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Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Strahlungsstoß vermag nichts zu widerstehen. Was Materie ist, geht in Flammen auf, und die frei werdende Zerfallsenergie der Atome schmilzt die Rinde des Himmelskörpers.
    Grotrian und Pendergast hielten gleichzeitig in der Bewegung inne. Ihre Hände schwebten eine Sekunde lang in der Luft. Sie zogen sie zurück, als sie einander in die Augen gesehen hatten.
    Der Hebel blieb unberührt.
    Die Piloten der fünf Raketen befolgten die Weisung und schalteten die Bremsdüsen ein. Die riesigen Flammen, die ihnen entströmten, zeigten die verzweifelten Anstrengungen der Piloten. Aber eine nach der anderen geriet in die Gefahrenzone und verbrannte. Nur die letzte entging der Vernichtung. Der Pilot hatte öffenbar mit übermenschlicher Kraft alle Sicherungen herausgerissen. Die Rakete schoß senkrecht in die Höhe und entschwand unseren Blicken.
    In den Wolken zuckten vier neue Flammenbahnen auf, vier feurige Sterne stürzten in den Abgrund, in dessen dunkler Tiefe bereits die letzten Spuren der fünf zerstörten Raketen verweht waren.
    Die Gea zog sich langsam zurück und wendete ihren Bug der Oberfläche des Planeten zu. Die Magnetfelder saugten die zurückkehrenden Raketen in die Einflugluken. Auf dem Bildschirm des inneren Fernsehgerätes erschien die Halle des Flugplatzes. Ein spitzer Raketenbug nach dem anderen tauchte aus den stählernen Schlünden auf. Die Zählscheibe des Annahmeautomaten zeigte rasch hintereinander die Zahlen: 17… 18… 19… Nach der zwanzigsten Rakete trat eine längere Unterbrechung ein. Inzwischen hatten sich die Verschlußklappen der Rakete geöffnet. Die Piloten stiegen aus, aber anstatt nach oben zu gehen, gesellten sie sich zu den Gefährten auf dem Flugplatz. Immer mehr glitzernde Skaphander mischten sich unter die Wartenden. Am Automaten leuchtete die Zahl 21 auf. Gleichzeitig zogen die Stahlgreifer die große, unbemannte Rakete auf das freie Gleis. Einige Minuten lang war es totenstill. Die Kolben der Aufzüge ruhten unbeweglich in ihren Lagern. Noch einmal drehte sich die Scheibe am Signalmast, langsam, wie mit großer Anstrengung. Die Zahl 22 leuchtete auf. Die letzte, unversehrte Rakete war durch die offene Luke in die Schleuse gesaugt worden. Dann tauchte auch sie auf. Der Verschluß öffnete sich nicht. Mechanoautomaten lösten die Bolzen. Das Signal, das die Ärzte auf ihre Posten rief, riß mich aus meinen Gedanken.
    Der Operationssaal war hell erleuchtet. Sechs Gefährten trugen den in der luftdichten Gummihülle eingeschlossenen Körper an den Operationstisch und ließen ihn vorsichtig auf die erwärmte Porzellanplatte gleiten.
    Die Instrumente krallten sich in die plastische Masse. Durch den klaffenden Schnitt glänzte der Skaphander. Die Versteifungsspiralen knirschten unter den Scheren. Noch ein, zwei Sekunden – und wir sahen das Gesicht Ametas.
    Als er die Sicherungen herausgerissen und die Rakete aus der Geraden gezogen hatte, war sein Blut durch den ungeheuren Druck schwer wie Blei in den Unterleib und die Beine gepreßt worden und hatte die Gewebe zerrissen. Ametas Körper war eine einzige, zuckende Wunde, nur der Kopf und die Arme waren weiß, blutleer, aber unversehrt.
    Auf den ersten Blick sah ich, daß Ameta nicht zu retten war. Wir konnten nur die Agonie abkürzen oder verlängern.
    Wir gingen sofort an die Arbeit. Die künstliche Lunge und das künstliche Herz wurden eingeschaltet, die zugänglichen gerissenen Gefäße, durch die das Blut ausströmte, abgeklemmt. Das Blutübertragungsgerät war angeschlossen. Wir griffen wie Automaten nach den blitzenden Instrumenten, legten sie blutig wieder beiseite und verständigten uns nur durch einzelne Worte. Dieser Zustand war zweifellos nicht länger als einige Minuten aufrechtzuerhalten. Die Lähmungszone breitete sich aus, der Schock ergriff die lebenswichtigen Organe. Hier ging es nicht mehr um die Rettung Ametas – sie war unmöglich–, sondern darum, ihn für einige Sekunden ins Bewußtsein zurückzurufen.
    Die Kolben in den durchsichtigen Zylindern der Injektionsspritzen erreichten den Boden. Die Flüssigkeit, ein Anregungsmittel, wurde in den künstlichen Kreislauf gepreßt und durchspülte das zuckende Herz. Ein Zittern lief über den ganzen Körper. Ich glaubte anfangs, Ameta habe die Augen geöffnet; aber dann sah ich, daß sich nur die Schatten auf den Wangen vertieft hatten. Der Pulsomotor arbeitete schneller – der Sauerstoffhunger des Organismus wurde größer.
    „Er ist bei Bewußtsein“, sagte

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