Garp und wie er die Welt sah
und
nichts überspringt, dann kann man im Allgemeinen etwas sehr Gutes kochen.
Manchmal ist das, was man zu essen macht, das einzig Lohnende, was man einem
Tag abgewinnen kann. Beim Schreiben kann man, wie ich feststelle, alle
richtigen Zutaten haben, sich viel Zeit nehmen und sich so viel Mühe geben, wie
man will, und es kommt trotzdem nichts dabei heraus. Gilt übrigens auch für die
Liebe. Deshalb kann das Kochen jemanden, der sich Mühe gibt, vor dem
Durchdrehen bewahren.«
Er ging ins Haus und suchte ein
Paar Schuhe. Er besaß [344] fast nur Laufschuhe – viele Paare. Sie waren alle
verschieden eingelaufen. Garp und seine Kinder trugen saubere, aber
zerknitterte Sachen; Helen kleidete sich sehr schick, und Garp wusch zwar alle
ihre Sachen, weigerte sich aber, irgendetwas zu bügeln. Helen bügelte für sich
und gelegentlich ein Hemd für Garp – das Bügeln war die einzige
Hausfrauenarbeit, die Garp ablehnte. Das Kochen, die Kinder, das Wäschewaschen,
das Putzen – das machte er alles. Das Kochen ausgezeichnet; die Kinder ein
bisschen verkrampft, aber gewissenhaft; das Putzen ein bisschen
gezwungenermaßen. Er fluchte über herumliegende Kleidungsstücke und Spielsachen
und in der Wohnung verteiltes Geschirr, aber er ließ nichts liegen; er hatte
die Manie, alles aufheben zu müssen. Morgens sauste er manchmal mit dem
Staubsauger durchs Haus, bevor er ans Schreiben ging, oder er putzte den Herd.
Das Haus wirkte nie unordentlich, war nie schmutzig, aber seine Ordnung hatte
immer ein bisschen etwas Hastiges. Garp warf viel weg, und irgendetwas fehlte
immer. Monatelang ließ er eine Glühbirne nach der anderen kaputtgehen, ohne sie
zu ersetzen, bis Helen plötzlich merkte, dass sie in fast völliger Dunkelheit
lebten und sich um die beiden Lampen drängten, die noch funktionierten. Und
wenn er an die Glühbirnen dachte, vergaß er die Seife und die Zahnpasta.
Helen verlieh dem Haus auch
einige Farbtupfer, aber für die fühlte Garp sich nicht verantwortlich. Die
Pflanzen, zum Beispiel: Entweder dachte Helen an sie, oder sie gingen ein. Wenn
Garp sah, dass eine die Blätter hängen ließ oder sich auch nur ein bisschen
verfärbte, schaffte er sie eilends aus dem Haus und warf sie in die Mülltonne.
Nach [345] ein paar Tagen fragte Helen dann vielleicht: »Wo ist eigentlich der
rote Arronzo?«
»Das verfaulte Ding«, sagte Garp
dann etwa, »hatte irgendeine Krankheit. Ich habe Würmer daran gesehen. Ich habe
es dabei erwischt, wie es überall seine kleinen Dornen verstreute.«
Das war Garps Art, Ordnung zu
halten.
Im Haus fand Garp seine gelben
Laufschuhe und zog sie an. Er legte das Telefonbuch in den Schrank, wo er die
schweren Kochtöpfe aufbewahrte (er hortete überall im Haus Telefonbücher – und
konnte das Unterste zuoberst kehren, um das zu finden, das er gerade brauchte).
Er goss etwas Olivenöl in eine Gusseisenpfanne; er schnitt eine Zwiebel klein,
während er darauf wartete, dass das Öl heiß wurde. Er fing zu spät mit dem
Abendessen an; er war noch nicht einmal einkaufen gegangen. Eine einfache
Tomatensoße, ein bisschen Pasta, ein frischer grüner Salat, ein Laib von seinem
guten Brot. Auf diese Weise konnte er zum Supermarkt gehen, wenn er mit der
Soße angefangen hatte, und brauchte dann nur noch Gemüse zu kaufen. Er beeilte
sich mit dem Schneiden (jetzt ein bisschen frisches Basilikum), aber es kam
darauf an, nichts in die Pfanne zu werfen, bevor das Öl genau richtig war —
heiß, aber nicht rauchend. Beim Kochen gibt es genau wie beim Schreiben einige
Dinge, die man nicht übereilen darf – das wusste Garp, und er übereilte sich
nie damit.
Als das Telefon klingelte, wurde
er so wütend, dass er eine Handvoll Zwiebeln in die Pfanne warf und sich an dem
spritzenden Öl verbrannte. »Scheiße!«, schrie er; er trat gegen den Schrank
neben dem Herd und traf das kleine [346] Scharnier an der Schranktür; ein
Telefonbuch rutschte heraus, und er starrte darauf. Er streute die restlichen
Zwiebeln und das frische Basilikum in die Pfanne und stellte die Flamme kleiner.
Er hielt seine verbrannte Hand unter kaltes Wasser, streckte die andere aus,
verlor beinahe das Gleichgewicht, zuckte vor Schmerzen an der verbrannten Hand
zusammen und nahm den Hörer ab.
(Diese Schwindler, dachte Garp.
Welche Qualifikationen konnte es für Eheberatung
geben? Bestimmt, dachte er, halten sich diese oberflächlichen Seelenklempner
auch darin für Experten.)
»Verdammt, ich bin gerade mitten
in etwas«,
Weitere Kostenlose Bücher