Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
vertieften.
Lloyd runzelte die Stirn. »Ihr seid echt komische Roboter.«
Die Sheriffs drehten sich wieder zu ihm um, eine Spur ruckartiger als zuvor. Dann sahen sie einander schweigend an, und wenn ihre Körpersprache für irgendetwas interpretiert werden konnte, dann war es komplette Verwirrung.
Derek legte sein Werkzeug beiseite, stand auf und kam zu Lloyds Zelle herüber. Er blieb an einer Stelle stehen, die der Gefangene selbst mit ausgestreckten Armen nicht mehr hätte erreichen können.
»Bürger Lloyd, warum glauben Sie in der Lage zu sein, beurteilen zu können, wie sich Roboter zu verhalten haben und wie nicht?«
Lloyd stutzte. Die Frage war an sich seltsam genug; noch seltsamer war die Tatsache, dass er sie nicht beantworten konnte. Es war ihm lediglich seltsam vorgekommen, dass die Roboter, die sich sonst stets so korrekt verhielten und gewählt ausdrückten, Menschen im verächtlichen Tonfall als Organiks bezeichneten. Vielleicht hatte sich der Erbauer der Roboter beim Programmieren einen kleinen Scherz erlaubt.
»Hm«, machte er nachdenklich.
Dack trat von hinten zu seinem Kollegen. Sein Arm saß wieder fest im Gelenk. Eine kleine Klappe am Oberarm, an einer Stelle, wo bei einem Menschen der Bizeps verlaufen wäre, stand noch offen und zeigte ein Chaos von bunten Drähten, von denen einige heraushingen, aber abgesehen davon sah er aus wie neu.
»Bürger Lloyd, woher kennen Sie die Schwachstellen in der Konstruktion eines Roboters meiner Baureihe?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden. Ich dachte bloß …« Lloyd verstummte mitten im Satz. Sein Kopf pochte heftiger als je zuvor und eine Woge der Übelkeit überkam ihn. Stolpernd fiel er auf seine hölzerne Pritsche zurück.
»Was dachten Sie, Bürger Lloyd?« Dack kalkulierte alle infrage kommenden Möglichkeiten, dass Lloyd Zugang zu den Blaupausen der M3000er-Baureihe gehabt haben könnte. Gab es andere Roboter seiner Art auf diesem Planeten, von denen Lloyd Kenntnis hatte und er nicht? Oder hatte der jetzige Fischer Denham Lloyd vor Jahren zu den Außenseitern gehört, die Daniel deaktiviert hatten, und hatte Lloyd bei dieser Gelegenheit etwas über die Konstruktion der Roboter gelernt? Oder …
Er ließ die Abfrage noch einmal laufen, ehe er der dritten Möglichkeit auch nur den Hauch einer Wahrscheinlichkeit einräumen konnte.
»Sheriff Dack! Sheriff Derek!«
Die beiden Roboter wandten sich um. Im Nachbarraum, der eigentlichen Polizeiwache, rief jemand nach ihnen. Die Stimmauswertung deutete auf Marge Luang hin, die Frau des Sägewerksbesitzers und Ratsherrn.
»Warten Sie hier«, sagte Dack zu Lloyd, »wir sind gleich wieder da.«
*
Derek stand im Nieselregen. Seine großen, rautenförmigen Füße waren beinahe bis zum Knöchel in der aufgeweichten, schlammigen Erde zwischen Luangs Haus und dem Sägewerk versunken.
»Das kann ich noch nicht mit Gewissheit sagen, Bürgerin Luang«, beantwortete er die Frage der zitternden, alten Frau, die neben ihm stand und mit verweinten Augen das verdorrte Etwas anstarrte, das einmal ihr Mann gewesen war. Als sie ihn – oder was von ihm übrig war – am frühen Morgen gefunden hatte, war sie wie von Sinnen den ganzen Weg in die Stadt gelaufen, um die Sheriffs zu alarmieren. Erst jetzt hatte sie der Schock eingeholt.
Dack war bei Lloyd geblieben, um für die Bürger von Bulsara erreichbar zu sein; Derek hatte sich allein auf den Weg zum Kyalach-See gemacht.
Die Leiche von Paulus Luang lag auf dem Rücken, das Gesicht war zu einer schrecklichen Grimasse verzerrt und der Körper sah aus, als sei er von einem Blitz getroffen worden.
»Blitzschlag ist eine mögliche Todesursache«, sagte er langsam. Er erinnerte sich daran, vor vielen Jahren einmal selbst vom Blitz getroffen worden zu sein. Daniel hatte damals einen Monat gebraucht, um ihn zu reparieren. Organisches Gewebe verkraftete einen solchen Energiestoß offenbar noch schlechter.
»Er sprach von Dieben, die nachts die Vorratskammer des Sägewerks plünderten«, schluchzte Marge Luang. »Glauben Sie, ein Mensch könnte ihm so etwas angetan haben?«
Derek versuchte, sich selbst die Frage zu beantworten, was Luang bei dem Gewitter der letzten Nacht überhaupt draußen auf dem Hof hatte machen wollen. Er sah nachdenklich zum Sägewerk hinüber.
Im aufgeweichten Boden sah er viele frische Fußspuren.
»Waren Sie heute Morgen schon im Sägewerk, Bürgerin Luang?«
Die alte Frau schüttelte den Kopf.
»Ich auch nicht«, sagte Derek
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