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Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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geöffneten Augen zur Decke empor. Ihr volles, dunkles Haar warf tiefe Schatten auf ihr Gesicht. Ich schloß die Lider, konnte aber nicht einschlafen. Plötzlich fragte Anna: „Kehrst du zurück?“
    Ich richtete mich auf. „Liebste…“ Ich küßte sie und fühlte, wie fern sie mir schon war. „Ich kehre zurück, ganz gewiß kehre ich zurück. Übrigens gehe ja nicht nur ich von dir fort, wir fliegen beide in verschiedene Richtungen. Und… kehrst du zurück?“
    Ich versuchte zu lächeln und meiner Stimme einen unbeschwerten, heiteren Klang zu geben. Anna blieb ernst. „Ja“, antwortete sie, „ich kehre zurück.“ „Das ist gut.“
    Sie sah mich an, ihre dunklen Augen waren ganz, ganz nahe. „Weißt du, ich kann es nicht glauben, daß ich dich einmal nicht kannte… Das ist etwas so unfaßbar Großes, als hätte es niemals einen Anfang gehabt… Deshalb kann ich mir auch nicht vorstellen, daß es… daß es ein…“ Sie beendete den Satz nicht. Ich fragte nicht, umarmte sie nur noch fester, inniger. Sie holte tief Atem und flüsterte mir ins Ohr: „Sie waren doch sehr glücklich…“
    „Wer, Liebste?“
    „Die Menschen, die früher lebten.“
    „Meinst du?“
    „Ja. Sie glaubten an die Ewigkeit…“
    Seit drei Monaten durchmaß die Gea das Sonnensystem des Zentauren. Planeten tauchten als Funken auf, flogen uns entgegen, wurden leuchtende Himmelslichter und verschwanden hinter dem Atomfeuer unserer Auspuffdüsen. Die Piloten in ihren blinkenden Schutzanzügen stiegen von den Galerien zum Flugplatz hinab und zwängten sich durch die Einstiegluken der Raketen. Wie oft wiederholte sich dieses Schauspiel der Trennung und der Rückkehr; wie oft hatten wir das Dröhnen der anlaufenden Motoren, den Schlag der unsichtbaren Glocke vernommen; wie oft hatte uns nach dem Abflug die Stille umfangen; wie schwer war es, den zurückbleibenden Gefährten in die Augen zu sehen und auf die tonlos murmelnden Lippen, die die Raketen zählten, wenn sie schwarz, versengt von der Glut, die sie beim Zusammenstoß mit dichten Atmosphären umgeben hatte, aus den Schleusen auf den Flugplatz glitten.
    Mit Zorin kam ich in dieser Zeit selten zusammen. Er arbeitete mit anderen Konstrukteuren an dem Projekt der kosmischen Station. Eine Planskizze war bereits ein Jahr zuvor angefertigt worden. Nun brütete das ganze Kollektiv Tembharas über den technischen Einzelheiten. Da ich wußte, daß Untätigkeit gefährlich ist für den Geist und das Gemüt, vertiefte ich mich lange in die Lehrbücher über Radiotechnik und frischte meine alten, in der Jugend erworbenen Kenntnisse der Mechanoeuristik auf; denn ich wollte nicht nur der Begleiter, sondern auch der Mitarbeiter Zorins sein. Ich riß mich nicht einmal von meinen Trionen los, als wir einen Planeten nach dem anderen umkreisten. Ich nahm an keiner Expedition teil, aber die Freunde Ametas vergaßen mich nicht. Ul Wef kam als erster und schüttete schweigend einen kleinen Berg feurig funkelnder Mineralien, die vulkanischen Blüten des besuchten Planeten, vor mir auf den Tisch. Von einem anderen Flug brachte Teupan mir ein Stück Lava mit, auf dem sich ein erstarrter, dreifingriger Abdruck befand. Die ständig wachsende, einzigartige Sammlung von Raritäten war der Beweis für die Erfolge unserer Expedition.
    Wir kamen an einem Planeten vorüber, der von Wüsten bedeckt war, und etwas später an einem anderen, dessen hohe Temperaturen uns Menschen selbst den kürzesten Aufenthalt unmöglich gemacht hätten. Die Fotografien zeigten auf seiner Oberfläche, unter den Schichten glühender Gase, rätselhafte Bewegungen. Wir sandten feuerbeständige Automaten aus, die diese Erscheinung auf klären sollten; aber nur wenige kehrten zurück. Ihre Berichte waren so unklar, daß wir aus ihnen nicht entnehmen konnten, ob die über erstarrte Eruptionsgesteine kriechenden großen, gliederfüßigen Gebilde Maschinen waren, die nach einer Katastrophe im Stich gelassen worden waren, oder ob es sich um Formen einer organischen Entwicklung handelte, die nicht auf der Eiweißbasis aufbaut. Die Astrobiologen drängten vergebens, gründliche Forschungen vorzunehmen. Sie. wurden auf später vertröstet. Die Gea setzte ihren Weg fort:
    Dem nächsten Planeten begegneten wir in der Nacht. Das Zischen der Kühlrohre, in denen das flüssige Helium kochte, war überall im Schiff zu hören. Die Sichel des Planeten gähnte wie ein rotglühendes Loch in dem schwarzen Firmament. Ferngläser brachten uns die

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