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Ganz, nah!

Titel: Ganz, nah! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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empfunden? «
    »Ich stand ihm bei weitem nicht so feindselig gegenüber wie Angelo. «
    »Weil Sie vernünftiger waren? «
    »Nein. Nein, in den Anfängen hatte Bills Onkel ab und zu auch meine Haut gerettet, denn als meine Eltern noch lebten, waren sie mit Bills Eltern befreundet. Bills Onkel hatte immer noch sentimentale Erinnerungen an die Zeit, als Bill und ich im gleichen Laufställchen saßen, wenn die beiden Familien miteinander aßen. «
    Leigh stützte das Kinn in die Hand und erklärte: »Es gab gute Gründe, warum Sie so waren und diese Dinge getan haben. « »Tatsächlich? «, erwiderte Michael fasziniert. »Was denn für Gründe? «
    »Naja, Sie haben früh Ihre Eltern verloren und kamen aus einer unterprivilegierten Gegend. Armut, schlechte Schulen, schlechte Gesellschaft, Sie... «
    »Leigh... «, unterbrach er sie.
    »Ja? «
    »Ich war ein Krimineller. Ich war ein Krimineller, weil ich es sein wollte. «
    »Ja, aber der Punkt ist doch, was Sie zu dieser Entscheidung gebracht hat. «
    »Ich habe mich dafür entschieden, weil ich bestimmte Dinge haben wollte, aber nicht auf die konventionelle Art, sondern auf meine Weise. «
    »Erzählen Sie weiter. «
    »Kurz nachdem ich beinahe erstochen worden wäre, beschloss ich, meine Ausflüge mit Angelos Gang auf ein Mindestmaß zu beschränken. Ich kümmerte mich wieder mehr um die Schule und entdeckte, dass die blöden Lehrer gar nicht so Unrecht hatten, wenn sie behaupteten, dass man ohne Ausbildung nie ans große Geld kommen würde. «
    »Ja, aber warum haben Sie dann immer noch illegale Dinge mit Angelos Gang gemacht? Warum haben Sie denn nicht einfach damit aufgehört und sich... « Leigh suchte nach dem richtigen Ausdruck.
    »Und mich auf den Pfad der Tugend begeben? «, schlug Michael vor.
    »Ja, genau. «
    Er blickte sie mit gespieltem Entsetzen an. »Ich hatte einen Ruf zu verlieren! Aber an einem Juniabend, als ich bereits siebzehn war, war sowieso alles vorbei. «
    »Wieso? «
    Er griff nach der Flasche Scotch, die auf einem Tablett stand, und schenkte sich ein wenig in ein Glas ein. Dann nahm er einen tiefen Schluck, als müsse er das, was er erzählen wolle, wegspülen. »Bill hat damals mit Drogen gedealt, und er nahm auch selber welche, und an jenem Abend war mein Vetter Angelo genauso high wie er. Sie stritten sich, und Bill brachte ihn um. «
    »Mein Gott. «
    »Die Polizei kam zu meiner Tante, um es ihr mitzuteilen, und sie drehte vor Kummer fast durch. «
    »Was haben Sie getan? «
    »Ich habe mich auf die Suche nach Bill gemacht und ihn nach einer Stunde auch gefunden, immer noch high. Er hatte sich seine Hände nicht gewaschen, und als er sie mir entgegenstreckte, sah ich, dass sie mit Angelos Blut bedeckt waren. «
    »Und? «, flüsterte sie.
    Schulterzuckend trank Michael einen weiteren Schluck Whiskey. »Und da habe ich ihn umgebracht. «
    Fassungslos blickte Leigh ihn an. Michael stellte sein leeres Glas ab, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete auf ihre Reaktion. Oder vielleicht war es ihm auch egal, was sie sagte, dachte Leigh. Er wirkte auf einmal gar nicht mehr wie der leidenschaftliche, kultivierte Mann, den sie in der letzten Zeit in ihm gesehen hatte, sondern er erinnerte sie eher an den abweisenden, feindseligen jungen Mann, der kaum jemals das Wort an sie gerichtet hatte. Und doch musste er sich auch schon damals für sie interessiert haben, da er heute immer noch wusste, dass sie Birnen und Shrimpspizza liebte.
    Leigh betrachtete ihn forschend, und plötzlich kam ihr ein Gedanke. Zögernd fragte sie: »Hatten Sie denn die Absicht, ihn zu töten? «
    Statt zu antworten, stellte er ihr eine Gegenfrage, aber sein Gesicht wirkte auf einmal nicht mehr so hart. »Warum hatte ich nicht die Absicht haben sollen? «
    »Sie sagten, er war Ihr bester Freund. Sie haben zusammen im Laufställchen gesessen. Sie haben gesagt, Angelo und Bill hätten beide unter Drogen gestanden. Es klang nicht so. als ob Sie Angelo für unschuldig gehalten hätten. «
    »Sie haben Recht«, erwiderte er mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen. »Ich hatte nicht vor, ihn umzubringen. Aber ich wollte auch nicht freundlich mit ihm umgehen. Wenn ich ihm die Waffe hätte abnehmen können, hätte ich ihn wahrscheinlich halb totgeprügelt. «
    »Es ist Ihnen nicht gelungen. «
    »Nein, aber ich hätte es schaffen müssen. Ich war viel größer und stärker als er, aber er war high, und ich war blind vor Wut. Er schwenkte die Pistole in meine Richtung,

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