Ganz, nah!

Leigh auf dem Sofa nieder.
    Jason nahm stimrunzelnd zur Kenntnis, dass sie Leigh mit dem Vornamen ansprach, und erwiderte schulmeisterlich: »Miss Kendall ist eine sehr gute Schauspielerin, aber um am Broadway mit einem Stück Erfolg zu haben, braucht es mehr als nur eine gute Schauspielerin. «
    Statt ihm zu antworten, schnipste Courtney mit den Fingern und sprang auf. »Ich habe vergessen, O’Hara zu sagen, dass ich kein Eis in meiner Coke will. «
    Als sie weg war, beugte Jason sich vor. »Kennst du das Ehepaar, bei dem sie hier wohnt? «
    »Nein. «
    »Nun, du solltest sie warnen. Ich kenne auch ein reiches Ehepaar, das eine arme Schülerin eine Zeit lang bei sich aufgenommen hat. Das Mädchen hat ihren Sohn verführt, als er an Weihnachten nach Hause kam, und ist schwanger geworden. Es hat sie ein Vermögen gekostet, sie loszuwerden, weil sie den Jungen unbedingt heiraten wollte! Mädchen wie Courtney haben gesellschaftliche Ambitionen. Sie besuchen Kurse mit Stipendien und versuchen, sich in dieser Zeit in wohlhabende Familien einzuschleichen... « Er brach ab, weil Courtney mit ihrer Coke in der Hand zurückkam.
    Leigh hätte ihn gerne zurechtgewiesen, aber dann fand sie, er solle doch denken, was er wollte. Lächelnd wandte sie sich an Courtney. »Weißt du schon, wie die Aufgabe für deinen Journalismuskurs lautet? «
    Courtney nickte. »Wir müssen die berühmteste oder einflussreichste Person interviewen, zu der wir Zugang bekommen, und je schwieriger es normalerweise ist, an diese Person heranzukommen, desto höher wird es bewertet. Natürlich zählt auch die Qualität des Interviews und die Qualität unserer Fragen. Es wird nur ein einziges A vergeben. Bis jetzt habe ich die besten Noten in der Klasse, aber der Abstand zu den anderen ist nicht groß, deshalb stehe ich ziemlich unter Druck. «
    »Hast du schon eine Idee, wen du interviewen willst? «
    Courtney lächelte Leigh schuldbewusst an. »Zuerst habe ich an Sie gedacht, aber dann hätten Sie mir wirklich Geheimnisse anvertrauen müssen, Dinge, die noch keiner von  Ihnen erfahren hat, und das wollte ich Ihnen nicht zumuten. «
    »Danke«, erwiderte Leigh mit einem erleichterten Seufzer. »An wen hast du sonst noch gedacht? «
    »Ich weiß noch nicht. Camille Bingley will Erzbischof Lindley interviewen - er ist ein Freund von ihrem Dad. Sie glaubt, sie kann ihm eine Stellungnahme zu den momentanen Problemen in der katholischen Kirche entlocken. Brent Genners Vater ist ein Freund von Senator Kennedy, und deshalb wird er wohl auch ein Interview mit ihm bekommen. « Sie trank einen Schluck. »Um Camille oder Brent zu übertreffen, müsste ich schon mit dem Papst oder dem Präsidenten reden. «
    Jason warf amüsiert ein: »Glaubst du, das brächtest du fertig? «
    »Wenn ich wollte, bestimmt. Aber der Papst ist krank, und der Präsident gibt sowieso schon dauernd Interviews... «
    »Und selbst wenn nicht, dürfte es dir schwer fallen, an ihn heranzukommen«, erwiderte Jason herablassend.
    Courtney warf ihm einen verwunderten Blick zu. »Ich würde ihn ja nicht selber anrufen, sondern Noah darum bitten. «
    »Und wer ist Noah? «, fragte Jason spöttisch.
    »Noah ist mein Bruder. «
    »Ich verstehe. Dein Bruder. Und Noah hat also eine Direktleitung zum Papst und zum Präsidenten. «
    »Beim Papst bin ich mir nicht sicher. Wir sind nicht katholisch, aber Noah hat das Grundstück gestiftet... «
    Plötzlich dämmerte es Jason, aus welcher Familie Courtney stammte. Noah Maitland war ein bekannter Milliardär aus Florida. »Dein Bruder ist Noah Maitland? «, rief er aus.
    »Ja. «
    »Der Noah Maitland? « »Es gibt bestimmt noch andere; Noah hat bis jetzt noch kein Copyright auf seinen Namen angemeldet. Aber möglicherweise hat er es ja schon versucht«, fügte sie grinsend  hinzu.
    Leigh wusste, was jetzt kam, und sie wappnete sich. Jason mochte ein brillanter Autor sein, aber er hatte gerade den Fehler gemacht, eine Sechzehnjährige, die einen überdurchschnittlichen IQ besaß und absolut keine Hemmungen hatte, das auszusprechen, was sie dachte, von oben herab zu behandeln.
    »Der Noah Maitland aus Palm Beach? «, beharrte Jason.
    »Ja. «
    Jason starrte dem Mädchen in das sommersprossige Gesicht. »Wie konnte das passieren? «
    »So wie es immer passiert: Spermie trifft auf Ei, die Befruchtung findet statt... «
    »Nein«, unterbrach Jason sie, »ich dachte, Noah Maitland ist Mitte vierzig. «
    »Das ist er auch. Noah und ich haben den gleichen Vater,