Gallaghers Tochter (German Edition)
Charlene mit erstickter Stimme.
»Nicht. Gut. Nnill. Geschlagen. Blut. Polizei. Böse!«
Charlene verschränkte die Arme vor der Brust und atmete tief durch, um ihre flatternden Nerven wieder unter Kontrolle zu bekommen. Sie konnte nichts für Nnill tun, zumindest nicht im Moment. Sie hatte weder Waffen noch Geld, und sie war allein. Wenn die Sunflower beschlagnahmt worden war, hatte sie keine Möglichkeit, den Planeten wieder zu verlassen. Ohne das Schiff war sie aufgeschmissen. Mehr noch, sie war in Gefahr, da sie damit rechnen musste, dass Nnill bei einem Verhör – oder unter Folter – auspacken würde. Dann würde er nicht nur von der kleinen Gruppe Revolutionäre erzählen, welche sie gelegentlich mit Lieferungen eines einflussreichen Gönners auf Primwelt S unterstützten, sondern er würde den Behörden auch ihren Namen nennen. Vielleicht sogar ihren richtigen Namen …
Sie spürte förmlich, wie der Boden unter ihren Füßen heiß wurde. Sie musste fort von hier, aber sie hatte kein Geld. Und sie kannte auf diesem verdammten Planeten nur einen Menschen, der sie von hier wegbringen konnte, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
»Komm mit, Lisnoa«, sagte sie zerknirscht.
Kapitel 4: Kosmopolitiker
»Kenne deinen Feind.« Als Katachara, der Generaldirektor der Galaktischen Allianz, sein uraltes Credo halblaut vor sich hin sagte, legte sich ein zufriedenes Grinsen über seine insektoiden Gesichtszüge. Er saß allein in seinem abgedunkelten Büro, der Schaltzentrale seiner Macht, eine glimmende Pfeife zwischen den Zähnen, die Füße auf der Schreibtischkante. Das mächtigste Wesen im bekannten Universum. Er gähnte verhalten und sog gierig den aromatischen Duft des glimmenden Tabaks ein.
Kenne deinen Feind. Schon als junger Mann im Geheimdienst von Drobaria hatte er diesen simplen Lehrsatz zu seiner persönlichen Maxime gemacht. Jahrzehntelang hatte er für die Drobarianer als Undercover-Agent die benachbarten Planeten ausspioniert: Kerian, Bulsara, Hokata, Oea, Tlozzhaf, Daneb, Tarsia, Symirus – er kannte sie alle wie seine Westentasche. Er kannte die Leute dort, vom Regierungschef bis zum Straßenkehrer, er kannte die Sitten und Gebräuche und die Geheimnisse, die jeder Planet barg.
Später dann, nach dem Ende seiner Laufbahn im drobarianischen Geheimdienst, hatte er eine zweite Karriere bei der Stellar News Agency begonnen. Die Nachrichtenagentur hatte ihm seinerzeit ein verlockendes Angebot gemacht, und als Katachara eine Chance sah, sein umfangreiches intimes Wissen über die verschiedenen raumfahrenden Zivilisationen gewinnbringend in ein neues Aufgabengebiet zu übertragen, hatte er seinen Vertrag unterschrieben. Eigentlich, so hatte er bald erkannt, war die Arbeit eines Journalisten nicht so viel anders als die eines Geheimagenten; der wesentliche Unterschied lag in der Zielgruppe. Während die Berichte, die ein Agent über seine Beobachtungen verfasste, normalerweise nur einer Handvoll Empfänger zugänglich gemacht wurden, waren die Recherchen eines Journalisten dafür bestimmt, ein Milliardenpublikum zu informieren.
Katachara war es gelungen, einen Mittelweg zu finden. Seine Interpretation des investigativen Journalismus hatte einen neuen Ansatz; seitdem er einen Stab von Mitarbeitern nach seinen Geheimdienstmethoden ausgebildet hatte, geriet die Stellar News Agency zeitweilig sogar in den Ruf, über die Krisen und Kriege zu berichten, welche sie durch ihre neue Art der Berichterstattung überhaupt erst ausgelöst hatte. Der Drobarianer lächelte bei dem Gedanken, dass er durch geschickte Manipulation der öffentlichen Meinung Straßenkehrer zu Regierungschefs gemacht hatte – und umgekehrt.
Schließlich hatte es Katachara bis an die Spitze der Stellar News Agency gebracht. Doch selbst das war dem selbstbewussten Drobarianer noch zu wenig gewesen. Er hatte bereits bewiesen, dass es für einen Medienkonzern ein Leichtes war, durch pointierte Berichterstattung und subtile Beeinflussung des Volkes eine Regierung zu destabilisieren. Aber nichts daran war wirklich neu. In Katachara brannte jedoch die unbeantwortete Frage, ob ein Medienkonzern auch die Regierungsgeschäfte einer gestürzten Regierung komplett übernehmen konnte und falls ja, ob es der Konzern besser machen könnte als Politiker.
Es war eine Art sportlicher Ehrgeiz, der ihn antrieb, es herauszufinden. Als Zielobjekt für das zu statuierende Exempel hatte er sich das wohlhabende
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