Garan - Der Ewige
Schatten waren fort. Thran übernahm die Führung und begann am Ende der Halle eine Rampe abwärtszusteigen, die so steil war, daß wir uns an einem Geländer aus Stein festhalten mußten. Einmal bückte sich Thran, hob etwas auf und zeigte es uns. Es war ein Fetzen des glitzernden Zierrats, der die Gewänder von Thrala und Ila verschönt hatte.
»Wir folgen der richtigen Fährte«, bemerkte Thran und warf den Fetzen fort.
Heimlich bückte ich mich und hob ihn wieder auf, um ihn in meiner Gürteltasche zu verbergen.
Tiefer und tiefer drangen wir in die Erde ein, und immer undurchdringlichere Dunkelheit umgab uns, eine Dunkelheit, gegen die wir ohne das Licht unserer Oax-Blenden machtlos gewesen wären. Analia wollte ihre Radiumlampe einschalten, da wir nicht wußten, was dort unten auf uns lauern mochte, aber Thran gestattete es nicht. Solange wir noch etwas sehen konnten, war es besser, unser Kommen nicht durch Lichtschein anzukündigen.
Dann bemerkte ich eine plötzliche Veränderung der Beschaffenheit der Wände. Zuvor waren sie aus glattem, glitzerndem Gestein gewesen, jetzt dagegen bestanden sie aus großen Blöcken irgendeiner grauen Substanz, die einen unangenehmen Glanz hatte – als wäre sie mit dünnem Schleim bedeckt.
Thran deutete darauf. »Wir betreten jetzt die Wege. Niemand, der einmal das Handwerk der Älteren gesehen hat, kann es verkennen.«
Immer noch führte die Rampe abwärts, und sie wurde so steil, daß wir langsamer gehen mußten, um unseren Halt nicht zu verlieren. Aber dann öffnete sich plötzlich vor uns ein breiter Tunnel, der fast geradeaus in die Dunkelheit hineinführte. Als ich diese Straße betrat, spürte ich, daß jene, die sie für ihren eigenen, vergessenen Zwecke erbaut hatten, mir und allen warmblütigen Geschöpfen völlig fremd waren, so fremd, daß ich mir nicht einmal im entferntesten ihre wahren Gestalten und Ziele vorstellen konnte. Welchen Dienst hatten diese Straßen und die anderen unterirdischen Wege geleistet? Wie und warum waren sie entstanden?
Die ersten Schritte bereits überzeugten mich, daß sie niemals für menschliche Füße gedacht gewesen war, denn die Straße besaß eine erhöhte, abgerundete Mitte, die uns das Gehen erschwerte und uns leicht abrutschen ließ. Es blieb uns nichts anderes übrig, als langsam und vorsichtig vorwärtszuschlurfen, wollten wir ein Ausgleiten vermeiden.
Ich kann nicht sagen, wie viele Meilen und wie viele Stunden wir diesem geraden Weg ohne Abzweigungen folgten. Aber dreimal hielten wir an, um von unseren Vorräten zu essen und zu schlafen. Es war nichts zu sehen und zu hören, nichts um uns als Dunkelheit.
Bei unserer dritten Rast holte Thran seine Karte hervor, und Analia ließ das Licht ihrer Radium-Lichtzelle darauffallen, so daß er uns den Weg zeigen konnte, den wir gekommen waren, und das, was noch vor uns lag.
»Hier ist eine scharfe Biegung nach rechts, und das ist der Weg, den wir nehmen müssen. Wir müßten die Abzweigung bald erreicht haben.«
»Dann laßt uns weitergehen«, sagte Zacat und stand auf. »Bisher haben wir in dieser Schlangengrube kaum etwas von Interesse für einen Krieger gefunden. Wo lauert die Gefahr, vor der Kem-mec floh, um seines Herrn Ohr mit wilden Geschichten zu füllen?«
»Irgendwo vor uns, mein Lord. Und ich glaube an Kem-mec und seine Geschichten. Wollen wir gehen und sie beweisen?«
Er rollte die Karte zusammen und steckte sie in seine Tasche zurück.
Mit müden Füßen machten wir uns wieder auf. Wie Thran uns auf der Karte gezeigt hatte, teilte sich unsere Straße ganz unvermittelt, und die eine Spur führte scharf nach rechts. Anatan und seine Schwester waren bereits nach rechts eingebogen, als ein Glitzern auf dem Boden der anderen Abzweigung meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Meine Finger schlossen sich um ein zweites kleines Stückchen abgerissenen Stoffs. Ich zeigte den anderen meinen Fund.
»Könnte die Karte falsch sein?« fragte ich Thran. »Dieses hier scheint es anzudeuten.«
»Es sei denn, dieses soll uns auf eine falsche Fährte locken.«
»Das ist wahr. Es gibt nur eine Möglichkeit, es festzustellen.«
»Und die wäre?«
»Wir müssen uns teilen. Jede Gruppe folgt einer Spur. Ich werde in meinen Strahler eine kleine Infrarotladung einschieben. Solange sie brennt, werde ich diesem Weg folgen. Wenn ich während dieser Zeitspanne nichts finde, das meine Wahl gerechtfertigt erscheinen läßt, werde ich umkehren und euch folgen. Ihr tut dasselbe.«
Thran
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