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Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Titel: Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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wäre), «ich habe dir einen Schlafsack besorgt, nicht mit Daunenfüllung wie meiner, und er ist natürlich viel schwerer, aber wenn du dich warm anziehst und wenn wir ein schönes großes Feuer machen, wirst du dich da oben wohlfühlen.»
    «Warm anziehen ist in Ordnung, aber warum ein großes Feuer? Es ist erst Oktober.»
    «Stimmt, aber da oben ist es im Oktober schon unter null, Ray», sagte er betrübt.
    «Nachts?»
    «Ja, nachts, und am Tage ist es richtig warm und angenehm. Du musst wissen, wenn der alte John Muir die Berge hochkletterte, auf die wir wollen, hatte er nie etwas anderes bei sich als seinen alten Militärmantel und eine Papiertüte mit getrocknetem Brot, und er schlief in seinem Mantel und weichte das alte Brot in Wasser ein, wenn er was essen wollte, und so trieb er sich monatelang herum, ehe er wieder in die Stadt zurücktrampte.»
    «Du meine Güte, muss der zäh gewesen sein!»
    «Doch nun zum Thema Essen! Ich bin zur Market Street runtergegangen und habe uns im Kaufhaus ‹Chrystal Palace› etwas gekauft, was ich besonders gern esse, nämlich Bulgur. Das stammt aus Bulgarien und ist eine Art von trockenen, rohen Crackers aus Weizen. Ich werde Schinkenstücke dareintun, kleine viereckige Happen, und das gibt ein prima Essen für uns alle drei, Morley und uns beide. Und ich nehme Tee mit. Unter den kalten Sternen da oben hat man immer Appetit auf eine gute Tasse heißen Tee. Und ich nehme richtigen Schokoladenpudding mit, nicht das künstliche Zeug, was jetzt modern ist, sondern guten Schokoladenpudding, den bringe ich überm Feuer zum Kochen und rühre und lasse ihn dann im Schnee eiskalt werden.»
    «Mann o Mann!»
    «So mache ich dir, habe ich gedacht, statt Reis, den ich sonst immer mitnehme, diesmal eine nette Delikatesse zurecht, R-a-a-y, und in den Bulgur werfe ich auch alle möglichen getrockneten und kleingewürfelten Gemüsestückchen, die ich im Ski-Laden gekauft habe. Daraus wird unser Frühstück und Abendbrot bestehen, und als Kraftfutter sollte uns dieser Beutel mit Erdnüssen und Rosinen und noch ein Beutel mit getrockneten Aprikosen und getrockneten Pflaumen für den Rest des Tages schon auf den Beinen halten.» Und er zeigte mir den winzigen Beutel, in dem all diese wichtigen Nahrungsmittel für drei erwachsene Männer, die vierundzwanzig Stunden oder mehr in höchsten Höhen herumklettern wollten, verstaut waren. «Das Wichtigste, wenn man auf die Berge steigt, ist, den Ballast so niedrig wie möglich zu halten.»
    «Aber du lieber Gott, in dem kleinen Beutel ist doch viel zu wenig zu essen!»
    «Du wirst dich wundern, im Wasser dehnt es sich aus.»
    «Nehmen wir Wein mit?»
    «Nein, der ist da oben fehl am Platz, und wenn du erst mal ganz oben und müde bist, steht dir der Sinn nicht nach Alkohol.» Ich glaubte das nicht, sagte aber nichts. Wir luden meine Sachen auf das Fahrrad und gingen über das Universitätsgelände zu seiner Wohnung und schoben dabei das Fahrrad am Bürgersteig entlang. Es war eine kühle, klare Dämmerung wie in Tausendundeiner Nacht, und der Uhrenturm der Universität von Kalifornien war ein sauberer schwarzer Schatten vor einem Hintergrund von Zypressen und Eukalyptus und allen möglichen Bäumen, und irgendwo erklangen Glocken, und die Luft war frisch. «Da oben wird es kalt sein», sagte Japhy, aber er fühlte sich an dem Abend wohl und lachte, als ich ihn nach dem nächsten Donnerstag mit Princess fragte. «Weißt du, wir haben nach jenem letzten Abend noch zweimal Yabyum gespielt. Sie kommt zu jeder Tages- und Nachtzeit in meine Bude, und Neinsagen gilt bei ihr nicht. So befriedige ich die Bodhisattva.» Und Japhy hatte Lust, über alles zu reden, über seine Kindheit in Oregon. «Weißt du, meine Mutter und mein Vater und meine Schwester führten ein ganz einfaches Leben da in der Blockhausfarm, und an kalten Wintermorgen zogen wir uns alle vor dem Feuer aus und an. Wir mussten das tun, deshalb mache ich nicht so ein Theater beim Ausziehen wie du, ich meine, ich schäme mich nicht oder so was.»
    «Was hast du denn in deiner Collegezeit getrieben?»
    «Im Sommer war ich immer Feuerwächter für die Regierung und habe nach Waldbränden Ausschau gehalten – das solltest du nächsten Sommer auch tun, Smith –, und im Winter bin ich viel Ski gelaufen und humpelte dann stolz auf Krücken über den Universitätshof. Ich bin auf ein paar ganz schöne hohe Berge geklettert, einmal sehr langwierig mit Anseilen den Rainier hoch, fast bis zur Spitze,

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