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Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Titel: Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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wo der arme Morley zurückwanderte.
    «Kannst du Morley da unten noch sehen?»
    Japhy hielt lange Ausschau. «Ich sehe eine kleine Staubwolke. Vielleicht ist er das und kommt schon wieder zurück.» Doch mir kam es so vor, als ob ich das alles schon einmal gesehen hätte, den Pfad im Glanz des uralten Nachmittags, die Gebirgswiesen und Lupinenbündel, und da war plötzlich auch wieder der reißende Fluss, der die Brücken aus Baumstämmen bespritzte und dessen Wasser von unten her grün schimmerte. Da befiel mich eine ganz eigentümliche Wehmut, als ob ich schon einmal gelebt hätte und diesen Pfad entlanggegangen wäre unter ähnlichen Umständen, einen Bodhisattva an meiner Seite, doch vielleicht auf einer wichtigeren Reise. Am liebsten hätte ich mich neben dem Pfad hingelegt und mich an alles zu erinnern versucht. Der Wald ist schuld daran, wenn dir so zumute ist. Er sieht immer vertraut aus wie etwas längst Verlorenes, wie das Gesicht eines vor langer Zeit gestorbenen Verwandten, wie ein alter Traum, wie der Fetzen eines vergessenen Liedes, der über das Wasser treibt, und vor allem wie die goldenen Ewigkeiten einer vergangenen Kindheit und vergangener Mannesjahre und wie alles Leben und alles Sterben und aller Herzenskummer seit Millionen von Jahren, und mir war so, als ob die Wolken, die über unserem Kopf dahinschweben und selbst Vertraute der Einsamkeit sind, diese Gefühle bestätigten. Sogar Verzückung fühlte ich – und plötzlich das Aufblitzen einer Erinnerung, und ich fühlte Schweiß und Müdigkeit, und am liebsten wäre ich eingeschlafen und hätte im Gras geträumt. Als wir höher kamen, wurden wir müder, und wie zwei echte Bergsteiger sprachen wir nun überhaupt nicht mehr und brauchten nicht mehr zu sprechen und waren glücklich. Das äußerte Japhy dann auch, als er sich nach einem halbstündigen Schweigen umdrehte. «So habe ich es gern; wenn du wirklich in Fahrt kommst, brauchst du nichts zu sagen, so als ob wir Tiere wären und uns einfach nur durch wortlose Gedankenübertragung verständigten.» So in unsere eigenen Gedanken versunken, trotteten wir weiter, Japhy in dem Zuckeltrab, von dem ich schon gesprochen habe, und auch ich fand meinen eigenen Tritt. In kurzen Schritten ging ich langsam und geduldig den Berg hinauf, eine Meile in der Stunde, sodass ich immer dreißig Meter hinter ihm war, und wenn uns ein Haiku einfiel, riefen wir es laut nach vorn und hinten in die Gegend. Recht bald erreichten wir den oberen Teil des Pfades, der nun kein Pfad mehr war, die sagenhaft verträumte Wiese mit einem wunderschönen Teich in der Mitte, und danach kamen nur noch Felsblöcke, nichts als Felsblöcke.
    «Das Einzige, wonach wir uns von jetzt ab richten können, sind die Markierungen.»
    «Was für Markierungen?»
    «Siehst du die Felsblöcke da drüben?»
    «Ob ich die Felsblöcke da drüben sehe? Mann Gottes, ich sehe acht Kilometer Felsblöcke, den ganzen Berg hoch.»
    «Siehst du den kleinen Steinhaufen auf dem nächsten Felsblock da neben der Fichte? Das ist eine Markierung, die andere Bergsteiger errichtet haben. Vielleicht war ich es sogar selbst im Jahre fünfundfünfzig. Ich weiß es nicht mehr genau. Von jetzt ab gehen wir einfach von Fels zu Fels, achten ganz genau auf die Markierungen; dann beißen wir uns schon irgendwie durch. Obgleich wir natürlich wissen, wohin wir wollen. Da oben hinter dem großen Felsvorsprung liegt unser Plateau.»
    «Plateau? Mein Gott, willst du damit sagen, dass das noch nicht der Gipfel des Berges ist?»
    «Natürlich nicht. Danach kommen wir auf eine Hochebene, dann Schutt und Geröll und dann wieder Felsen, und danach kommen wir an einen letzten Bergsee, nicht größer als dieser Teich, und dann kommt der letzte Aufstieg. Junge, Junge, über dreihundert Meter fast schnurgerade hinauf bis zum Gipfel der Welt, wo du ganz Kalifornien sehen kannst und Teile von Nevada, und der Wind pfeift dir so richtig durch die Hosen.»
    «Oje – wie lange dauert das alles?»
    «Also, das Einzige, womit wir heute Abend sicher rechnen können, ist, dass wir unser Lager auf dem Plateau aufschlagen werden. Ich nenne es ein Plateau, das ist es eigentlich gar nicht, es ist mehr ein kleiner Felsabsatz zwischen hohen Bergwänden.»
    Doch da, wo wir gerade standen, am oberen Ende des Pfades, war es so schön, dass ich sagte: «Junge, sieh dir das an …» Eine verträumte Wiese, an einem Ende Fichten, der Teich, die klare, frische Luft, die Nachmittagswolken, die sich

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