Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
Organisation. Forschung ist nicht unser Ding, also wir sind mehr die marktwirtschaftliche Seite und die wirtschaftliche Seite, aber nicht Forschung. Wir sind natürlich interessiert, was in dem Bereich passiert, aber wir sind da nicht originär tätig.«
Und sie arbeiten vorzüglich zusammen, für die gemeinsame Sache, die Förderung des Zuckers, und sehr effizient. Das haben sie auch schon unter Beweis gestellt. Beide sind global organisiert, und daher treten sie besonders wirkungsvoll auf, wenn es um Maßnahmen der Weltgemeinschaft geht. Dann bewährt sich das jahrhundertelang erprobte Zusammenspiel zwischen den Zuckernationen und ihrer Zuckerwirtschaft. Vor allem dann, wenn plötzlich weltweite Einschränkungen drohen, weil die Folgen des Zuckers immer mehr Menschen gefährden, so dass die Weltgemeinschaft sich zum Handeln aufgerufen sieht.
Es gibt ja nicht nur die Staaten, die seit Jahrhunderten profitieren von Zucker. Es gibt auch die anderen, in denen es jetzt um existenzielle Fragen geht, weil die Sozialsysteme durch die neuen Epidemien wie die Zuckerkrankheit, Herzleiden und Krebs zusammenzubrechen drohen, und die Wirtschaftskraft leidet, weil veritable Teile der arbeitsfähigen Bevölkerung krankheitshalber ausfallen. Da müssen sich jetzt die Institutionen der Weltgemeinschaft bewähren, die für die Abwehr von Epidemien und Katastrophen zuständig sind.
Die Zuckerförderer auf beiden Seiten aber fühlen sich eher für die Abwehr gegen Maßnahmen zuständig, die den Zucker treffen könnten. Und da ist es für die Sache des Zuckers sehr hilfreich, wenn auf der einen Seite die staatlichen Machtmittel eingesetzt werden können, dank der Truppen von Mr. Baron, und auf der anderen Seite Mr. Cottrells Leute die Wühlarbeit machen. Besonders erfolgreich sind sie, wenn Beschränkungen drohen oder missliebige Ernährungsempfehlungen, und sie können das noch drehen, und am Ende steht eine hymnische Verteidigung des Zuckers mit dem Stempel der wichtigsten Institutionen der Vereinten Nationen, der globalen Gemeinschaft.
Und die wichtigsten Experten der Weltgemeinschaft, die in bester Absicht angetreten sind, die Zuckerschäden zu begrenzen, können sich nur noch wundern, wer da im Hintergrund am Werk war und den Zucker von einer Bedrohung in einen Glücksbringer verwandelt hat.
7. Graf Dracula in der Blutbank
Wie die Industrielobby die Zuckerpolitik der Weltgemeinschaft beeinflusst
Lob des Zuckers, von höchster Warte – dabei hatten sie doch das Gegenteil beschlossen / Merkwürdig, wer da im Hintergrund die Fäden zog / Die neuen Epidemien sind auch ein schönes Geschäft / Nestlé kämpft jetzt für das Gemeinwohl, und keiner will’s glauben / Sponsoring für die Weltgesundheitsorganisation: Eigentlich ist das ja verpönt
E r trägt stoppelkurzes Haar, eine schicke Brille, einen dunklen Anzug mit weiß-blau gestreiftem Hemd und Krawatte. Lächelnd bahnt er sich seinen Weg durch das Gewimmel. In der Bar, groß wie eine Halle, mit einem grandiosen Blick auf den See, treffen sich die vielen Abgesandten aus der ganzen Welt zwischendurch immer wieder. Nachher hat er noch ein Treffen mit einer arabischen Prinzessin. Auch in ihrem Land sorgt jetzt der Zucker für Probleme, und selbst Prinzessinnen scheinen so machtlos wie der Rest der Welt.
Drinnen laufen schon die Verhandlungen. In dem großen Plenarsaal treten nacheinander die Vertreter der Länder dieser Erde ans Mikrofon. Es tagt die Generalversammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), im »Palais der Nationen«, dem Hauptsitz der Vereinten Nationen in Europa, einem eindrucksvollen Gebäudekomplex in einem weitläufigen Park oberhalb des Genfer Sees.
Es geht um jene neuen Menschheitsgeißeln, an denen 35 Millionen Menschen im Jahr sterben sollen – in zwei Jahren mithin mehr als im ganzen Zweiten Weltkrieg. Und die zumeist auf das Konto der Nahrung gehen, vor allem des Zuckers. Es sind die großen Krankheiten auf der Welt, Herzkrankheiten, die Zuckerkrankheit Diabetes, Alzheimer, Krebs, die unter dem seltsamen Oberbegriff »nicht übertragbare Krankheiten« zusammengefasst werden. »Nahrungsbedingte Krankheiten« wäre die treffendere Bezeichnung für die meisten davon.
Es ist kalt an diesem Tag im Mai. Dunkle Wolken hängen über dem See und oben in den Bergen. Immer wieder geht ein Schauer nieder auf die Delegierten und die Besucher aus dieser Welt, die noch in langen Schlangen vor dem Eingang auf Einlass warten. Sie tragen zumeist dunkle
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