Gast im Weltraum
späten Abend kündigten die Lautsprecher eine Sondermeldung des Observatoriums an. Eine Minute später teilte Trehub mit, daß die Gea eine Viertelstunde zuvor in die Zone eines Gases von ungewöhnlicher chemischer Zusammensetzung geraten sei und nun manövriere, um die Spur dieses Gases wieder aufzufinden.
Ich begab mich in die Sterngalerie. Trotz der späten Stunde wimmelte es dort von Menschen. Backbord, tief unter uns, glühte der rote Zwerg, von einem scheinbar unbeweglichen Kranz feuriger Zungen umgeben. Die Helligkeit, die er ausstrahlte, hat nur ein Zwanzigtausendstel der Leuchtkraft unserer Sonne, und die Leere des Raumes war wie mit einem blutroten Nebel gesättigt. Da ertönte ein vielstimmiger, kurzer Ruf des Staunens.
Die Gea war wieder in die Zone des rätselhaften Gases gelangt, das infolge des Zusammenpralls mit der Hülle des Schiffes aufflammte. An den Außenwänden flimmerte ein blasses, zitterndes Leuchten, das in Streifen zerflatterte und weit hinter dem Heck erlosch. Wir rasten, von einer Wolke gespensterhafter Lichtblitze umgeben, dahin. Bald darauf war die Gea wieder im leeren Raum, hob aber den Bug und verringerte die Geschwindigkeit so stark, daß sie auf der Stelle zu schweben schien. Alle diese Manöver riefen wie gewöhnlich den Eindruck hervor, daß die unbewegten Gestirne kreisten und sich drehten. Die Gea tauchte von neuem in die Wolke des unsichtbaren Gases. Als unser Raumschiff langsam weiterflog, flammte es nicht auf; aber sobald die Geschwindigkeit 900 Kilometer in der Sekunde erreichte, begannen die ionisierten Atome infolge der Reibung an unserem Panzer zu glühen. An den Wänden der Galerie leckten von neuem blasse Lichtzungen.
Einer der Astrophysiker, der gerade seinen Dienst beendet hatte, gesellte sich zu uns und berichtete, daß der Gasstreifen, wie die Analyse erwiesen habe, molekularer Sauerstoff sei. Diese Mitteilung rief allgemeines Staunen hervor, denn im Weltraum trifft man sonst nicht auf Ansammlungen dieses Gases. „Die Astrogatoren vermuten“, sagte der Astrophysiker, „daß wir in den Schweif eines recht merkwürdigen Kometen geraten sind. Sie beabsichtigen, dieser sonderbaren Entdeckung einige Zeit zu opfern. Deshalb bleibt die Gea in der Gaswolke.“
Die Berechnungen der Automaten ergaben wenige Stunden später, daß der Gasstreifen eine Bogenlinie bildete. Das bestätigte die Vermutung, daß es sich um den Schweif eines kosmischen Körpers handelte, den wir nicht sahen, da er zu klein war. Zwei Tage lang machten wir Jagd auf den vor der Gea flüchtenden, noch immer unsichtbaren Kopf des Kometen. Erst in der zweiten Nacht – es war wieder sehr spät geworden – meldete sich Trehub über alle Lautsprecher und gab bekannt, daß der große Teletaktor den Kopf des Kometen in einer Entfernung von neunzehn Mülionen Kilometern entdeckt hatte.
Eine ganze Schar Neugieriger suchte das Observatorium auf, obgleich der Kopf des Kometen, der im Dunkel als schwachleuchtender Punkt sichtbar war, scheinbar nicht größer wurde. Am Abend des nächsten Tages konnte der Durchmesser festgestellt werden; er betrug nur ungefähr einen Kilometer. Die Astrogatoren waren der Ansicht, daß wir zuviel Zeit für die Lösung des Rätsels um diesen Kometen aufwendeten; das Problem sei zweifellos wichtig für die Astrophysiker, kollidiere aber mit dem Hauptziel und dem Zweck der Expedition; wir müßten daher auf den ursprünglichen Kurs zurückkehren. Die Astrophysiker baten, noch eine Nacht für die Verfolgung des Kometen zu opfern.
In Anbetracht der geringen „Bevölkerung“ des Weltraumes in diesem Gebiet erhöhten wir die Geschwindigkeit auf 950 Kilometer in der Sekunde. Unser Raumschiff würde immer stärker von brennendem Sauerstoff umloht. Um fünf Uhr sprach Trehub von neuem über alle Lautsprecher. Von den ersten Worten an schlugen unsere Herzen schneller; denn die Stimme dieses sonst so beherrschten Menschen bebte. „Hier spricht das zentrale Observatorium der Gea. Der angebliche Komet ist kein Himmelskörper, sondern ein unserem Raumschiff ähnliches künstliches Gebilde.“
Die Erregung, die auf den Decks herrschte, ist schwer zu beschreiben. Unsere Gea folgte nun in gerader Linie dem in das Dunkel des Weltraums flüchtenden hellen Punkt. In beiden Observatorien war der Andrang der Schaulustigen so groß, daß die Astronomen schließlich gezwungen waren, die Neugierigen zu bitten, die Observatorien zu verlassen, da ihnen die Arbeit erschwert werde. Nun versammelten
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