche Großherzog zeigte stumme Anzeichen von Angst gegenüber seinem herrsc h süchtigen, brutaleren Bruder. Der Prinz, der es nicht verwinden konnte, vom Schicksal nur für die zweite Rolle am großherzoglichen Hofe auserkoren zu sein, eiferte seinem liederlichen Vorbild, Großonkel Francesco I. nach, der in seinem Herrscheramt mehr der Liebe, Leide n schaft und Genusssucht gefrönt hatte als seinen Pflichten als Landesherr. Luxus, schöne Frauen und der glühende Funke des Weins hatten es Giancarlo angetan. Sein herrschsüchtiger Sinn erlaubte es ihm, sich stets die Wünsche nach diesen Gelüsten erfüllen zu können.
Knapp drei Jahre trennten ihn von Caterina. Niemals hatte er ihren arroganten Blick, ihren ni e derschmetternden Bannstrahl während ihrer Hochzeit vergessen. Niemals seitdem war es Gia n carlo gelungen, die Aufmerksamkeit der jungen Frau zu erringen. Je mehr sie sich von ihm a b wandte und ihn mit Missachtung peinigte, desto mehr entbrannte sein Herz nach der jungen Picchena. Mit dem leuchtenden Stern in der florentinischen Gesellschaft hätte sich der Prinz aus dem Hause Medici allzu gerne geschmückt. Sie sollte ihm zu Füßen liegen.
Dem Brauch der Mächtigen entsprechend war nun Giancarlo Kardinal geworden. Die Pri e sterweihe war dazu nicht erforderlich. Der Prinz segnete seine Machtbesessenheit mit ra u schenden Festen und zügellosen Frauengeschichten. Bald gingen Gerüchte um in Florenz ob seiner perversen Liebesabenteuer.
Unerwartet erhielt die Gräfin eines Tages eine Botschaft von Giorgio Salvori, mit der Bitte, sich in den Gärten des Kardinals Giancarlo de’Medici, den berühmten Orti Oricellari, zu tre f fen. Die wundervollen Gärten boten mit ihren dichten Büschen und Bäumen ein wie dafür g e schaffenes Terrain für ihre heimlichen Zusammenkünfte.
Unbemerkt verließ sie den finsteren Palast an der Piazza Trinita über den Seitenausgang zur Via delle Therme. Sie freute sich auf dieses liebevolle Wiedersehen mit Salvori. Glücklich eilte die Frau über die Wege zu dem ihr bekannten Treffpunkt in den ‘Orti Oricellari’. Unweit des Klosters Santa Anna Maria, zwischen zwei mächtigen Platanen, würde Giorgio auf sie warten. Ein dunkler Schleier verdeckte ihr Gesicht. Wenige Schritte vor den Bäumen lüftete sie den Schleier und schaute lächelnd zu ihrem geliebten Salvori.
In ihr entsetztes Gesicht fuhr eine plötzliche Kälte. Ihr Körper wurde starr. Entgeistert schaute sie auf den Mann, der sich vor ihr an eine der beiden Platanen lehnte. Giancarlo de’Medici grinste sie in einer fordernden Weise an, dass ihr die Zornesröte ins Gesicht stieg.
"Signora, ich darf den prächtigen Pagen entschuldigen. Er hat freiwillig mir Platz gemacht. Er tritt seine Rechte gewissermaßen an die Kirche ab."
Giancarlo machte mit einem zynischen Lächeln einen Schritt auf sie zu. In seinem Gesicht spielte ein triumphierendes Siegerlächeln.
"Was fällt euch ein, eure Eminenz? Was soll das, was wollt ihr hier?"
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