Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)
nach ihrem Orangensaft und nippte daran.
Franca hatte ein Glas Riesling vor sich stehen. Georgina mochte keinen Alkohol. Das behauptete sie wenigstens ihrer Mutter gegenüber.
»Gina«, hob Franca nach einer Weile an. »Hast du eigentlich jemals Drogen genommen?«
Georgina hielt in ihrer Bewegung inne. Sie sah ihre Mutter an, als ob sie nicht recht verstünde, was die Frage sollte. »Kommt jetzt Aufklärungsunterricht? Mama, den hatten wir bereits in der Schule. Schon vergessen?«
Sie erwiderte nichts.
Georgina verrollte die Augen. »Eine Spritze oder so würde ich mir niemals freiwillig in den Arm drücken, das müsstest du doch wissen. So, wie ich dich immer beim Kinderarzt blamiert habe.«
Franca lächelte, als sie an die kleine, schreiende Furie an ihrer Hand dachte, die kaum zu bändigen war, besonders dann nicht, wenn eine Impfung anstand. »Ja, du konntest eine ganz schöne Kratzbürste sein.«
»Und wieso glaubst du dann, ich könnte so ein Zeug nehmen?«
»Ich glaube es ja nicht wirklich. Ich mache mir nur meine Gedanken. Zu Drogen greift man dann, wenn man sich mit seinen Problemen alleingelassen fühlt. Und wenn du zugibst, dass du dich oft alleingelassen gefühlt hast …«
»Mama. Es gibt auch noch andere Menschen, die sich um mich gekümmert haben. Darf ich dich daran erinnern, dass ich auch einen Vater habe? Und jede Menge Verwandtschaft und liebe Freunde, die immer für mich da waren und sind.«
»Und du hast nie einen Joint geraucht oder so?«
Georgina lachte auf. »Klar. Macht doch jeder, oder? Aber mir ist so furchtbar schlecht dabei geworden. Keine Spur von Hochgefühl oder was die anderen da alles faseln. Also sagte ich mir, wozu soll ich mir das antun? Wo es mir doch ohne viel besser geht.«
»Wo war das denn?«
»Ganz schön neugierig, meine Mama.«
»War es in Seattle?«
Georgina nickte zögerlich.
»Sag bloß, Kylie war dabei?«
»Kylie war die treibende Kraft. Die hat richtig gekifft. Und ihr ist nicht schlecht geworden.«
»Das glaube ich nicht!«
»Das hab ich mir gedacht. Ihr meint immer, mein Cousinchen wäre so ein liebes, braves Mädchen. Aber die hat’s faustdick hinter den Ohren.«
»Die kleine Kylie, sieh an. Na, da wart ihr beide ja in bester Gesellschaft.«
»Was meinst du denn, warum es mir in Seattle so gut gefallen hat?« Georgina verzog spitzbübisch das Gesicht. »Nein, im Ernst. Dass ihr mir diesen Aufenthalt ermöglicht habt, finde ich jedenfalls ganz toll«, fügte sie hinzu. »Ich meine, wie du und Papa mir vertraut habt. Ich war ja immerhin erst fünfzehn. Und ich hätte auch vor Heimweh sterben können.«
Franca wollte nicht daran rühren, dass sie damals überhaupt nicht mit Georginas Auslandsaufenthalt einverstanden gewesen war.
»Unsere Trennung hätte ich dir gern erspart«, sagte sie leise. »Und ich habe nie aufgehört, an das Modell Familie zu glauben.« Sie hob die Schulter und sah ihrer Tochter in die Augen. »Hast du eigentlich sehr darunter gelitten? Jetzt mal aus der Rückschau betrachtet.«
»Natürlich würde ich es lieber sehen, wenn du und Daddy noch zusammen wärt«, sagte Georgina leichthin. »Aber so hab ich doch auch viele Vorteile. Wenn ich mit einem von euch Krach habe, gehe ich zum anderen und heule mich aus.« Sie grinste schief. »Nein, wirklich, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Es ist schon okay so, wie es ist. Ich weiß, was ich an euch beiden habe. Jeder von euch hat mir was Wichtiges mit auf den Weg gegeben.«
Francas Blick ruhte auf Georgina. Mit Bedauern kam ihr in den Sinn, dass sie vieles von ihrer Tochter nicht wusste. Oder einfach nicht mitbekommen hatte, sei es, weil sie zu beschäftigt war oder weil gerade etwas anderes vorgegangen war, wenn Georgina mit ihren kleinen Sorgen zu ihr kam. Doch da waren auch viele kleine Erinnerungen an intensiv gefühlte gemeinsame Augenblicke.
»Weißt du, ich finde es gut, dass ihr einander nach wie vor respektiert und keiner den einen gegen den anderen ausspielt. Es ist doch oft so, dass sich Leute, die sich mal geliebt haben, gegenseitig die Hölle heißmachen. Und die Kin der sind die Leidtragenden. Hast du mal Tante Debbie über Kylies Vater reden hören?«
»Ich erinnere mich dumpf«, sagte Franca und lächelte gequält.
»Dann weißt du ja, wovon ich rede. Das war manchmal nicht auszuhalten. Auch, wie hin und her gerissen Kylie dann jedes Mal war. Dabei hat Debbie sich in meiner Gegenwart wohl noch ziemlich zurückgehalten.« Sie nippte an ihrem Orangensaft.
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