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Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Oberfläche so nahe, daß wir ein dichtes Netz von Sprüngen erkennen konnten, die sich verbanden und wieder trennten. Schwarze Spinnen schienen über rotes Glas zu kriechen. Der Planet war im gebirgsbildenden Stadium. Durch die breiten Risse in seiner Rinde sprudelten Bäche dunkler Glut.
    Die äußersten Planeten des Systems der Sonne A sind Himmelskörper vom Typ unseres Neptun, eisbedeckt und in ewiges Dunkel gehüllt. Als wir uns eine Milliarde Kilometer von ihren Bahnen entfernt hatten, erreichten wir die Zone der Sonne B. Sie hat keine Planeten, in ihrem Gravitationsfeld kreisen nur, durch Abgründe des Weltraumsgetrennt, zahlreiche Asteroiden, die Überreste eines vor Jahrtausenden geborstenen Himmelskörpers. Die Astrogatoren beschlossen, die transgalaktische Zwischenstation auf einem dieser atmosphärelosen, zerrissenen, felsigen Bruchstücke einzurichten. Die Bahnen von Hunderten solcher kleiner Himmelskörper durchschneiden die Leere des Raumes. Die Auswahl war also ziemlich groß. Allerdings mußte der Planetoid, der für uns in Frage kam, einer Reihe von Ansprüchen genügen: Seine Bahn mußte annähernd ein Kreis sein, durfte sich weder der Sonne zu sehr nähern noch sich zu weit von ihr entfernen. Überdies mußte er den anderen Planetoiden ausweichen, damit er nicht beträchtlichen Störungen ausgesetzt war, und er durfte nicht mit den Meteoritenschwärmen in Berührung kommen, die an der Peripherie des „Lumpensammlers“ kreisen.
    Die Suche nach einem entsprechenden Asteroiden dauerte einige Monate. Die Observatorien arbeiteten Tag und Nacht. Teletaktoren und Radaroskope durchsuchten unablässig den Raum. Das Ergebnis, vielmehr die Beute dieser Jagd war ein namenloser Asteroid. Auf ihn fiel die Wahl der Astrogatoren. Er hat einen Durchmesser von knapp vierhundert Kilometern. Sein Schwerefeld ist deshalb sehr gering, aber doch so stark, daß man sich bewegen kann, ohne befürchten zu müssen, in die Leere zu stürzen. Dieses Bruchstück schien uns mit scharfen Katzenaugen anzublinzeln. Das beträchtliche Schwanken der Helligkeit wurde durch seine rasche Umdrehung um die Achse und die unregelmäßige Form verursacht. Seine längliche Gestalt erinnerte eher an einen im Dunkel der Nacht aufragenden, überhängenden Bergrücken als an einen kleinen Planeten.
    Die Gea umkreiste ihn zwei Wochen lang. In dieser Zeit stellten die Tektoniker durch gründliche Untersuchungen fest, daß das Gefüge der Felsen seine Existenz für die nächsten Jahrtausende garantierte. Nun warteten wir nicht länger und transportierten Maschinen, Baumaterial und Lebensmittel vorräte auf den Planetoiden. Die Automaten verbissen sich in die Felsen und wühlten zwei runde Schächte aus. Der eine war für die kuppelförmige Druckkammer mit den Luftbehältern, der andere für den Atommeiler bestimmt, der uns mit elektrischer Energie und Wärme versorgen sollte.
    Tag für Tag schafften Lastraketen Rohstoffe, Bau- und Maschinenteile auf den Planetoiden, aus denen der Richtstrahler der künftigen Weltraumstation entstehen sollte. Endlich waren die letzten Ladungen zwischen den Felsen aufgestapelt.
    Wir verabschiedeten uns von den Gefährten und unseren Nächsten mit den wenigen, alltäglichen Worten, die man vor einer kurzen, unbedeutenden Trennung gebraucht. Als Zorin und ich die Rampe zum ersten Gleis hinabgingen, auf dem die startbereite Rakete lag, sprang ein Kind hinter einem der Pfeiler hervor und vertrat uns den Weg.
    Wir blieben überrascht stehen. Das Kind, ein rundliches, vielleicht vier Jahre altes Mädchen mit einem Rattenschwänzchenzopf und vor Aufregung hochroten Wangen, hob mit sichtbarer Anstrengung einen großen Strauß hoch und reichte ihn Zorin.
    „Da“, sagte sie. „Wirst du uns wieder Märchen erzählen, wenn du zurückkommst?“
    „Natürlich“, antwortete Zorin. „Wie heißt du denn?“
    „Magda.“
    „Wer hat dir die Blumen gegeben?“
    „Niemand, ich habe sie selbst aus dem Garten geholt.“ Die Kleine seufzte erleichtert auf, daß es ihr so gut gelungen war, ihr Vorhaben auszuführen. Als sie die Astrogatoren sah, die auf uns zukamen, lief sie, so schnell ihre Beinchen sie trugen, davon.
    Ter Akonian, Pendergast und Yrjöla drückten uns zum Abschied noch einmal wortlos die Hand. Zorin ließ den Helm herunter, zwängte sich durch das enge Einstiegluk in die Rakete und streckte die Hand nach dem Fliederstrauß aus, den ich ihm vorsichtig reichte. Als ich ihm in die Rakete folgte, fiel mir plötzlich

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