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Ganz die Deine

Ganz die Deine

Titel: Ganz die Deine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Piñeiro
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in der Hektik hab ich doch glatt vergessen, sie auszuziehen«, murmelte ich, streifte sie ab und legte sie in meine Handtasche. Der Kellner drehte sich um und ging den Kaffee holen.
    Kurz darauf kam die große Schwarzhaarige mit einem Mann aus dem Haus, offensichtlich der Portier. Aufgeregt redete sie auf ihn ein. Der Mann schüttelte ebenso aufgeregt den Kopf. Er begleitete sie zum Taxi, machte die Wagentür für sie auf. Sie übergab ihm eine Visitenkarte, stieg ein, und das Taxi fuhr davon.
    Als der Kellner mit dem Kaffee erschien, war ich im Begriff aufzustehen und zu gehen. Das ärgerte ihn. Er war ein ziemlich ungehobelter Typ, und sein Aussehen machte diesen Eindruck nicht besser: Sein graues Haar war so lang, dass er es zum Pferdeschwanz hätte binden können, dazu hatte er einen pechschwarzen Schnurrbart – grauenhaft. Dann stieß er auch noch aus Versehen mit dem Fuß gegen den Tisch, und der halbe Inhalt des Zuckerstreuers rieselte mir über die Beine. Ich warf ein paar Münzen auf den Tisch und ging, ohne den Kaffee getrunken zu haben.
    Es war ein schöner, sonniger Vormittag. Ohne Eile wanderte ich in Gedanken versunken die Avenida Rivadavia hinunter. Dabei fielen immer wieder Zuckerkörnchen aus den Falten meines Seidenrocks, und das lenkte mich ab. Um ungestört nachdenken zu können, klopfte ich den Rock gründlich ab und kehrte anschließend zu meinen Überlegungen zurück. Wenn mich nicht alles täuschte, war da noch jemand mit im Spiel. Und falls die andere Person sich Sorgen machte, weil »was auch immer« verschwunden war, würde sie Schritte unternehmen, die die meinen unweigerlich beeinflussen würden. Auch wenn ich ihr um ein paar Stunden voraus war, ich konnte mir keinen Fehltritt mehr erlauben. Die Sache wurde immer komplizierter, dafür aber auch unterhaltsamer.
    Ich betrat einen Friseursalon und ließ mir erst einmal die Beine enthaaren. Wie sagte Mama immer: »Raus auf die Straße nur frisch enthaart und mit sauberem Rock!« Da gebe ich ihr wirklich recht. Im Leben muss man auf alles vorbereitet sein, sicher ist überhaupt nichts.
    Und man weiß nie, wer oder was einem plötzlich über den Weg läuft.

11
    »Und, was machst du?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Also das mit dem Ausweis ist so eine Sache … «
    »Wieso Ausweis?«
    »Haben sie dir nicht gesagt, dass sie es bei Minderjährigen nicht machen?«
    »Na und, dann dürften sie uns auch kein Bier verkaufen und uns nicht in die Disko reinlassen … «
    »Lali, hier geht es nicht um Bier verkaufen … «
    »Wieso? Tausend Pesos sind ganz schön viel Kohle. Dafür kriegt man fünfhundert Bier.«
    »Fünfhundert?«
    »Wenn ich das Geld dabeihabe, machen die es auch, Skrupel kennen die sowieso nicht.«
    » … «
    »Ich habe einen Termin, am Zwanzigsten.«
    »Puh, das wird ganz schön hart … «
    »Tja … «
    » … «
    » … «
    »Und deinen Eltern sagst du also nichts?«
    »Nein, ich spinn doch nicht.«
    » … «
    »Mein Vater ist zurzeit ganz schön komisch drauf, ich glaube, irgendwie ahnt der was.«
    »Echt?«
    »Gestern Nacht ist er zu mir ins Zimmer gekommen. Ich hab so getan, als schlafe ich.«
    »Und?«
    »Er hat geweint.«
    »Geweint?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er … «
    »Vielleicht hat er uns belauscht.«
    »Aber dann hätte er doch was zu dir gesagt … «
    »Ich weiß nicht.«
    » … «
    » … «
    »Nein, das kann nicht sein. Hör mal, Lali, wenn dein Vater wüsste, was los ist, würde er niemals bei den Elternabenden einen solchen Quatsch von sich geben.«
    »Stimmt.«
    » … «
    »Aber ich mache mir trotzdem Sorgen um ihn. Er sieht echt schlecht aus, und vielleicht liegt es doch an mir, keine Ahnung.«
    »Bild dir da bloß nichts ein, wenn du mich fragst, hat dein Vater keinen blassen Schimmer.«
    » … «
    » … «
    »Ich hab die Jacke gekauft.«
    »Welche?«
    »Die Steppjacke, die andere war viel zu dünn, da hätte ich total gefroren.«
    »Ja, ich nehme auch eine Steppjacke mit. Glaubst du, eine Jacke reicht?«
    »Ich nehme für abends noch die Lederjacke mit.«
    »Stimmt, schließlich will man ja auch nicht den ganzen Tag in denselben Sachen rumlaufen.«
    » … «
    »Und, kaufst du dir jetzt die Stiefel?«
    »Mein Vater hat mir das Geld dafür gegeben, aber ich werde es behalten. Ich muss schließlich die tausend Pesos zusammenbekommen.«
    »Ach so … «
    » … «
    » … «
    » … «
    »Also zwei- oder dreihundert könnte ich dir leihen.«
    »Okay.«
    »Lässt du dir von

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