Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
Ihnen rüber. Vielleicht kriegen wir ja gemeinsam ein wenig Ordnung in das Chaos. Versuchen Sie mal, Rajennko zu fragen, ob er Zeit und Lust zu einer Pressekonferenz hat.«
»Das wäre schön. Bis später«, sagte Goldman und ihr Hologramm verblasste.
Eine Weile schwiegen Mors und Tonya. Es gab nun kein Zurück mehr; selbst, wenn die Idee des Finanzministers noch unausgegoren war, die Regierung musste sich nun wohl oder übel von einigen Besitztümern trennen, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit behalten wollte. Nun alles zu dementieren, würde ein schlechtes Licht auf Tonyas Ministerrunde werfen – gefundenes Fressen für die SNA, Kiergaard und wer noch alles was gegen sie hatte, dachte Tonya bitter.
»Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte Mors endlich, um die unangenehme Stille zu beenden. »Du wolltest, dass ich dir weiter beim Regieren helfe, ja?«
»Es gibt da noch einen Haken«, sagte Tonya.
»Oh-oh«, machte Mors.
»Du als Jurist kannst mir sicher eine einfache Frage beantworten«, sagte Tonya und holte tief Luft. »War es rechtlich okay, Gallagher damals laufen zu lassen?«
Mors trank schweigend seinen Kaffee aus, stellte die Tasse weg und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Ich wünschte, du hättest mich das nicht gefragt, Mädchen.«
Tonya schlug die Beine übereinander und verlagerte das Gewicht ein wenig. »Warum?«
Mors schürzte die Lippen. »Es ist in der Rechtsgeschichte gewiss nicht einmalig, dass man reuigen Verbrechern eine Amnestie gewährt. In Fällen, wo die Aussagen oder Taten eines Straftäters halfen, andere Straftäter oder deren Hintermänner dingfest zu machen, gab es in der Vergangenheit sogenannte Kronzeugenregelungen. Die Krise auf Trusko VII ist ein solcher Fall; Gallagher hat die Seiten gewechselt, um dir die Niederschlagung der Rebellion zu ermöglichen. Als Gegenleistung hast du ihm freies Geleit versprochen und die Strafverfolgung der ihm zur Last gelegten Terroranschläge hier auf Kerian eingestellt. Bis hierhin richtig?«
»Einwandfrei.«
»Das Problem ist, dass Gallaghers Taten – wenn er sie denn begangen hat, denn dafür haben wir nur das Wort des inzwischen getöteten Rebellenführers O’Reilly – ziemlich schwerwiegend waren. Der Anschlag auf ein Staatsoberhaupt und die restliche königliche Familie … Dazu kommt noch das Attentat, dem nicht nur eine Reihe damaliger Minister, Wirtschaftsbosse und einer Menge hoher Beamte zum Opfer fielen, sondern auch etliche unbeteiligte Zivilisten … Sehr schwierig.«
»Was heißt das, rechtlich gesehen?«, hakte Tonya nach.
Mors seufzte. »Unter normalen Umständen erfüllen diese Attentate den Tatbestand des Terrorismus. Terroristen können grundsätzlich begnadigt werden, zumal Gallaghers Überlaufen uns in diesem speziellen Fall ermöglichte, den Drahtzieher auszuschalten und Schlimmeres zu verhindern. Das Problem besteht darin, dass Kerian sich zu diesem Zeitpunkt offiziell im Kriegszustand befand; Trusko VII war von anderen Nationen bereits anerkannt worden und so handelt es sich nun um ein völkerrechtliches Problem. Wir reden also von Kriegsverbrechen, insbesondere was das Massaker an den Zivilisten angeht. Schon mal vom Drobarianischen Vertrag aus dem Jahre 2483 gehört?«
Tonyas Gesicht verfinsterte sich. »Alle Unterzeichnerstaaten haben sich verpflichtet, mutmaßliche Kriegsverbrecher vor ein internationales Tribunal zu stellen, um deren Schuld oder Unschuld festzustellen. Ich weiß.«
Mors faltete die Hände über seinem Bauch. »Wenn du ernsthaft beabsichtigst, in die Politik zu gehen, wird Gallagher deine Achillesferse sein, Mädchen. Du kannst nicht für dich beanspruchen, Recht und Ordnung zu vertreten, solange dieser Makel an dir haftet.«
Tonya schwieg betroffen.
Es geht nicht.
Sie hatte Gallagher immerhin ihr Wort gegeben …
»Andererseits, wenn du es schaffst, Gallagher aufzuspüren und vor Gericht zu stellen, hast du mit einem Schlag alle Kritiker zum Schweigen gebracht. Der Liberalen Front wird dein entschlossenes Vorgehen zum Wohle des Volkes imponieren, die Monarchisten können ihre Rachefantasien ausleben und die SNA wird endlich einmal den Hut vor dir ziehen müssen«, brummte Mors.
»Ich kann nicht«, Tonya ließ den Kopf hängen, »ich habe es ihm versprochen, Rath.«
»Dann nehmen dich die SNA-Geier bei der nächstbesten Gelegenheit auseinander, Mädchen«, sagte Mors mit gespielter Gleichgültigkeit, »und nach der Wahl gibt es eine große Koalition zwischen Gonzales und
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