Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
Signale?“
    „Nein, das sind nicht unsere Signale.“
    „Von der Erde?“
    „Nein.“
    Aufs höchste erstaunt, versuchte ich, in dem Dunkel sein Gesicht zu sehen, denn ich hatte ihn im Verdacht, daß er scherzte. Er war aber todernst.
    „Woher kommen die Signale?“ fragte ich und vergaß, meine Stimme zu senken. Sie klang wie Donnerrollen in der tiefen Stille.
    „Von dort“, antwortete Trehub, der wieder an das Schaltpult getreten war. Er wies mit der Hand auf den Bildschirm. Im Schnittpunkt phosphoreszierender Linien glänzte ein Funke; er war einige Bogenminuten von der Sonne A des Zentauren entfernt, deren kleine, feurige Scheibe im linken oberen Quadrat bereits hell leuchtete.
    „Das sind Signale vom zweiten Planeten der Sonne A“, fügte mein Nachbar hinzu. Wieder herrschte tiefes, ich möchte sagen, andächtiges Schweigen, an dem ich nun teilhatte. Ich blickte zu dem dunklen Schirm hinüber und war bemüht, während ich dem eintönigen, raschen Pulsschlag des Radars im Lautsprecher lauschte, mich auf alles zu besinnen, was ich über das Sonnensystem des Zentauren gehört hatte. Der Planet, der diese Signale aussandte, ist ein sogenannter weißer Planet und entspricht etwa der Venus in unserem Sonnensystem. Seine Umdrehungszeit beschäftigte unsere Astronomen seit langem.
    Mir fiel plötzlich ein, daß die Gea, als ich am Morgen auf dem Promenadendeck war, Manöver ausgeführt hatte, die mir unverständlich waren. Ich hatte sie an den scheinbaren Bewegungen des Sternenhimmels festgestellt.
    „Seit wann sind denn diese Signale zu hören?“ fragte ich Borel, den ich endlich in der Dunkelheit entdeckt hatte.
    „Heute früh haben wir sie zum erstenmal vernommen.“
    „Gelten sie uns?“
    Bevor der Planetologe antworten konnte, fühlte ich, daß mein Herz einen Pulsschlag lang aussetzte. Ich wußte bereits, was er sagen würde.
    „Ja. Der gesendete Kegel ist sehr schmal. Wir haben versucht, aus seinem Bereich zu entkommen, aber er hat uns immer wieder erfaßt.“
    Wir wurden also auf diesem weißen Pünktchen, das zwischen den Sternwolken kaum sichtbar war, erwartet. Eine Vermutung wurde Gewißheit, eine Erwartung Wirklichkeit. Die Lautsprecher übertrugen das helle, rasche Tikken, als wollten sie die tausend Fragen beantworten, die mir durch den Kopf wirbelten; es war, als wiederholten sie in einer fremden Sprache unablässig ein Wort: Ja, ja, ja…
    Die elektromagnetischen Wellen hatten einen viele Millionen Kilometer langen Stollen in das Dunkel des Alls getrieben, durch den sie die Gea erreichten und dorthin zurückkehrten, von wo sie ausgesandt worden waren, um mit ihren Impulsen ein Bild des Raumschiffes zu übermitteln, das sich dem Zentauren näherte.
    Sechs Wochen dauerte bereits unser Flug zu dem weißen Planeten. Die Zwillingssonnen des Zentauren wuchsen zusehends, überstrahlten die nächsten Sterne und entfernten sich immer weiter voneinander. Die Sonne A wurde eine mächtige Feuerkugel, über die sich, im Heliograph deutlich sichtbar, Flecken bewegten. Der Planet aber war noch immer ein Funken im Dunkel des Raumes. Nur seine Bewegung konnte man verfolgen, so rasch verschob er sich vor dem gestirnten Hintergrund.
    Wir versuchten, die Funkverbindung mit ihm aufzunehmen. Automaten sendeten ununterbrochen, tagelang rhythmische Signale. Die einzige Antwort war und blieb das ständig gleiche Ticken des Radars, das immer lauter wurde, je mehr wir uns dem weißen Planeten näherten. Die Entfernung verringerte sich sehr rasch, da die Gea 30000 Kilometer in der Sekunde zurücklegte–eine riesige Geschwindigkeit in einem Raum, in dem zahlreiche Planeten kreisen. Es war, als triebe unsere Ungeduld das Schiff voran, und selbst das tote Metall der Düsen schien von der Erregung der Menschen angesteckt zu sein, denn der glühende Atomfeuerstrom, den die Gea in das nachtschwarze Weltall spie, wurde von Stunde zu Stunde länger.
    Am dreiundvierzigsten Tag, von jener denkwürdigen Stunde an gerechnet, da wir zum erstenmal die Radarsignale auffingen, befand sich die Gea endlich über dem Planeten.
    Seine weiße, von dichten Wolken verhüllte Scheibe verdeckte den Himmel. Das gleichförmige Ticken des Radars war so stark geworden, daß man es mit einem gewöhnlichen Elektronengerät, das mit der Außenhülle des Schiffes verbunden war, ohne Verstärker hören konnte. Das war aber auch alles.
    Unser Raumschiff senkte die Geschwindigkeit und umkreiste den weißen Planeten auf einer Spiralenbahn, die immer

Weitere Kostenlose Bücher