Garten des Lebens
Arbeit gehen.”
Carolyn machte ebenfalls einen Schritt zurück.
“Danke”, flüsterte er.
“Wofür?”, fragte sie.
Er antwortete nicht sofort. Vorsichtig stellte er das leere Glas auf den Tisch. “Für den Tee”, sagte er schließlich.
Carolyn wurde das Gefühl nicht los, dass es um mehr als nur ein Glas kalten Eistees ging.
16. KAPITEL
“I ch bin froh, dass du gekommen bist”, sagte Susannah, als sie Carolyn am späten Samstagnachmittag die Tür öffnete. Sie fürchtete sich davor, den Abend allein verbringen zu müssen. Chrissie ging heute schon den zweiten Tag in Folge mit Troy Nance aus. Zu Susannahs großem Bedauern schien ihre Tochter von dem jungen Mann verzaubert zu sein.
Troy war Susannah auf Anhieb unsympathisch gewesen, und jedes weitere Treffen hatte den schlechten Eindruck, den sie vom Sohn ihrer früheren Klassenkameradin hatte, noch verstärkt. Ihr missfiel die Art, wie Troy ihre Tochter ansah – so als würde er geifernd die köstlichen Leckereien auf einem Dessertwagen im Restaurant betrachten. Soweit sie wusste, war er arbeitslos, rauchte, trank und führte ein Leben am sprichwörtlichen Abgrund. Vermutlich gehörten auch Drogen zu diesem Szenario.
“Ich habe etwas zu essen mitgebracht”, sagte Carolyn und hielt eine Plastiktüte aus dem Supermarkt hoch. “Ein paar kleine Leckereien, die uns an unsere Zeit in Frankreich erinnern werden.”
Susannah erinnerte sich an Baguette, Weichkäse und sonnengetrocknete Tomaten in Olivenöl. Und bestimmt hatte Carolyn auch eine Flasche Rotwein dabei. Als Schulmädchen waren sie an den Wochenenden oft an der Loire gewesen. Stets hatten sie sich eine Mahlzeit wie diese mitgenommen. Natürlich waren bei solchen Touren immer Aufsichtspersonen mitgekommen, dennoch verband Susannah schöne Erinnerungen damit.
Susannah und Carolyn hatten sich bereits auf der Highschool sehr gut miteinander verstanden, und während des gemeinsamen Jahres auf dem französischen Internat war ihre Freundschaft noch viel inniger geworden. Susannah wusste nicht, warum sie diese Freundschaft dann in den folgenden Jahrzehnten hatten einschlafen lassen.
“Sonnengetrocknete Tomaten?”, fragte sie und schloss genießerisch die Augen.
“Und frisches Brot und Chèvre.”
“Mein Lieblingskäse.” Ihr Magen grummelte voller Vorfreude.
“Dachtest du, ich würde das vergessen?”
“Du hättest das nicht alles tun müssen”, sagte Susannah, obwohl sie erleichtert war, den Abend zu Hause verbringen zu können. Der Tag war anstrengend gewesen, und sie war froh, sich entspannen zu können, dieses Festmahl zu genießen und sich einfach nur zu unterhalten.
Die Freundinnen setzten sich an den Tisch im Wohnzimmer und tranken Wein aus Plastikbechern. Brot, Käse und Tomaten wurden auf Papptellern serviert.
“Wo ist Chrissie?”, fragte Carolyn.
Langsam schüttelte Susannah den Kopf. “Sie hat sich gestern mit Troy Nance getroffen, und seitdem sind sie praktisch ununterbrochen zusammen.” Okay, das war vielleicht ein bisschen übertrieben, denn Chrissie hatte Susannah beinahe den ganzen Tag über geholfen. Außerdem waren sie noch bei Vivian gewesen. Gleichwohl hatte es für Chrissie kein anderes Gesprächsthema gegeben als den wundervollen Troy.
Carolyn schwieg, doch ihr finsterer Blick sprach Bände – Susannah wusste, dass ihre Freundin genauso wenig von dem Typen hielt wie sie selbst.
“Was weißt du über ihn?”, fragte sie.
Carolyn zuckte mit den Schultern. “Nicht viel. Er hat im Sägewerk gearbeitet, aber nicht lange. Wir führen regelmäßig Drogentests durch – wegen der schweren und teilweise gefährlichen Maschinen –, und als Troy davon hörte, tauchte er nicht mehr auf.”
Also lag Susannah richtig mit ihren Befürchtungen: Drogen gehörten zu Troys Lebenswandel dazu. Carolyns Erzählung ließ diesen Schluss jedenfalls zu.
“Ich verstehe nicht, was Chrissie an ihm findet”, sagte sie. Und das war noch milde ausgedrückt. “Ihr Freund hat sich erst vor Kurzem von ihr getrennt, und ich glaube, sie ist schrecklich verletzt.”
“Troy ist wahrscheinlich Balsam für ihre verwundete Seele.”
So schätzte Susannah die Situation ebenfalls ein.
Carolyn nahm einen Schluck von ihrem Wein. “Du weißt bestimmt schon, dass Sharon Nance Troys Mutter ist. Sharon war zwei- oder dreimal verheiratet, hat aber immer ihren Mädchennamen behalten.”
Susannah erinnerte sich an Sharon. Sie hatten sich ganz gut miteinander verstanden, waren aber nie eng
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