Garten des Lebens
ihre Äußerungen geben sollten.”
“Richtig.” Susannah stimmte ihrer Freundin zu. “Meinst du, dass Troy wirklich Jakes Sohn sein könnte?”, fragte sie zögerlich.
Als sie anfingen, miteinander auszugehen, war Jake wild und undiszipliniert gewesen – ein typischer
bad boy.
Sie dagegen war das nette und artige Mädchen von nebenan. Dennoch bestand zwischen ihnen eine unglaublich starke Anziehung. Susannah hatte Jake damals gesagt, dass er sich ändern müsse, wenn er mit ihr zusammen sein wolle – und er tat sein Bestes. Er liebte sie und versuchte, es ihr und ihrem Vater recht zu machen. Dennoch weigerte sich der ehrenwerte Richter Leary, mit Jake zu reden. Er wollte nie etwas mit ihm zu tun haben …
Alles, was sie in den letzten Wochen über Jake erfahren hatte, zerstörte langsam den Eindruck, den sie von ihm hatte – und nun geschah dasselbe mit ihrem Bruder. Zum ersten Mal, seit sie nach Colville gekommen war, sehnte sie sich nach ihrem Leben in Seattle. Ihre Sommer dort waren friedvoll. Sie arbeitete im Garten oder werkelte im Haus herum. Im Jahr zuvor hatte sie einen Kurs im Aufpolstern belegt und danach alle Wohnzimmerstühle neu gepolstert. Anschließend hatte sie in einem Anflug von Arbeitseifer die Küche tapeziert. Ein einwöchiger Trip mit Joe nach Hawaii war ihre Belohnung gewesen. Im Vergleich dazu glich dieser Sommer einem endlosen Albtraum, aus dem es kein Entrinnen gab.
Als sie im Auto saßen, umklammerte Susannah das Steuerrad. “Ich frage mich, was die Wahrheit ist. Ich habe keine Ahnung mehr.”
“Es gibt bestimmt einen Weg, das herauszufinden.”
Susannah wusste nicht einmal, ob sie Dinge ans Tageslicht bringen wollte, die vielleicht besser im Dunkeln blieben. Sie teilte Carolyn ihre Zweifel mit.
Doch Carolyn schüttelte den Kopf. “Du kannst die Wahrheit nicht im Dunkeln lassen, vor allem nicht, wenn Sharon behauptet, Doug sei in krumme Geschäfte verwickelt gewesen. Und ihre Andeutungen, die Jake betreffen – willst du nicht wissen, ob etwas dran ist?”
“Du meine Güte! Shirl Remington hat erwähnt, dass sie in Kanada recherchiert. Wenn Jake tatsächlich in Schwierigkeiten war, ist er vielleicht dorthin geflüchtet.”
“Viele junge Männer sind in den Norden gegangen, um nicht eingezogen zu werden”, sagte Carolyn.
“Ich werde ihn womöglich niemals finden. Vor allem, wenn er seinen Namen geändert hat.” Das war eine Möglichkeit, die Susannah zuvor noch nicht in Betracht gezogen hatte. Unvermittelt straffte sie die Schultern und sagte mit entschlossener Miene: “Aber es ist mir im Augenblick egal. Er ist offensichtlich nicht der Junge, den ich kannte, oder der Mann, für den ich ihn hielt.”
Ihre Freundin zuckte mit den Schultern. “Du hast eine Privatdetektivin bezahlt. Du solltest dir anhören, was sie zu sagen hat.”
Susannah ließ den Motor an und bog in die Straße, die in die Stadt zurückführte. “Ich denke, du hast recht”, sagte sie zögerlich.
Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, bis Carolyn schließlich fragte: “Sag mal, würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mit dir zusammen zu der Detektivin ginge?”
Warum auch immer Carolyn diesen Vorschlag machte, Susannah war ihr dankbar dafür. “Das wäre schön. Aber … oh, Carolyn, ich fürchte, ich könnte es nicht ertragen, wenn Doug etwas Illegales getan hätte. Ich meine, danach hat Shirl ja nicht gesucht, aber wenn er mit Jake unter einer Decke steckte, wird es herauskommen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es wissen will.”
“Nicht einmal, wenn es die Wahrheit ist?”
“Ich kann nicht glauben, was gerade geschieht. Ich wünschte, ich hätte die Vereinbarung zwischen Vater und Allan Presley niemals gefunden. Das war der Stein, der alles ins Rollen brachte.” Auf jeden Fall hatte diese Entdeckung sie in ihrem Wunsch bestärkt, Jake zu finden.
Als Susannah die dunkle Straße zu Carolyns Haus hinauffuhr, fühlte sie sich unendlich mutlos. Die Straße und das Haus hatten sich nicht verändert, seit sie und Carolyn Kinder gewesen waren. Doch das alles war nur Schein.
Nichts
war so, wie sie es in Erinnerung hatte. Die Vergangenheit und die Gegenwart verschwammen miteinander und brachten sie dazu, an ihrer eigenen Geschichte zu zweifeln.
Sie fuhr die lange Auffahrt entlang und hielt vor dem Haus. Carolyn stieg aus dem Wagen. “Wann willst du morgen losfahren?”, fragte sie und klang dabei so beiläufig, als würden sie sich zu einem ganz normalen Treffen
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