Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
stillschweigend wieder umgestellt – auf normalen Zucker. Doch auch dieser enthält ja – Fruktose. Exakt zur Hälfte. Der normale Haushaltszucker, Saccharose oder auch Sucrose genannt, besteht aus Glukose und ebendieser Fruktose. Und viele seiner schädlichen Eigenschaften verdankt er genau diesem Fruktoseanteil.
Am Anfang war es vor allem die Gewichtszunahme, die auffiel nach Genuss von Fruktose. Zunächst waren es Mäuse, die dick wurden und so die Forscher auf die Spur brachten, auch in Deutschland. »Neuer Zusammenhang zwischen Fruktose-Konsum und Gewichtszunahme entdeckt«, meldeten zum Beispiel Wissenschaftler vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke. Sie hatten ihren Versuchsmäusen verschiedene Getränke gegeben, eines mit Fruktose, eines mit Rohrzucker, eines mit Süßstoff oder einfach schlichtes Wasser. Ergebnis: Die Mäuse, die die Fruktoselösung tranken, nahmen im Vergleich zu den anderen Mäusen stärker an Gewicht und Körperfett zu und zeigten zudem einen Anstieg der Leberfette. Obwohl sie gleich viel Kalorien zu sich genommen hatten wie die anderen. »Da die Gewichts- und Fettzunahme der Tiere, die die Fruktoselösung tranken, nicht auf eine gesteigerte Kalorienaufnahme zurückzuführen ist, ist anzunehmen, dass Fruktose die Stoffwechseltätigkeit beeinflusst und auf diese Weise die Anreicherung von Körperfett begünstigt«, so die Ernährungsforscherin Hella Jürgens.
Fruktose pur, das gibt es in der Natur nicht. Dank der Künste der Chemiker gibt es sie jetzt aber massenhaft – und wirkt sich daher auch massenhaft aus auf Figur und Konstitution der Menschen. Forscher um den Mediziner Gerald Shulman von der Universität Yale im US-Bundesstaat Connecticut sehen einen klaren Zusammenhang zwischen der weltweiten Zunahme des Fruktosekonsums und der Ausbreitung der Zuckerkrankheit sowie dem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten. Fruktose spiele da »eine wichtige Rolle«.
Die Fruktose wirkt so verhängnisvoll, weil sie die Funktionskreise im Körper stören kann. Sie macht zum Beispiel dick, weil die Menschen nicht mehr rechtzeitig zu essen aufhören. Denn sie wirkt auf verschiedene Hormone – und drosselt den Ausstoß des Sättigungshormons Leptin. Das ergab eine Gemeinschaftsarbeit verschiedener amerikanischer Forschungseinrichtungen, die im Fachblatt Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism veröffentlicht wurde. Leptin informiert das Gehirn über die Vorratslage im Körper. Wenn es manipuliert wird, bekommt die Steuerungszentrale falsche Nachrichten – und der Mensch isst mehr, als er braucht.
Studienleiterin Karen Teff beobachtete mit ihrem Team die Wirkung eines mit Fruktose gesüßten Getränks, zur Mahlzeit getrunken, auf 17 übergewichtige Frauen und Männer. Sie bekamen, zu einer jeweils exakt gleichen Mahlzeit, einmal einen Fruktosedrink, ein anderes Mal ein mit Glukose, also Traubenzucker, gesüßtes Getränk. Wenn die Testpersonen zur Mahlzeit Fruchtzucker tranken, schüttete ihr Körper deutlich weniger vom Sättigungshormon Leptin aus als nach dem Traubenzuckerdrink. Auch ein weiterer Appetitdämpfer, der Botenstoff Ghrelin, wird nach Fruktosegenuss reduziert. Das beobachtete Teff in einer Untersuchung an jungen Frauen. Gerade die figurbewussten unter ihnen entwickelten an Tagen mit einer Extraportion Fruktose mehr Hunger.
Dass der Körper seine Appetitbremse ausschaltet, ist durchaus sinnvoll: Früher gab es ja nur selten Früchte. In Ländern, in denen es kalte und warme Jahreszeiten gibt, gab es Früchte nur im Sommer. Erdbeeren, Himbeeren, Kirschen, dann Trauben und Zwetschgen – und im Winter nichts. Wenn es also Früchte gab, war es sinnvoll zuzuschlagen. Es brauchte auch keine eingebaute Bremse, kein Stoppsignal, es gab sie ja ohnehin nur kurz. Und den überschüssigen Zucker, den kann der Körper einlagern für schlechtere Zeiten, er kann ihn einfach in Fett verwandeln und später, bei Bedarf, wieder zurückverwandeln in Zucker.
Den überschüssigen Fruchtzucker lagert der Körper dann sinnvollerweise in sein wichtigstes Speicherorgan ein, die Leber. Ein gesunder Mensch kann täglich 25 Gramm Fruktose verkraften. Alles, was darüber geht, wird als Fett eingelagert, erst in die Leber, dann in die anderen Körpergegenden.
Mit Obst ist das kein Problem: In einem Apfel stecken nur rund sieben Gramm Fruktose pro 100 Gramm Frucht, die Maximaldosis pro Person entspricht also knapp 400 Gramm Apfel am Tag, etwa vier
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