Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
offene Rebellion gewaltsam niederschlagen würde, sollte der Gouverneur offen die truskonischen Separatisten unterstützen.
In diesen schwierigen Zeiten war es kaum verwunderlich, dass Gerüchte wie Krebsgeschwüre wucherten und die Arbeit eines Reporters erschwerten. Sicher, sie konnte natürlich eine Auflistung aller ihr zu Ohren gekommenen Verschwörungstheorien in ihren Bericht einbauen, um ihn ein wenig zu strecken, aber welchen Informationsgehalt hatte das schon? Sie wusste genau, was Rajennko dazu sagen würde, deshalb verschwendete sie gar nicht erst ihre Zeit damit.
Obwohl …
Es waren schon ein paar originelle Geschichten dabei gewesen. Von den wilden Gerüchten gefiel ihr das mit dem Söldner am besten. Wie hieß er doch gleich …
April blätterte in ihren Notizen.
»Clou Gallagher«, las sie laut vor, »berühmter Soldat, kommt ursprünglich von Trusko VII. Einziger Sohn des früheren Gouverneurs Nathan Gallagher. Derzeitiger Aufenthaltsort unbekannt.«
Natürlich. Sie strich sich durch ihre langen blonden Haare und massierte ihren Nacken. Namhafte Personen, die tot oder verschollen waren, wurden oft hinter vorgehaltener Hand von treuen Fans für wiederauferstanden erklärt. Ganze Religionen waren schon aus solchem Klatsch entstanden. In diesem Fall besagte das Gerücht, Gallagher würde im Stillen daran arbeiten, eine Armee zu versammeln, um seinen Heimatplaneten in die Freiheit zu führen und den Platz seines Vaters an der Spitze des Verwaltungsrats einzunehmen.
Nigel Faulckner würde die Geschichte lieben, dachte sie belustigt.
»Quatsch!«, murmelte sie und riss die Seite mit den Aufzeichnungen über Clou Gallagher aus ihrem Notizblock.
Jetzt war es so weit: Sie war abgelenkt, sie hatte wieder an Faulckner gedacht und konnte sich nicht mehr auf ihre Arbeit konzentrieren.
April stand auf und zog ihre Lederjacke an. Vielleicht würden ein Drink und ein Schaufensterbummel ihr helfen.
*
»Das glaube ich nicht«, murmelte der Mann, der neben ihr an der Theke saß. »Er kommt nicht zurück.«
»Ich habe nicht behauptet, er würde zurückkommen«, sagte April schnell, »ich habe nur gesagt, ich hätte gehört, er würde zurückkommen wollen.«
Die Kneipe lag in der Nähe des Raumhafens und war um diese Uhrzeit gut besucht. Nachdem April eine Weile im Zentrum von Amyam herumspaziert war, hatte sie sich für diesen Ort entschieden, um in Ruhe ein Bier zu trinken und noch ein paar Erkundigungen einzuholen.
Der Typ, der sich neben sie gesetzt hatte, hielt sie offenbar für eine leichte Beute für die Nacht.
Leider hatte er das Pech, nicht ihr Typ zu sein. Er war fast doppelt so alt wie sie, hatte sich seit Tagen nicht rasiert und vermutlich auch nicht gewaschen und schien schon zum Inventar der Kneipe zu gehören. Vorgestellt hatte er sich als Buck.
Buck redete viel und meistens in eindeutig zweideutigen Bemerkungen. Irgendwie waren sie beide nach einer Weile auf die truskonische Gerüchteküche zu sprechen gekommen. Buck schien dem Gerede um Clou Gallagher keinen Glauben zu schenken.
»Nee«, er leerte sein Glas und winkte dem Barkeeper zu, »vergiss Gallagher, Schätzchen.«
Schätzchen?
April hob fragend die Augenbrauen.
Buck missdeutete ihre Miene für Interesse an seiner eigenen Geschichte. »Gallagher wurde abgeschossen. Schon vor vielen Jahren. Sein Schiff wurde damals völlig vernichtet. Keine Überlebenden, Schätzchen.«
»Ach wirklich.« Das war wirklich eine Sache für Faulckner, dachte sie. Sie sollte Nigel mal mit Buck in ein Zimmer stecken und abschließen. Mal sehen, auf welches Märchen die beiden zusammen kommen würden.
Mit zunehmendem Alkoholkonsum schien Buck nüchterner zu werden. Jedenfalls sprach er allmählich in zusammenhängenden Sätzen, fand April.
»Gallagher hatte sich ein Weingut gekauft«, sagte er ernst und April musste sich sehr zusammenreißen, um nicht laut aufzulachen.
»Ein Weingut«, wiederholte sie.
»Auf Canus, ja. Aber er hatte keine glückliche Hand damit, wie ich hörte. Also zog er mit seinem Schiff, seiner Frau und seiner Tochter wieder los, um anderswo ein neues Leben anzufangen.«
»Interessant.« Sie unterdrückte ein Gähnen.
»Allerdings war noch ein Preis auf seinen Kopf ausgesetzt zu der Zeit«, fuhr Buck fort, »und Raven Thors hat Gallagher einkassiert.«
»Raven Thors«, wiederholte sie tonlos. Der Name sagte ihr nichts. Vermutlich irgendeine lokale Berühmtheit. »Kann ich den kennenlernen?«
»Raven Thors?« Buck lachte
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