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Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Titel: Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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und wie sich hinter uns ein immer weiteres Bergpanorama eröffnete. Unser schöner Rastplatz am Ende des Bergpfades sah aus wie eine kleine Lichtung im Ardenner Wald. Dann wurde der Aufstieg steiler, die Sonne wurde röter, und bald sah ich im Schatten einiger Felsen die ersten Schneeflocken. Wir stiegen weiter hinauf und näherten uns dem Felsvorsprung, der düster und bedrohlich aufragte. Da sah ich, wie Japhy seinen Rucksack abwarf, und ich tänzelte bis zu ihm hinauf.
    «Also hier wollen wir unser Gepäck lassen und dann an der Seite, wo es nicht so steil ist, die letzten paar hundert Fuß den Felsen hochklettern und den Lagerplatz suchen. Ich weiß noch genau, wo es ist. Eigentlich kannst du hier sitzen bleiben und dich ausruhen oder dir einen runterholen, während ich da oben die Lage sondiere. Ich strolche gern auf eigene Faust ein bisschen herum.»
    Okay. Also setzte ich mich hin, zog mir trockene Strümpfe an und zog mein durchgeschwitztes, klitschnasses Unterhemd aus und streifte ein trockenes über und schlug die Beine übereinander und ruhte mich aus und flötete etwa eine halbe Stunde vor mich hin, eine sehr angenehme Beschäftigung, und dann kam Japhy wieder und sagte, er hätte das Lager gefunden. Ich hatte gedacht, bis zu unserem Ruheplatz wäre es nur ein Katzensprung, aber es dauerte fast nochmal eine Stunde, bis wir die steilen Felsen hochgesprungen waren und nach einigem Hin- und Herklettern die Höhe des Felsplateaus erreichten. Und hier mussten wir etwa zweihundert Meter mehr oder weniger über dürres Gras gehen, bis wir den riesigen grauen Felsen erreichten, der eine Gruppe von Fichten überragte. Ja, und hier war die Welt eine ganz prächtige Sache – Schnee auf dem Boden, weiße Flecken, die im Gras zusammenschmolzen, gurgelnde Gebirgsbäche und die gewaltigen, schweigenden Gebirgsmassen zu beiden Seiten und das Wehen des Windes und der Geruch von Heide. Wir durchwateten einen bezaubernden kleinen Bach, flach wie unsere Hand, reines, diamantklares Wasser, und erreichten den großen Felsen. Hier fanden wir alte verkohlte Holzreste von Bergsteigern, die vor uns an der Stelle gelagert hatten.
    «Und wo ist nun das Matterhorn?»
    «Du kannst es von hier aus nicht sehen, aber» – und er zeigte nach oben, wo eine weitere langgestreckte Hochebene lag und eine Geröllhalde rechter Hand abbog – «noch um diese Drehung herum und dann noch ungefähr drei Kilometer weiter, und dann sind wir am Fuß des Berges.»
    «Wow, au Backe, da brauchen wir ja nochmal einen ganzen Tag!»
    «Nicht, wenn du mit mir zusammen unterwegs bist, Smith.»
    «Also wenn du meinst, Ryder-ee, soll es mir recht sein.»
    «Okay Smith-ee, und was hältst du davon, wenn wir es jetzt gut sein lassen, das Leben genießen, uns was zu essen kochen und auf den guten alten Morley warten?»
    Also packten wir unsere Rucksäcke aus, bereiteten alles für das Abendessen vor, rauchten und fühlten uns unheimlich wohl. Nun begannen die Berge sich rosa zu färben, ich will sagen, die Felsen blieben ganz einfach Felsen, solide und unverrückbar, bedeckt mit den Atomen von Staub, die sich da seit zeitlosen Ewigkeiten angesammelt hatten. Wirklich, diese gezackten Ungeheuer, die uns umgaben und überragten, jagten mir Furcht ein.
    «Sie sind so still», sagte ich.
    «Na klar, Mann. Ein Berg ist für mich ein Buddha, weißt du. Denk an die Geduld, Hunderttausende von Jahren nur so dazusitzen und völlig, völlig still zu sein und so auszusehen wie jemand, der in dieser Stille für alle lebenden Wesen betet und nur darauf wartet, dass wir mit all unserm Hasten und Jagen mal Schluss machen.» Japhy holte den Tee raus, chinesischen Tee, und streute etwas davon in den Topf aus Zinn und sorgte inzwischen dafür, dass das Feuer in Gang blieb. Zuerst war es nur klein. Die Sonne war noch nicht ganz untergegangen. Er klemmte einen langen Ast zwischen ein paar große Steine und hängte den Teetopf daran, und es dauerte nicht lange, da kochte das Wasser, und er goss es in den Zinntopf. Der Dampf stieg auf, und wir tranken Tee aus unseren Zinntassen. Ich hatte das Wasser selbst aus dem Bach geholt, der kühl und rein war wie Schnee und wie die Augen des Himmels mit ihren kristallenen Lidern. Daher war dieser Tee der bei weitem reinste und erquickendste, den ich in meinem ganzen Leben getrunken hatte. Er war so, dass du immer mehr davon trinken wolltest. Er löschte deinen Durst vollkommen und schwamm natürlich heiß in deinem Bauch herum.
    «Nun

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