Garnet Lacey 05 - Das bisschen Flitterwochen
liebsten Coffeeshop, dem Holy Grounds, immer einen Latte mit Honig, aber auf Reisen gab ich dem Original den Vorzug. Außerdem hatte Minnesota etwas an sich, das mit dem spartanischen norwegischen Erbe zusammenhing und das mich dazu brachte, meinen Kaffee ganz ohne schmückendes Beiwerk zu trinken. »Kommen Sie mit dem Telefon klar?«
»Das ist längst passiert. Es ist jetzt so eingestellt, dass es uns den Weg zum österreichischen Konsulat anzeigt.« Mit einem höflichen Lächeln gab er mir Sebastians iPhone zurück.
Aus der Nähe betrachtet, strahlte James Dingsda etwas mehr Persönlichkeit aus. Wie mir erst jetzt auffiel, hatten seine Augen einen leichten Blaustich und schienen zu eindringlichen Blicken in der Lage zu sein. Das langweilige Mausbraun seiner Haare war stellenweise mit goldblonden
Strähnen durchwirkt, die im Licht leuchten konnten. »Und was für eine Organisation ist das genau, zu der Sie gehören?«, fragte ich und sah auf die Uhr, die auf Sebastians Telefon
angezeigt wurde. Bei der Göttin! Fast eine halbe Stunde war schon verstrichen! Ich musste in die Gänge kommen, zumal sich das Konsulat laut Display des iPhones irgendwo weit draußen in North Minneapolis zu befinden schien.
»Der Orden des Grünen Strumpfbands«, antwortete er in ehrfürchtigem Flüsterton.
Der Typ machte einen ganz normalen Eindruck, wenn man von diesem ziemlich intensiven Leuchten in seinen Augen absah, das sich immer dann zeigte, wenn er seinen Orden erwähnte. Ehrlich gesagt hatte ich so meine Vorbehalte, was Leute anging, die irgendwelchen Orden oder Geheimbünden angehörten, immerhin hatte ich mit der Eustachius-Kongregation einschlägige Erfahrung sammeln können. Und nicht zu vergessen: Jeder, der mit einem Kofferraum voller Waffen durch die Gegend fuhr, machte mich ein wenig nervös. »Na ja«, sagte ich in einem Tonfall, der hoffentlich deutlich rüberbrachte, dass James sich jetzt verabschieden konnte. »Dann noch mal danke für die Rettung.«
Er legte eine Hand auf sein Herz und verbeugte sich leicht. »Stets zu Diensten, Lady.«
James’ Zurschaustellung von Ritterlichkeit berührte mich fast so wie die Tatsache, dass er »Lady« zu mir gesagt hatte. Ich fragte mich, wieso Sebastian davon überzeugt war, dass der Mann zu diesen Illuminati-Aufpassern gehörte. Er machte auf mich einen ehrlichen Eindruck, aber ich muss auch gestehen, dass meine Menschenkenntnis nicht gerade die beste ist.
»Tja, ich muss mich dann jetzt um diese Angelegenheit kümmern«, sagte ich und zeigte ihm das Handy.
Wie ein altmodischer Gentleman hielt James mir die Tür auf, und ich trat nach draußen in die kalte Luft. Mein ganzer Körper schmerzte, ich konnte die Prellungen spüren, die Lilith nach IHREM Wutanfall im Hotelzimmer hinterlassen hatte, und genauso quälten mich meine Muskeln, die ich überanstrengt hatte, um Athenas Schild zu halten. Ich wurde allmählich zu alt für so was, und in gewisser Weise wären mir Trolle und Frostgigantinnen wesentlich lieber gewesen.
James Dingsda war immer noch bei mir, als ich die Kreuzung in Richtung Rice Park überquert hatte. »Wollen Sie mich jetzt etwa bis zum Konsulat begleiten?«, fragte ich ihn ein wenig gereizt.
Nach dem Schneefall der letzten Nacht war der Boden mit weißen Schneewehen überzogen, die im Sonnenschein blau und gelb funkelten. Tauben tummelten sich in der Nähe eines kreisrunden Brunnens, der während der kalten Jahreszeit abgeschaltet blieb. Sie gurrten laut und flogen in einem Wirrwarr aus Flügeln hoch, als wir an der Bronzestatue von F. Scott Fitzgerald vorbeikamen, der ein aufgeschlagenes Buch festhielt.
»Ich folge Ihnen natürlich in meinem eigenen Wagen.«
Stimmte ja. Ich hatte schon vergessen, dass er gar nichts anderes zu tun hatte, als Sebastian und mir den ganzen Tag lang nachzustellen. Bei diesem Gedanken biss ich mir auf die Lippe. Ich fragte mich, wie es Sebastian wohl ging. Er war so zornig gewesen, als er unser Zimmer verlassen hatte. Und warum wusste ich nichts davon, dass wir von der österreichischen Botschaft ein Hochzeitsgeschenk erhalten hatten?
Es gab offensichtlich einige Dinge, die Sebastian mir verschwieg.
Ich wollte schnellstens zum Wagen gelangen und alles Notwendige in die Wege leiten.
»Wir sollten besser an der Ampel rübergehen«, hörte ich James sagen, während ich zwischen zwei parkenden Autos stand und den richtigen Moment abzupassen versuchte, um auf die andere Seite zu gelangen.
»Wieso? Haben Sie einen Eid
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