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Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Planetoiden, Meteore und Kometen suchen und erreichte in diesen achtundzwanzig Tagen eine Geschwindigkeit von tausend Kilometern in der Sekunde. Alle ihre Navigationseinrichtungen wurden einer genauen Prüfung unterzogen. In dieser Zeit zehrten wir von den Ereignissen, die von außen auf uns eindrangen. Die selten besuchten Planeten jenseits der Jupiterbahn wurden größer, je näher wir kamen, so daß wir mit freiem Auge ihre gewaltigen, von den Wirbeln tiefer Strömungen gepeitschten Gashüllen beobachten konnten, und schrumpften wieder zusammen. Ein großer Planet nach dem anderen mit seiner Schar erkalteter, vereister Satelliten blieb zurück, und schließlich war der letzte lichte Fleck hinter dem Heck der Gea verschwunden. Die Strecke, die wir zurückgelegt hatten, konnten wir im übrigen auch daran ermessen, daß das Licht der Sonne immer schwächer wurde. In Höhe des Pluto war sie zu einem der vielen Sterne geworden, wenngleich sie noch am hellsten leuchtete. Die Erde war seit vielen Tagen nicht mehr zu sehen. Ihr schwaches Funkeln war in den Strömen von Licht, die die mütterliche Sonne ausstrahlte, untergegangen.
    Auf dem Wege vom Uranus zum Neptun begegneten wir innerhalb von dreizehn Tagen zwei unbemannten Raketen. Diese kosmodromischen Observatorien suchen den toten, erkalteten Raum nach Meteoren und Kometen ab, die noch nicht in den Himmelskarten verzeichnet sind, melden ihre Entdekkungen und warnen andere Raumschiffe durch Funksignale. Ich sagte, daß wir ihnen begegneten. In Wirklichkeit waren sie außer Sichtweite. Nicht einmal durch unsere Teleskope waren sie zu entdecken. Nur ihre rhythmischen Signale verrieten ihre Nähe und gestatteten uns, ihren Standort und ihre Flugrichtung genau zu bestimmen. Im ganzen gibt es ungefähr sechzehntausend solcher Patrouillenschiffe. Sie gehören zu den Raketen, die am längsten im Raum weilen. Sie kreuzen in der Zone der kleinen Planeten. Alle zehn Jahre werden sie durch Funksprüche aufgefordert, zu einer der Flugbasen des inneren Sonnensystems zurückzukehren, um ihre Treibstoffvorräte für das nächste Jahrzehnt auffüllen zu lassen.
    In der Nähe der Cerberusbahn verließ die Gea allmählich das Sonnensystem. Nun flog sie immer schneller durch die Leere des Alls ihrem Ziel entgegen. Wie ich bereits erwähnte, betrug die Durchschnittsgeschwindigkeit bisher ungefähr tausend Kilometer in der Sekunde. Zweiundachtzig Tage lang hatten wir diese Geschwindigkeit beibehalten und in dieser Zeit beinahe sieben Milliarden Kilometer zurückgelegt. Diese Strecke scheint manchem ein schönes Stück Weges zu sein; aber als wir die Grenze unseres Sonnensystems überschritten hatten, hing am nächsten Tag an der Wand des Steuerraumes eine neue Karte in einem Maßstab, der eine Million Mal kleiner war als der bisherige. Auf dieser Karte war der durchmessene Weg nicht eingezeichnet, da das ganze Sonnensystem nicht größer war als ein winziger schwarzer Punkt.
    Wir glaubten, der Weltraum würde anders aussehen als der erforschte und bekannte interplanetare Raum. Obwohl wir wußten, daß dies nicht der Fall war, gingen wir an dem Morgen, an dem uns mitgeteilt wurde, daß wir die Bahn des Cerberus gekreuzt hatten, fast alle mit einem Gefühl der Erregung auf das Promenadendeck. Der gestirnte Himmel rings um uns war unbeweglich und unverändert.
    Ich stand auf dem vorderen Deck. Der Polarstern war dort nicht sichtbar. Er glänzte über dem Heck unseres Raumschiffes. Die Gea lag nun auf Kurs, sie fiel sozusagen vom Himmelsnordpol in gerader Linie auf den Südpol zu, wo in einer ausgedehnten Halbinsel der Milchstraße unser Ziel leuchtete.
    Vor uns breitete sich die Galaxis aus. Ungeheuer, weißlich glänzend, dehnten sich ihre erstarrten, klobig übereinandergeschichteten Wolken, von großen dunklen Flecken unterbrochen, die in vielfachen Windungen das Massiv der Gestirne durchziehen. Schwarze Wolken erkalteten kosmischen Staubes sind es; sie verschlucken das Licht der Sterne, die hinter ihnen glühen. Unser Blick glitt unwillkürlich an diesen leuchtenden Kontinenten des Weltalls entlang zu der strahlenden Sonne Alpha Centauri. In dieser Himmelsgegend, mitten unter vielen großen, hellen und Myriaden von kleinen, schwachen Sternen, die dem Auge so rasch entschwanden, als wären sie unter dem Blick zerschmolzen, flammten die herrlichen Feuer des Kreuzes des Südens. Auf der anderen Seite des galaktischen Pols, dicht neben dem Kugelhaufen des Tukan, der wie Diamantsplitter

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