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Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg

Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg

Titel: Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Hiltrop
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überrascht auf. Er war seit Jahren nicht mehr mit seinem alten Spitznamen aus seiner Studienzeit angesprochen worden, schon gar nicht in der Öffentlichkeit.
    Das Royal Café war der Ort, an dem er am wenigsten damit gerechnet hätte. Es war mit Abstand das teuerste und exklusivste Restaurant von Kerian, was nicht zuletzt an der ausgesuchten Lage und dem damit verbundenen hohen Mietpreis verbunden war, welchen der Inhaber monatlich zu zahlen hatte. Das Royal Café lag nämlich auf einem unlängst privatisierten Gelände innerhalb des ehemaligen königlichen Palastes. Diplomaten, Großindustrielle und Künstler gingen hier ein und aus – man war schließlich unter sich. Es war nicht leicht, eingelassen zu werden, und es war noch schwieriger, eine Tischreservierung zu ergattern, denn das Royal Café war stets auf Monate im Voraus ausgebucht.
    Es sei denn, man hieß Raymon Alejandro Cartier, dachte Gonzales kopfschüttelnd. Er stand auf, um seinen alten Freund aus den Tagen an der kerianischen Marineakademie zu begrüßen.
    »Ray«, sagte er und schüttelte Cartiers Hand, »du siehst großartig aus!«
    »Danke. Du aber auch, Speedy«, sagte Cartier und nahm Gonzales gegenüber auf einem bequemen Stuhl Platz.
    »Wünschen Sie einen Aperitif, Mister Cartier?«, fragte der Kellner, der Cartier an den Tisch eskortiert hatte.
    Cartier warf einen prüfenden Blick auf das kunstvoll geschliffene Kristallglas mit dem bernsteinfarbenen Likör, welches unangetastet vor Gonzales stand. »Ja. Ein Bier. Schön kühl und nicht von Symirus.«
    Der Kellner hielt nur mit Mühe sein Gesicht unter Kontrolle. »Sehr wohl.«
    »Wie hast du das nur geschafft, einen Tisch zu bekommen?«, fragte Gonzales ungläubig, nachdem der Kellner gegangen war. »Ich dachte, das geht nicht ohne monatelanges Warten. Ich selbst stehe seit letzter Woche auf der Warteliste und da hieß es, es wird erst gegen Ende des Jahres was frei.«
    »Es gibt immer Möglichkeiten«, sagte Cartier und zog eine Zigarre aus der Innentasche seines dunkelgrünen Anzugs. »Ich habe von unterwegs aus angerufen und einen Tisch bestellt, dann habe ich dir Bescheid gegeben, mich hier zu treffen, und hier sind wir. Wie gefällt es dem Verteidiger der freien Bürger denn hier in der königlichen Höhle des Löwen?«
    Daher weht der Wind,
dachte Gonzales und lächelte süßlich. »Willst du mich etwa provozieren?«
    »Es war einen Versuch wert«, sagte Cartier mit einem breiten Grinsen und nahm dankend sein Bier von dem herbeigeeilten Kellner entgegen.
    »Na schön«, sagte Gonzales und legte für einen Moment die Stirn in Falten. »
Dekadenz ist eine Seuche, die eines Tages jede Zivilisation befällt. Die einen erkranken früher, die anderen später. Die wenigsten sind immun.
Altes symirusisches Sprichwort. Zufrieden?«
    »Nicht ganz. Zum Wohl«, sagte Cartier, prostete Gonzales mit seinem Glas zu und trank gierig einen großen Schluck. »Bist du immun, Speedy?«
    »Du meinst, wie kann ich über die Rechte der Bürger und die Diktatur des Proletariats und solche Sachen predigen und gleichzeitig in einem astronomisch teuren Restaurant mit einem Großindustriellen zu Abend essen?« Gonzales zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Du verwechselst mich mit einer ausgestorbenen Spezies, Ray. Ich bin kein Kommunist. Ich bin für die Demokratie und die schließt nicht aus, dass es einigen besser geht als anderen. Ist vielleicht nicht immer fair, aber so ist das nun mal. Müssen wir den ganzen Abend über Politik reden?«
    »Keineswegs. Und ich bin kein Großindustrieller, Speedy«, Cartier hob mahnend den Zeigefinger, »nur ein kleiner Raumschiffbastler mit einer Hinterhofgarage, der es zu bescheidenem Wohlstand gebracht hat.«
    Gonzales verkniff sich eine Antwort und blätterte stattdessen interessiert in der Speisekarte, die ihnen ihr Kellner überreichte.
    »Die Muscheln sind sehr zu empfehlen, Gentlemen«, beeilte er sich zu sagen, »heute Nachmittag frisch von Hokata eingetroffen.«
    »Ich auch«, entgegnete Cartier und lachte trocken. »Da hätte ich die Muscheln auch zu Hause essen können. Bringen Sie mir erst noch mal ein Bier, wir suchen noch aus. Diesmal aber ein großes, klar?«
    »Sehr wohl, Mister Cartier«, sagte der Kellner indigniert und machte auf dem Absatz kehrt.
    »Bist du häufig hier?«, fragte Gonzales, der den Wortwechsel ungläubig verfolgt hatte.
    »Nö. Ist das erste Mal heute. Wieso?« Cartier leerte sein Glas in einem Zug und tupfte sich den Schaum mit

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