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Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Stunde später schaute die auf der Galerie des Flugplatzes versammelte Besatzung der Gea zu, wie Lancelot Grotrian, sein Assistent Pjotr vom Ganymed, Tembhara, die Ingenieure Treloar und Uteneut und der Historiker Ter Haar über die Rolltreppe in die Rakete stiegen, die auf der Startbahn bereitlag.
    Ameta sollte allein eine zweite Rakete mit Werkzeugen und Automaten steuern; aber er erhielt doch einen Begleiter: Im letzten Augenblick wurde beschlossen, einen Arzt mitzunehmen, da er vielleicht vonnöten sei. Die Wahl fiel auf mich. Ich stand unten in der Halle neben dem Piloten und versuchte, in dem schweren Raumanzug die gleiche, ungezwungene Haltung einzunehmen wie er – allerdings ohne Erfolg.
    Das Gitterwerk der Deckenfkonstruktion, die den Startschächten zugeneigten Gleise, die Rümpfe der beiden Raketen – alles glänzte in dem milden, matten Schimmer des Berylls, der nur einen Ton dunkler war als das silbrige Blinken unserer Skaphander. Als sich das Einstiegluk der ersten Rakete geschlossen hatte, wurde sie von einem gewaltigen Stahlkolben in den Katapultschacht gedrückt. Ein dumpfes Dröhnen folgte. Zwanzig Sekunden später leuchtete am Signalmast das grüne Licht auf. Der Kolben glitt zurück und schob die zweite Rakete auf das freie Gleis. Wir stiegen auf ihren Rücken. Ich wollte mich mit einem Winken von den Gefährten auf der Galerie verabschieden; aber die feierliche Stille veranlaßte mich, die Hand nicht zu heben. Ich folgte Ameta in die Rakete.
    Im Bug war es eng. Ich hatte mich kaum neben den Piloten gelegt und festgeschnallt, als das Startsignal ertönte. Die Kontrollampen an der Steuervorrichtung leuchteten auf. Die Rakete glitt, von der Stahlpranke des Kolbens vorwärtsgestoßen, in den Tunnel. Ein dumpfes Donnern… Ich fühlte, daß ich plötzlich schwerer wurde. In dem runden Fenster vor Ametas Kopf erschien das sternenübersäte Dunkel des Alls. Wir flogen.
    Ameta schaltete die Motoren auf halbe Kraft und zog die vorgeschriebene Schleife um die Gea. Als wir genügend Abstand zu dem Schiff gewonnen hatten, drückte er mit beiden Händen den Hebel der Akzeleratoren herunter. Nicht nur mit den Ohren, sondern mit dem ganzen Körper spürte ich den singenden Ton, mit dem die Atomgase aus den Düsen strömten.
    Gern hätte ich einen Blick durch das Fenster geworfen, um die erste Rakete zu sehen; aber bei der Enge der Kabine war dies nicht zu bewerkstelligen. Zweimal kurz nacheinander huschte blutroter Feuerschein über Ametas Gesicht, auf den Meßgeräten blitzten rubinrote Fünkchen: Der rote Zwerg hatte uns bei den Wendungen der Rakete mit seinen Strahlen überflutet. Ich richtete mich etwas hoch, stützte mich auf die Ellbogen und erblickte nach hinten gebogene, flackernde Flammen, die aus dem Bug schlugen. Ameta verringerte die Geschwindigkeit mit Hilfe der Bremsdüsen. Endlich geriet das fremde Raumschiff in mein Blickfeld. Es glich einer Spindel mit gleichmäßig zugespitzten Enden.
    Auf einmal sah ich durch ihren Körper einen fernen Stern schimmern. War die Spindel durchsichtig? Nein, ich hatte mich geirrt: Dieses Gebilde war kein interplanetares Raumschiff, sondern ein primitiver künstlicher Mond. Das, was ich anfangs für eine Verjüngung des Rumpfes gehalten hatte, war in Wirklichkeit ein in seitlicher Verkürzung gesehener Ring.
    Das „Raumschiff“ nahm rasch an Größe zu, als würde es aufgeblasen–eine für den leeren Raum typische Täuschung. Ameta schaltete die Dezeleratoren ein und wendete. Das Schiff schwebte unter uns vorüber. Es sah aus wie ein großes Speichenrad mit abgeplatteter Nabe, um die es sich langsam drehte. Die „Speichen“ – es waren gewaltige Rohre – verschoben sich über dem schwarzen Abgrund, als mahlten sie die Gestirne. In der Mitte lag ein von Gittermasten gestützter Landeplatz für Flugzeuge. Wir kreisten über diesem unförmigen Gebilde. Die erste Rakete ging bereits tiefer, hielt aber nicht auf die Plattform des Flugplatzes zu, sondern setzte auf dem Ring zur Landung an. Durch rhythmische Atomstöße aus den Düsen paßte sie ihre Geschwindigkeit den Umdrehungen des künstlichen Satelliten an, hing dann scheinbar eine Weile über ihm, spie aus der Bremsdüse am Bug eine kurze Flamme, schob die magnetischen Greifer vor und landete an der Stelle des Ringes, an der deutlich ein unregelmäßiger, dunkler Fleck zu sehen war.
    Ameta berührte einige Hebel. Wir stürzten auf die flache Scheibe des Landeplatzes zu, die in Sekundenschnelle so groß

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