Gallagher-Chroniken 01 - Gallaghers Mission
sie ihn.
»Abgesehen von der offensichtlichen Tatsache, dass Sie die Handschellen tragen und nicht ich –«
» Juristisch betrachtet«, unterbrach ihn Tonya.
»Juristisch betrachtet sind Sie soeben von einem Offizier Ihrer Mannschaft des Kommandos enthoben worden«, wandte Clou ein. »Sie sind wieder Zivilistin, meine liebe Miss Delanne.«
Tonya war sprachlos. »Das … das war Meuterei!«
»Der Commander hat den Schritt formell begründet. Ihre Kompetenz, ein Schlachtschiff seiner Majestät zu befehligen, wurde anhand aktueller Ereignisse infrage gestellt. Von Meuterei war das weit entfernt«, widersprach Clou.
Die junge Frau schien sich sehr beherrschen zu müssen, um nicht zu explodieren, fand Clou. »Und warum haben Sie diese … diese ach so vorschriftsmäßige Amtsenthebung dann unterbunden, Mister Gallagher?«
»Reine Notwehr«, entgegnete Clou mit einem freudlosen Grinsen. »Wenn ich nicht zuerst geschossen hätte, wären wir beide jetzt vielleicht schon tot.« Abrupt wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem kerianischen Militärshuttle zu. »Verdammt noch mal, worauf warten die?«
»Vielleicht auf ein Lebenszeichen ihrer Kameraden?«, schlug Trigger vor.
Clou sah über die Schulter nach hinten, wo die Körper der beiden getöteten Soldaten lagen. »Ups!«
»Vielleicht hilft es, wenn ich mit denen rede«, schlug Tonya plötzlich vor.
»Das würden Sie tun?«, fragte der Söldner skeptisch.
Sie warf einen vielsagenden Blick auf die Handschellen.
»Eins nach dem anderen.« Clou reichte ihr das Mikrofon der Kommunikationskonsole. »Sobald Sandar frei ist, sind Sie es auch.«
Tonya überlegte kurz. Dann nickte sie. »Einverstanden.« Sie nahm das Mikrofon entgegen und räusperte sich, ehe sie hineinsprach. »Hier spricht Admiral Delanne. Ich befehle Ihnen, auf der Lichtung unter uns zu landen und den Gefangenen augenblicklich freizulassen. Ich komme zu Ihnen an Bord.«
Clou massierte sich nachdenklich das Kinn. »Ich frage mich, ob die –«
In diesem Moment blitzte das Mündungsfeuer eines Strahlenkarabiners im Cockpit des Shuttles auf. Doch anders als Clou, der sorgsam darauf geachtet hatte, wohin er bei seinem Überfall auf die kerianischen Soldaten feuerte, war dort drüben offenbar ein Wahnsinniger am Werk. Mehrere Energieblitze zuckten durch das Schiff und durchschlugen das Kanzelfenster, dann zerriss eine Explosion die Stille. Das Cockpit des Shuttles verschwand in einer Wolke aus Feuer und Rauch.
Clou und Tonya schlossen geblendet die Augen. Als Clou die Augen wieder öffnete, trudelte das brennende Wrack bereits der kleinen Lichtung im Urwalddickicht entgegen, wo es wenige Augenblicke später zerschellte. Der Donner einer weiteren Explosion rollte durch den Urwald.
Der Söldner schluckte hart. »Tut mir leid, Sandar«, flüsterte er. Traurig sah er dem brennenden Wrack nach. Niemand konnte dieses Inferno überlebt haben. Sandar war tot.
»Auf die Gefahr hin, taktlos zu wirken«, weckte die junge Offizierin ihn aus seinen Gedanken, »aber wir hatten eine Vereinbarung.«
»Hm?« Clou drehte sich zu ihr herum. »Der Deal lautete, Sie zu befreien, sobald Sandar freikommt. Und? Ist er frei?«
»Ist er etwa noch gefangen?«, gab Tonya schnippisch zurück.
»Sie haben nicht sonderlich dazu beigetragen, ihn zu retten, Miss Delanne!«, brauste Clou auf.
»Ich habe mein Möglichstes getan, Mister Gallagher«, rief sie.
»Oh ja, vielen Dank! Das war aber offenbar nicht genug!« Für einen kurzen Moment fragte sich Clou, ob der Soldat, der Tonya das Kommando entziehen wollte, vielleicht mit dem Vorwurf der Inkompetenz recht gehabt haben könnte. »Das, was da unten brennt, war mein Freund!«
Tonya atmete tief durch. »Ich weiß. Und drei Soldaten meiner Besatzung, für deren Leben ich verantwortlich war.«
Clou verstummte. Als ehemaliger Offizier der kerianischen Marine, der ebenfalls Verantwortung für Untergebene getragen hatte, verstand er, was in Tonya vorgehen musste. Der Tag verlief ganz gewiss nicht so, wie die hübsche junge Offizierin es sich vorgestellt hatte. Plötzlich empfand er so etwas wie Mitleid mit ihr.
»Na schön. Meinetwegen.« Er warf ihr den Schlüssel für die Handschellen zu, den er zuvor einem der überwältigten Soldaten abgenommen hatte.
*
Tonya saß nachdenklich neben Clou im Cockpit des kleinen blauen Frachters, der sich den höheren Atmosphäreschichten von Drusa entgegenschraubte. Keiner von ihnen sprach. Tonya war noch immer erschüttert; dies war
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