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Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Titel: Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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hatte alles nach Eis und Schnee und herzlosem Gratgestein gerochen. Hier gab es den Duft von sonnengewärmtem Holz, sonnigem Staub, der im Mondlicht lag, Seeschlamm, Blumen, Stroh, all den guten Dingen dieser Erde. Es machte Spaß, den Pfad hinabzukommen, und doch war ich auf einmal müde wie noch nie, müder als in dem endlosen Tal der Felsblöcke, aber man konnte das Häuschen am See unten sehen, eine liebe, kleine, leuchtende Lampe, und darum war es egal. Morley und Japhy redeten alles Mögliche vor sich hin, und wir brauchten uns nur auf den Wagen zurollen zu lassen. Und plötzlich, wie in einem glücklichen Traum, so plötzlich, wie man von einem endlosen Albtraum aufwacht, und es ist alles vorbei, schritten wir über die Straße, und da waren Häuser, und da parkten Autos unter Bäumen, und Morleys Wagen stand da.
    «Achtet doch mal darauf, wie sich die Luft hier anfühlt», sagte Morley, der sich an den Wagen lehnte, als wir unser Gepäck zu Boden ließen, «danach kann es die ganze letzte Nacht nicht gefroren haben; ich bin zurückgegangen und hab das Kühlwasser umsonst ablaufen lassen.»
    «Na, vielleicht hat es doch gefroren.»
    Morley ging rüber zum Häuschen und holte Motoröl im Laden, und die Leute sagten ihm, es hätte überhaupt nicht gefroren, sondern sei eine der wärmsten Nächte des Jahres gewesen.
    «Der ganze irrsinnige Umstand umsonst», sagte ich. Aber es war uns egal. Wir kamen fast um vor Hunger. Ich sagte: «Lasst uns nach Bridgeport fahren und da in so einen Lunchladen gehen, Mensch, und Hamburger und Kartoffeln essen und heißen Kaffee trinken.» Wir fuhren im Mondschein den Sandweg am See entlang, hielten bei dem Gasthaus, wo Morley die Decken zurückgab, und fuhren weiter in die kleine Stadt und parkten an der Landstraße. Armer Japhy, hier entdeckte ich schließlich seine Achillesferse. Dieser kleine, zähe Bursche, der vor nichts Angst hatte und wochenlang allein in den Bergen umherziehen und Berge runterrennen konnte, hatte Angst, in ein Restaurant zu gehen, weil die Leute drinnen zu gut angezogen waren. Morley und ich lachten und sagten: «Was macht das? Wir gehen einfach rein und essen was.» Aber Japhy meinte, das Lokal, das ich ausgesucht hatte, sehe zu gutbürgerlich aus, und bestand darauf, in ein Restaurant auf der anderen Straßenseite zu gehen, das mehr nach Arbeitern aussah. Wir gingen rein, und es war ein verschlampter Laden mit faulen Kellnerinnen, die uns fünf Minuten dasitzen ließen, ohne auch nur die Speisekarte zu bringen. Ich wurde wütend und sagte: «Lasst uns zu dem anderen Lokal gehen. Wovor hast du Angst, Japhy, was kann denn schon passieren? Du weißt vielleicht über Berge Bescheid, aber ich weiß Bescheid, wo man essen geht.» Wir wurden richtig ein bisschen sauer aufeinander, und das tat mir leid. Aber er kam mit zum anderen Lokal, das bessere Restaurant von den beiden, mit einer Bar auf einer Seite, vielen Jägern, die in der trüben Cocktailbarbeleuchtung tranken, und das Restaurant selbst ein langer Tresen und eine Menge Tische, an denen lauter fröhliche Familien aßen, was sie auf der umfangreichen Speisekarte ausgesucht hatten. Die Auswahl war riesig und gut: Bergforelle und alles so was. Japhy, merkte ich, hatte außerdem noch Angst davor, für ein gutes Essen zehn Cents mehr auszugeben. Ich ging an die Bar und bestellte ein Glas Portwein und brachte es zu unseren Hockern am Tresen (Japhy: «Weißt du genau, dass du dir das auch leisten kannst?»), und ich verkohlte Japhy ein bisschen. Er fühlte sich jetzt wohler. «Mein lieber Japhy, du bist und bleibst nun mal ein alter Anarchist, der Angst vor der Gesellschaft hat. Das ist alles, was dir fehlt. Aber was soll das Ganze; Vergleiche sind widerlich.»
    «Na ja, Smith, es sah mir nur so aus, als ob dies Lokal voll von alten, reichen Säcken wäre, und alles viel zu teuer. Ich gebe es zu, ich hab Angst vor diesem ganzen amerikanischen Wohlstand, ich bin bloß ein alter Bhikku, und ich hab mit diesem ganzen hohen Lebensstandard nichts zu tun, verdammt nochmal, ich bin mein ganzes Leben lang arm gewesen, und ich kann mich an manche Dinge nicht gewöhnen.»
    «Deine Schwächen sind bewunderungswürdig. Ich kaufe sie dir ab.» Und wir leisteten uns ein großartig gewaltiges Essen, das aus gebackenen Kartoffeln und Schweinekoteletts und Salat und heißen Berlinern und Blaubeerkuchen und allen Schikanen bestand. Wir hatten ehrlichen Hunger, da gibt es nichts zu lachen. Nach dem Essen gingen wir in einen

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