Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)
großen Ohren sehen von Stühlen aus zu; sag ihm: ‹Du bist hässlich kleiner Junge und hast große Ohren› er würde weinen und leiden und es wäre nicht einmal wahr; der andere mit dünnem Gesicht bewusst konzentriert geflickte Bluejeans und zertretene Schuhe, der mich beobachtet; zartes, leidendes Kind, das mit der Pubertät hart und gierig wird; Ray und ich mit Flaschen Rotwein in uns regnerischer Maitag keine gebrauchte Levis in dieser Stadt, unsere Größe, und alte Friseurschule Skidrow Haareschneiden Friseur nicht mehr jung doch Karrieren beginnen jetzt und blühen.»
«Siehst du», sagte ich, «du hättest nicht mal das Gedicht geschrieben, wenn dich der Wein nicht in Stimmung gebracht hätte!»
«Ach was, ich hätte es auch so geschrieben. Du trinkst einfach andauernd zu viel, ich weiß nicht, wie du überhaupt die Erleuchtung erlangen und es fertigbringen willst, draußen in den Bergen zu bleiben; du wirst immer wieder runtersteigen und Wirtschaftsgeld für Wein ausgeben, und das Ende wird schließlich sein, dass du im Regen auf der Straße liegst, stockbesoffen, und dann bringen sie dich weg, und du wirst als abstinenter Barkeeper wiedergeboren werden müssen, um für dein Karma zu büßen.» Er war richtig traurig darüber und machte sich Sorgen um mich, aber ich trank einfach weiter.
Als wir zu Alvahs Hütte kamen und es Zeit war, zur Vorlesung ins Buddhisten-Zentrum aufzubrechen, sagte ich: «Ich bleib hier sitzen und besaufe mich und warte auf dich.»
«Okay», sagte Japhy und sah mich finster an. «Du musst wissen, was du tust.»
Er war zwei Stunden weg. Ich war traurig und trank zu viel, und mir wurde schwindelig. Aber ich war entschlossen, nicht umzukippen und durchzuhalten, um Japhy zu beweisen, dass er unrecht hatte. Plötzlich, in der Dämmerung, kam er in die Hütte gelaufen, besoffen wie hundert Mann, und rief: «Weißt du, was los war, Smith? Ich ging zur buddhistischen Vorlesung, und alle tranken weißen rohen Sake aus Teetassen, und alle besoffen sich. All diese verrückten japanischen Heiligen! Du hattest recht! Man soll nicht so kleinlich sein. Wir besoffen uns alle und diskutierten über Prajna! Es war das Größte!» Danach hatten Japhy und ich nie wieder Streit.
28. Kapitel
Die Nacht der großen Party kam. Ich konnte praktisch die ganzen Vorbereitungen hören, die unten eifrig im Gang waren, und ich war deprimiert. «O mein Gott, der ganze Gesellschaftskram ist bloß ein großes Lächeln, und ein großes Lächeln ist nichts als Zähne blecken, ich wünschte, ich könnte einfach hier oben bleiben und ruhen und freundlich sein.» Aber jemand brachte Wein hoch, und das brachte mich in Schwung.
In jener Nacht floss der Wein wie ein Strom den Hügel hinab. Sean hatte für ein ungeheures Lagerfeuer im Hof eine Menge großer Klötze zusammengelegt. Es war eine sternklare Nacht, warm und angenehm, im Mai. Alle kamen. Die Party teilte sich bald wieder in drei Gruppen auf. Ich verbrachte die meiste Zeit im Wohnzimmer, wo wir Platten von Cal Tjader auf dem Hi-Fi hatten, und eine Menge Mädchen tanzten, während Bud und ich und Sean und manchmal Alvah und sein neuer Kamerad George auf umgedrehten Konservendosen Bongotrommeln spielten.
Draußen im Hof ging es ruhiger zu, das Feuer glühte, und viele Leute saßen auf den langen Baumstämmen, die Sean rund um das Feuer gerollt hatte, und auf der Planke waren Fressalien ausgebreitet, die für einen König und seine hungrige Gefolgschaft gereicht hätten. Hier, am Feuer, abseits von der Raserei des bongotrommelnden Wohnzimmers, dozierte Cacoethes und diskutierte mit der einheimischen Intelligenz über Dichtung, etwa in folgendem Tonfall: «Marshall Dashiell ist zu sehr damit beschäftigt, seinen Bart zu pflegen und mit seinem Mercedes Benz in Chevy Chase von einer Cocktailparty zur anderen zu fahren, O. O. Dowler wird in Limousinen auf Long Island herumgereicht und verbringt den Sommer damit, auf dem Markusplatz Entzückensschreie auszustoßen, und Tough Shit Short, leider Gottes, hat es mit Erfolg zum piekfeinen Gecken mit Melone und Weste gebracht, und was Manuel Drubbing angeht, so wirft er bloß noch fleißig Münzen hoch, um rauszufinden, wen er in seinen Kritiken verreißen und wen er leben lassen soll, und über Omar Tott habe ich nichts zu sagen. Albert Law Livingston ist eifrig dabei, seine Romane zu signieren und Sarah Vaughan Weihnachtskarten zu schicken; Ariadne Jones wird von der Ford-Gesellschaft belästigt; Leontine McGhee
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