Garten des Lebens
paranoid.
38. KAPITEL
A m nächsten Morgen rief Susannah gleich nach dem Aufstehen im Krankenhaus an, um sich nach dem Befinden ihrer Mutter zu erkundigen. Ihrer Mutter ging es besser. Nach dem Gespräch mit der Krankenschwester kochte sie eine große Kanne Kaffee.
Auf der Heimfahrt vom
Roadside Inn
war kein Wort mehr zwischen Susannah und ihrer Tochter gesprochen worden. Chrissie hatte auf dem Beifahrersitz gesessen, die Arme verschränkt, die Schultern hochgezogen und das Kinn vorgeschoben, als könne sie die körperliche Nähe zu ihrer Mutter kaum ertragen.
Während Susannah am Küchentisch saß und Kaffee trank, fragte sie sich, ob Chrissie sich inzwischen beruhigt hatte. Sie musste nicht lange warten, um es herauszufinden …
Gegen acht Uhr kam ihre Tochter aus dem Schlafzimmer. Sie war bereits angezogen. Als sie Susannah am Küchentisch sitzen sah, hielt sie abrupt inne.
“Guten Morgen”, sagte Susannah in einem neutralen Ton.
Ihre Tochter ignorierte sie.
“Chrissie, hör mir zu, das muss jetzt mal ein Ende haben.”
Ihre Tochter warf ihr einen finsteren Blick zu. “Es ist mein Leben.”
“Ja, ich weiß, aber …”
“Nein, das weißt du offenbar nicht”, knurrte sie. “Troy und ich, wir lieben uns.”
Diese Worte lösten bei Susannah Übelkeit aus. “Aber du hast ihn doch erst vor zwei Wochen kennengelernt!”
Chrissie kniff die Augen zusammen. “Ich dachte, du wolltest dich nicht mehr streiten. Warum fängst du den Tag dann genau damit an? Du untergräbst einfach jede Entscheidung, die ich treffe. Nichts, was ich sage oder tue, genügt deinen Ansprüchen – oder Daddys Ansprüchen. Ich stehe ständig unter deinem Pantoffel, und ich hasse das. Ich hasse das College. Troy zu treffen war das Beste, was mir je passiert ist. Und jetzt willst du mir
ihn
auch noch wegnehmen.”
“Troy ist nicht der Richtige für dich”, begann Susannah.
“Du hast ihm doch nie eine Chance gegeben.” Chrissies Stimme zitterte, und sie war den Tränen nahe.
Susannah hielt den Atem an und zählte stumm bis zehn, bevor sie antwortete. “Nenne mir nur einen Grund, warum ich Troy mögen sollte”, sagte sie so ruhig wie möglich.
“Weil ich ihn liebe”, erwiderte Chrissie und ballte die Hände zu Fäusten.
Das war in Susannahs Augen keine überzeugende Antwort. Sie zählte einige seiner offensichtlichsten Fehler auf in der Hoffnung, Chrissie könne so ihren Standpunkt verstehen.
“Troy hat keinen Job, er ist verantwortungslos, und darüber hinaus ist er viel zu alt für dich.”
“Oh, bitte …”
Laut Carolyn war Troy um die dreißig, doch wie Susannah festgestellt hatte, war er geistig ungefähr so reif wie ein Teenager. Kein Wunder, dachte sie bei sich, dass die beiden so gut miteinander auskamen.
“Es würde überhaupt keinen Unterschied machen, ob er nun einen Job hätte oder nicht”, entgegnete Chrissie. “Denn du hast den Entschluss, ihn zu hassen, schon längst gefasst.”
“Ich hasse Troy nicht”, erwiderte Susannah. Sie verstand nicht, warum es so schwierig war, mit ihrer Tochter zu reden. Warum war Chrissie nicht in der Lage, eine andere Meinung als die ihre zuzulassen?
Chrissie hob die Hände in die Luft. “Du bist total unmöglich!”
Susannah dachte dasselbe über ihre Tochter. Sie war schon immer ein schwieriges Kind gewesen – bereits seit Chrissie zwei Jahre alt war, hatte Susannah mit Chrissies Sturheit zu kämpfen. Und es war mit jedem Jahr schlimmer geworden.
“Ich kann nicht mit dir reden.” Chrissie stürmte aus der Küche und verzichtete sogar auf ihren Morgenkaffee.
Niedergeschlagen blieb Susannah alleine am Tisch sitzen. Ihre Gefühle waren ein einziges Chaos. Es schien gar nicht so lange her zu sein, dass sie mit ihrem Vater dieselbe Diskussion über Jake geführt hatte. Das Ergebnis war furchtbar gewesen und hatte das Verhältnis zu ihrem Vater für immer zerstört. Sie wollte nicht, dass ihr mit Chrissie dasselbe passierte. Zugleich hatte sie einen völlig neuen Eindruck davon gewonnen, wie ihr Vater Jake wahrgenommen haben musste. Ja, er war ein Teufelsbraten und bereits aktenkundig gewesen, aber all das war ihr mit achtzehn Jahren unwichtig gewesen. Sie hatte geglaubt, ihm helfen zu können, sein Leben auf die Reihe zu bekommen und noch einmal neu anzufangen. Doch heute wusste Susannah nicht mehr, ob ihr Vertrauen in Jake auch in den späteren Jahren weiter bestanden hätte.
Die Auseinandersetzungen mit ihrem Vater glichen Chrissies Konfrontationen mit
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