Gast im Weltraum
sich alle mit den Beobachtungsinstrumenten, die für sie zugänglich waren, im vorderen Teil des Promenadendecks. Von dort war mit bloßem Auge ein verschwommener Punkt zu sehen, der sich scheinbar träge vor dem reglosen, gestirnten Hintergrund fortbewegte.
Als der Abstand auf tausend Kilometer zusammengeschrumpft war, richtete die Gea ihre Sendeantennen auf das fremde Raumschiff und strahlte Fragen und Aufforderungen aus. Nichts geschah. Da wir vermuteten, daß die Besatzung uns nicht verstand, sendeten wir unausgesetzt einfache mathematische Formeln. Aber unsere Rufe in den Weltraum blieben ohne Antwort, unsere Empfangsgeräte schwiegen.
Nun gab die Gea Lichtsignale. Aus den Öffnungen am Bug fuhren Atomleuchtkugeln in den schwarzen Raum, entwickelten sich zu Adern silbrigen Feuers, grüne und blaue Signalraketen stiegen auf–das in der Ferne blinkende Schiff antwortete nicht.
Am Nachmittag beschloß der Rat der Astrogatoren, eine Erkundungsrakete auszuschicken, die von Automaten besetzt sein sollte. Gegen sechzehn Uhr schauten ungefähr zweihundert Gefährten, die sich auf der oberen Galerie des Flugplatzes versammelt hatten, gespannt zu, als unter ihnen einige Traktoren die vierzehn Tonnen schwere, zigarrenförmige Rakete auf die Startbahn zogen und die Automaten in ihren mattblinkenden Panzern darin verschwanden.
Die Rakete glitt in das Katapult, die äußeren Klappen schlossen sich. Bald darauf drückte der Erste Astrogator im zentralen Steuerraum den Hebel nieder, ein dumpfer, aber zugleich angenehmer Ton, wie der Schlag einer riesigen Uhr, dröhnte durch das ganze Schiff, und ein kaum wahrnehmbares Zittern durchlief die Stahlkonstruktion: Die Rakete wurde in den Raum geschleudert, entfernte sich von der Gea, beschrieb eine Schleife und raste ferngesteuert ihrem Ziel zu. Wir fuhren in die Sterngalerie hinauf, um von dort den weiteren Ablauf der Ereignisse zu verfolgen. Leider war nicht viel zu sehen, da gerade über dem fremden Schiff die Zwillingssonne des Zentauren schien und durch ihr blendendes Licht die Beobachtungen erschwerte. Der Sauerstoffschweif leuchtete nicht mehr, da unsere Triebwerke abgeschaltet waren; wir bewegten uns als Satellit des roten Zwerges weiter.
Pawel Borel war so nett gewesen, mir ein Fernrohr mit hundertfacher Vergrößerung zu geben. Ich stellte es ganz vorn in der Galerie auf. Obgleich ich wegen des beinahe unerträglichen Glanzes der beiden Sonnen ständig blinzeln mußte, sah ich unsere Rakete, die im Flammenschein des Atombrennstoffes aufblitzte, durch das Dunkel schießen. Bald war sie dem Schiff so nahe gekommen, daß sie mit ihm zu einem hellen Fleck verschmolz. Das Auspuffeuer ihrer Motoren erlosch. Allem Anschein nach hatte sie gestoppt. Das Sendegerät der Rakete war mit der Lautsprecheranlage der Gea unmittelbar verbunden, so daß uns jede Nachricht der Automaten sofort erreichte. Die erste Mitteilung traf elf Minuten nach dem Start ein. Sie lautete: „Das fremde Schiff ist beschädigt.“ Die nächste Meldung erreichte uns drei Minuten später: „Wir versuchen, in das Innere zu gelangen, ohne die Hülle zu beschädigen.“
Dann trat Schweigen ein. Die Astrogatoren signalisierten ein-, zweimal – ohne Erfolg. Unsere Herzen schlugen vor beklemmender Unruhe rascher. Plötzlich tönte aus dem Lautsprecher die kurze Meldung: „Wir kehren zurück.“ Gleichzeitig sahen wir den Raketenmotor Flammen speien. Die Rakete führte die üblichen Landemanöver aus, steuerte die Einflugklappe an und wurde von dem Magnetfeld angesaugt.
Wir beeilten uns, den Flugplatz zu erreichen, und kamen in dem Augenblick dort an, als sich das doppelte Schleusentor öffnete. Der Bug der Rakete glitt den Schacht aufwärts und hielt. Von stählernen Armen gepackt und hochgezogen, zeigte sich bald ihr ganzer Rumpf. Mechanoautomaten lösten die Bolzen des Einstiegluks, Totenstille herrschte. Nur das Klirren der Verschlußschrauben und das Summen des noch nicht ausgeschalteten Kühlpulsators der Rakete waren zu hören. Astrogatoren, Physiker und Flugplatzingenieure standen bei der Rakete. Durch die geöffnete Klappe stiegen die Automaten auf die Plattform. Grotrian richtete einige Fragen an sie. Wir verstanden die Antwort nicht, sahen nur die Bewegung, die durch die Männer dort unten ging. Einige riefen von der Galerie hinunter: „Was sagen sie?“
Grotrian wandte sein Gesicht zu uns. Er war bleich. „Sie sagen, daß dort Menschen sind.“
United States Interstellar Force
Eine halbe
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