Gallagher-Chroniken 01 - Gallaghers Mission
mir leid, was passiert ist. Waren Sie beide eng befreundet?«
»Früher schon, ja. Ich hatte ihn seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Er war damals desertiert und hatte sich völlig zurückgezogen, lebte unter Drusaken und betäubte seinen Frust mit Alkohol. Gestern platze ich dann wieder in sein Leben, belästige ihn mit meinen Problemen, und jetzt …« Er lächelte dünn und schloss die Augen. »Jetzt hat der alte Narr seine Ruhe vor mir.«
»Ich hätte ihn gerne gekannt«, sagte Tonya leise.
Clou sah sie stirnrunzelnd an. »Warum?«
»Weil er Sie gekannt hat«, antwortete Tonya, »und zwar so, wie Sie waren, bevor man Sie zum Verbrecher abgestempelt hat. Ich hätte mich gerne mit ihm mal über Sie unterhalten.«
»Fragen Sie. Ich kann Ihnen alles über damals erzählen.«
»Das ist nicht das Gleiche.«
»Dann fragen Sie Trigger.«
Aus dem Cockpit hörte Clou ein leises »Ach du Scheiße«.
Tonya stand auf und reckte ihre steifen Schultern. »Sie mögen es nicht, wenn Leute ihnen zu nahekommen, was?«
Clou schwang seine Beine von der Liege und setzte sich auf die Bettkante. »Die meisten Leute, die es darauf anlegen, mir nahezukommen, wollen mich töten oder verhaften. Gegen beides habe ich eine gesunde Abneigung.«
Die Offizierin verzog das Gesicht. »Gegen vernünftige Antworten haben Sie offensichtlich auch eine Allergie«, bemerkte sie schnippisch, ehe sie auf dem Absatz kehrtmachte und im Cockpit verschwand.
Clou gähnte und strich sich mit den Fingern durch das zerzauste Haar. »Weiber!«
*
Als Tonya erwachte, schien helles Tageslicht durch das Bullauge der Kabine. Triggers Triebwerke waren stumm. Das Schiff musste in der Nacht irgendwo gelandet sein. Sie sprang vom Bett auf, das Clou ihr großzügigerweise überlassen hatte, und stürzte ins Cockpit. Vor dem Kanzelfenster sah sie die Docks und Hallen eines kleinen Raumhafens. Eine Doppelsonne rollte gemächlich über den Horizont und tauchte die Szenerie in ein helles, warmes Licht.
»Wo zum Teufel sind wir? Und wo steckt Gallagher?« Die Frage war eher rhetorischer Natur gewesen; umso überraschter war sie, als der Bordcomputer ihr bereitwillig Auskunft erteilte. »Das da draußen ist Pudro Casti XII«, antwortete Trigger, »und Clou ist einkaufen. Wir haben nicht genug Vorräte an Bord für zwei Personen. Guten Morgen übrigens!«
»Ja, richtig, guten Morgen.« Tonya lächelte verlegen. Ihr war der Gedanke fremd, den Bordcomputer wie einen Menschen zu behandeln. Die Bordcomputer der Militärschiffe, auf denen sie bisher geflogen war, waren völlig anders gewesen. Aber Trigger war nicht einfach irgendein Computer an Bord eines Schiffes, er war das Schiff, erinnerte sie sich.
»Er wollte Sie nicht wecken, Admiral«, fuhr Trigger fort. »Sie wirkten emotional ziemlich mitgenommen, wenn ich mir diese Beobachtung erlauben darf.«
Admiral. Ihr Dienstrang klang plötzlich so fremdartig. Es schien schon so lange her zu sein, dass sie auf der Brücke eines Schlachtkreuzers der königlichen Flotte gestanden und Befehle gegeben hatte. Sie sah an sich herab. Die rot-weiß-blaue Offiziersuniform war schmutzig und zerknautscht. Sie hatte die letzten Tage und Nächte darin verbracht und fühlte sich entsprechend elend. »Du kannst mich Tonya nennen. Meine Zeit in der Flotte dürfte fürs Erste vorbei sein.« Falls die mich jemals wieder irgendeinen Dienstrang bekleiden lassen, fügte sie in Gedanken hinzu. Sie steckte ihr Haar, das sich in der Nacht gelöst hatte, wieder hoch.
»Roger. Ich bin Trigger, aber das weißt du ja schon längst. Seriennummer 22/A/653/T-1KK. Willkommen an Bord. Die Notausgänge sind mit dem Wort Exit gekennzeichnet, und im Falle eines plötzlichen Druckverlusts –«
»Trigger …«
»War nur 'n Witz«, sagte das Schiff schnell.
»Ist er schon lange weg?«, fragte sie.
»Gut zwei Stunden«, entgegnete Trigger. »Wieso, hast du Hunger?«
Tonyas Magen knurrte vernehmlich, wie auf Kommando. »Das kannst du laut sagen. Ein ordentliches Frühstück wäre nicht verkehrt.«
Sie ging zurück in die kleine Wohn- und Schlafkabine, wo sie eine Kanne Koffeinkonzentrat kochte und ein Fertiggericht in den Mikrowellenofen stellte. Nach dem Frühstück schälte sie sich aus ihrer Uniform und stellte sich kurz unter die kochend heiße Dusche in Triggers kleiner Nasszelle. Sie trocknete sich ab und schlüpfte wieder in ihre Sachen.
»Ich hätte ihm eine Einkaufsliste machen sollen«, brummte sie, als sie fertig war. »Ich brauche
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