Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
umgewandelt wird. Klar ist dabei: »Je mehr Zucker im Blut ist, desto höher die Insulinausschüttung.«
Klar ist aber auch: Wenn die körpereigene Produktion nachlässt, steigt die Nachfrage nach dem Insulin aus den Pharmafabriken. Und auch hier gilt: Je mehr Zucker im Blut, desto mehr Insulin wird gebraucht.
Jeder Kuchen mehr macht eine Insulinportion mehr. Gesund wird der Patient dadurch zwar nicht, aber er kann weiter Süßes essen und damit seiner Aufgabe gerecht werden, die er fürs Bruttosozialprodukt hat. Es besteht dann natürlich die Gefahr, dass die Zuckerkrankheit weiter fortschreitet. Dann wird der Patient auf der einen Seite immer kränker, aber zugleich auch immer wertvoller.
Es beginnt dann zum Beispiel mit einem Kribbeln in den Beinen, einem Zeichen dafür, dass der Zucker begonnen hat, die Zellen zu zerstören. Bald folgen »neuropathische Schmerzen«, das sind »starke, häufig als messerscharf stechend oder brennend beschriebene Schmerzen«, wie es der Pharmakonzern Pfizer beschreibt, der auch dagegen ein Mittel hat, es trägt den poetischen Namen Lyrica ® , »zur umfassenden Behandlung neuropathischer Schmerzen«.
Das ist das Schöne an so einem Kongress, dass all die tollen neuen Sachen dem Publikum vorgeführt werden können. Auf einem Industriesymposion des US-Pharmagiganten Pfizer (»Viagra«) berichtet zum Beispiel der Referent über die modernen Möglichkeiten gerade bei dieser schrecklichen Neuropathie. Über die Methoden zur Diagnostik, mit dem »Neuroquick Gebläse« etwa, oder die »Konfokale Kornea-Mikroskopie«, eine »sehr elegante Methode«, etwa zur Früherkennung der Schäden im Auge. Blind kann er ja auch werden, der Diabetiker, über kurz oder lang. Und für alles gibt es Medikamente. Es gibt »Natriumkanalblocker«, es gibt Duloxetin und Pregabin. Auch opiumähnliche Substanzen, Nortriptylin und Gabapentin.
Der Arzt hat die Qual der Wahl. »Die Wahl hängt von der Komorbidität ab«, sagt der Referent. »Komorbidität«, das sind die anderen Krankheiten, also »ob einer eine Angststörung hat oder Schlafstörung oder Depression oder was am Herzen oder Leberinsuffizienz oder Niereninsuffizienz«.
So ist das: Die Zuckerkrankheit kommt selten allein. Es gibt eine Fülle von Folgeerkrankungen, die ein Diabetiker haben kann. Bei vielen müssen die Beine amputiert werden, manche erblinden. Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs: alles ebenfalls »Begleit- und Folgeerkrankungen«, wie es die Deutsche Diabetes Gesellschaft nennt. Der Diabetiker, ist er erst einmal »multimorbide«, zu Deutsch etwa »vielkrank«, ist ein ganz armer Mensch. Einerseits.
Andererseits kann ihm ja geholfen werden. Der Durchschnittspatient nimmt 11 bis 16 Pillen am Tag, sagt der Referent beim Industriesymposium. Dazu kommen noch Pflaster, Inhalationsequipment, Spritzen, mache alles zusammen in der »Spitzengruppe« 27 Posten. Insgesamt europaweit 54 Millionen Verschreibungen, allein in einem einzigen Quartal, und Diabetes immer ganz vorn mit dabei. Das soll erst mal eine andere Krankheit nachmachen.
Da wird der Multimorbide schnell zu einem beachtlichen Wirtschaftsfaktor. Man könnte auch sagen: zu einer Goldgrube für die beteiligten Branchen. So hatte schon die Neue Zürcher Zeitung festgestellt, die das Krankheitsgeschehen auf gut Schweizerisch vor allem geldmäßig betrachtet: »Während die vielen Milliarden Euro an Behandlungskosten, die das Gesamtbudget der Krankenkassen weiter in die Höhe treiben, immens sind, ist für die Pharmaindustrie der heimtückische, massenhaft auftretende Diabetes ein äußerst lukrativer Markt, der fette Zuwachsraten verspricht. Hier sind die Profite auf das eingesetzte Kapital höher als in jeder anderen Industrie. Insbesondere neue Insulin-Präparate bringen große Gewinne.«
Es hat nur einen Nachteil: Insulin verschärft die Probleme. Insulin kann zum Beispiel dick machen. Manche nennen es ein »Masthilfsmittel«. Und das bei Diabetikern, die häufig ohnehin schon dick sind. Insulin kann auch den Blutdruck erhöhen, die Cholesterinwerte verschlechtern, das Risiko fürs Herz erhöhen. Und: Die Insulinbehandlung kann auch Krebs fördern. Also: Die Behandlung macht den Patienten nicht gesund, sondern alles nur noch schlimmer.
Das wissen auch die Diabetologen: »Behandlungsstrategien für Typ-2-Diabetes, die mit einer unangemessenen Erhöhung der Insulinspiegel einhergehen, müssen kritisch betrachtet werden«, sagt Professor Stephan Matthaei, der Präsident der
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