Garnet Lacey 04 - Biss in alle Ewigkeit
kann es sein, dass der noch lebt? Hat Sebastian seine ganze Familie verwandelt? Dann ist er ja noch kranker, als ich bislang gedacht hatte.“
Krank? Das klang ja so, als hätte Parrish so seine Probleme damit, ein Vampir zu sein. „Nein, das hat er nur bei Teréza versucht. Mátyás ist ein Dhampir.“
„Was soll denn das sein?“
Konnte es noch absurder kommen? Ich musste einem zweihundert Jahre alten Vampir eine Lektion in esoterischer Blutsaugerkunde erteilen? „Also, so wie ich das verstanden habe, wurde Mátyás auf die altmodische Weise gezeugt, nur war Sebastian zu der Zeit bereits ein Vampir.“
„Das ist nicht möglich“, widersprach Parrish und sauste mit knapp neunzig Stundenkilometern an der Einfahrt zu Sebastians Farm vorbei.
„Da mussten wir rein“, rief ich. „Wir sind zu weit gefahren.“
„Vampire können nicht auf traditionelle Weise Kinder zeugen“, erklärte er, bremste ab und wendete, wobei wir ein Stück auf den Randstreifen gerieten. Der Unterboden kratzte über den aufgehäuften Schnee am Fahrbahnrand.
„Sebastian schon, würde ich sagen“, hielt ich dagegen. „Vermutlich hat es damit zu tun, wie er zum Vampir wurde. Er kann ja auch am helllichten Tag aus dem Haus gehen.“
„Daran musst du mich ja wohl kaum erinnern“, knurrte Parrish und verpasste ein weiteres Mal die Einfahrt. „Tja, so wie's aussieht, erbst du ja eine komplett fertige Familie. Wie schön für dich.“
„Ähm, du bist schon wieder vorbeigefahren. An der Einfahrt, meine ich“, sagte ich und sah, wie der angrenzende Friedhof hinter uns zurückfiel.
Parrish trat auf die Bremse, der Wagen schlitterte ein Stück, ehe er zum Stehen kam. „Steig aus“, forderte er mich auf.
Ich hatte vor zu protestieren, aber ich merkte ihm an, dass ich besser aussteigen sollte, wenn ich nicht von ihm rausgeworfen werden wollte. Draußen schlug mir eisiger Wind entgegen, nasser Schnee wehte mir ins Gesicht.
„Und du kannst von Traum sagen, dass ich nicht seinen Mist hinter ihm aufräumen werde. Nicht für alles Gold von England.“
Ich hielt mich am Türrahmen fest. „Nein, warte, Parrish! Das ist nicht sein Mist, sondern meiner. Du musst mir helfen. Wie es scheint, komme ich nicht gegen Terézas Zauber an, und ich brauche jemanden, der sie von Sebastian ablenkt. Bitte!“
„Nein“, erwiderte er bloß und kniff die Lippen zusammen. Sein Gesicht reflektierte das blaue Licht der Armaturenbrettbeleuchtung.
„Parrish, bitte. Ich zahle auch den doppelten Betrag. Den dreifachen.“
„Nein“, gab er zurück, ließ den Motor aufheulen und sah mich zutiefst verletzt an. „Er hat alles, was ich mir jemals erhoffen könnte. Warum sollte ich es ihm in irgendeiner Weise leichter machen? Wenn ich mich mit Teréza zusammentue, könnte ich sogar dafür sorgen, dass diese Hochzeit nicht stattfindet.“
Obwohl die Beifahrertür noch offen war, gab Parrish Gas und fuhr los. Durch die plötzliche Vorwärtsbewegung wurde die Tür zugeworfen.
Ich sah ihm nach, bis die Rücklichter in der Nacht verschwunden waren. Dicke Schneeflocken fielen auf meinen Kopf.
Als ich das Haus erreichte, waren meine Haare durchnässt. Niemand begrüßte mich, als ich hereinkam, nicht mal Barney. Im Wohnzimmer war alles dunkel, aber aus der Küche hörte ich Gelächter. Ich zog die Stiefel aus und hängte meine durchnässte Jacke auf einen Bügel.
Wieder war das schallende Gelächter meiner Mutter zu hören. Ich wusste nicht, wieso, auf jeden Fall empfand ich diese fröhlichen Klänge als deprimierend. Ich wollte mich in meinem Bett verkriechen und mir die Decke über den Kopf ziehen. Wenn ich dann wieder aufwachte, konnte ich vielleicht so tun, als wäre gar nichts passiert.
Immerhin waren all meine bisherigen Bemühungen fehlgeschlagen. Meine Pläne für die Hochzeit waren ein Scherbenhaufen. Der Schutzzauber hatte sich als völlig nutzlos erwiesen. Und nun hatte ich mir auch noch auf eine mir unerklärliche Weise Parrishs Zorn zugezogen, und das in einer Form, dass er es nicht nur ablehnte, mir zu helfen, sondern dass er sich jetzt auch noch mit der einen Person verbünden wollte, die entschlossen war, mein Leben mit Sebastian zu zerstören.
Teréza.
Ich schaute durch das Fenster neben der Treppe. Es war zu weit oben in der Wand, sodass ich die Scheune nicht sehen konnte. Doch ich wusste, dort befand sie sich. Und da hielt sich auch Teréza auf.
Ich sollte einfach hingehen und ihr sagen, was Sache war.
SESQUIQUADRAT
S
Weitere Kostenlose Bücher