Garten des Lebens
verabreden.
Susannah biss sich auf die Unterlippe und dachte darüber nach, wie lange sie mit dem Auto brauchen würden. “Gegen halb zwölf.”
Carolyn nickte. “Dann bin ich um elf bei dir.”
“Okay. Dann sehen wir uns morgen.”
Susannah wartete, bis Carolyn im Haus war und die Lichter eingeschaltet hatte, bevor sie umdrehte und zurück nach Colville fuhr.
Auf dem Heimweg überlegte sie, ob sie Joe noch anrufen sollte, obwohl es schon so spät war. Sie machte ihm keinen Vorwurf, weil er wütend auf sie war. Sie stritten selten, und sie wollte die Angelegenheit gerne aus der Welt schaffen. Das Problem war, dass Susannah nicht wusste, was sie sagen oder tun sollte, außer sich zu entschuldigen – und das hatte sie bereits getan.
Das Haus in der Chestnut Avenue war dunkel. Chrissie war also offensichtlich noch immer nicht von ihrem Ausflug mit Troy zurück.
Noch immer dachte Susannah darüber nach, ob sie Joe nun anrufen sollte oder nicht. Sie lief die Stufen zum Haus hinauf und schloss die Tür auf. Ihre Handtasche stellte sie auf das kleine Tischchen im Flur, dann schaltete sie das Licht ein und wollte in die Küche gehe. Vielleicht war eine Nachricht ihres Mannes auf dem Anrufbeantworter? Plötzlich hielt Susannah inne – sie hatte ein Geräusch aus dem hinteren Schlafzimmer gehört.
Vielleicht war Chrissie doch schon zurückgekehrt. “Chrissie, bist du das?”
Nichts.
Susannah fröstelte. “Chrissie?”, rief sie abermals. Ihre Stimme klang unsicher.
Noch immer kam keine Antwort. Susannah riss ihre Tasche vom Tisch, rannte zur Haustür hinaus und zog ihr Handy hervor. Zitternd vor Angst wählte sie die 911.
Eine männliche Stimme antwortete. “911-Notruf-Zentrale. Wie kann ich Ihnen helfen?”
“Es ist ein Einbrecher im Haus”, wisperte sie außer sich vor Angst in den Hörer. Sie gab ihm die Adresse. “Bitte beeilen Sie sich.”
Der Mann riet ihr, sich vom Haus zu entfernen und auf den Einsatzwagen der Polizei zu warten. Als Susannah ein Stück die Straße hinuntergegangen war, zitterten ihre Knie so stark, dass sie sich auf den Bürgersteig setzen musste. Sie hatte sich das Geräusch nicht eingebildet. Es
war
jemand im Haus – aber sie war sicher, dass der Einbrecher sie gehört hatte. Bestimmt hätte er sich längst aus dem Staub gemacht, bevor die Polizei eintraf.
Minuten später kam ein Streifenwagen die Straße hinauf und parkte vor ihrer Einfahrt. Susannah sprang auf und lief zu den zwei Polizisten, die aus dem Auto stiegen. Sie warf einen flüchtigen Blick auf die Namensschilder.
“Ich glaube, dass jemand im Haus ist – oder war.” Ihre Stimme zitterte, als sie den Beamten erklärte, was sie gehört hatte.
“Wir sehen nach”, sagte einer der Polizisten. Mit einer großen Taschenlampe in der Hand ging der eine Polizist in den Garten, während der andere durch die Haustür lief, die Susannah offen gelassen hatte.
Susannah rührte sich nicht vom Fleck und war dankbar, dass sie nicht allein ins Haus zurückkehren musste. Sie wartete unter einer Straßenlaterne und fühlte, wie die Nachbarn ihr durch die Wohnzimmergardinen neugierige Blicke zuwarfen. Nur mühsam widerstand Susannah dem kindischen Wunsch, ihnen zuzuwinken.
Endlich kam der kleinere der beiden Polizisten zurück zu ihr auf den Bürgersteig. “Es ist niemand mehr da.”
“Möchten Sie hineingehen, um zu schauen, ob etwas fehlt?”, fragte der andere, der nun ebenfalls zu ihnen gekommen war.
Sie nickte und ging durch die Haustür in Richtung Schlafzimmer. Von dort hatte sie die Geräusche gehört. Die Lichter waren an, und auf den ersten Blick schien alles normal zu sein. Natürlich. Sie fürchtete, wie ein Idiot dazustehen. Oder wie einer jener Menschen, die bei jeder Kleinigkeit die Polizei riefen, nur um ein bisschen Aufmerksamkeit zu bekommen.
Das Fenster neben dem Schreibtisch stand fünf bis acht Zentimeter weit offen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, es geöffnet zu haben, aber es war möglich, dass sie es einfach übersehen hatte. Der Schreibtisch ihres Vaters sah noch genauso aus, wie sie ihn hinterlassen hatte. Große Kartons standen auf dem Fußboden. Einige hatte sie bereits zugeklebt, um sie in den Lagerraum zu bringen, andere waren erst halb gefüllt. Nichts schien durcheinandergebracht oder gestohlen worden zu sein.
“Vielleicht ist eine Katze durch das Fenster hereingekommen”, überlegte der kleinere Polizist.
“Nein”, sagte Susannah ganz ruhig. “Jemand ist hier gewesen.”
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