Gauck: Eine Biographie (German Edition)
Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu. Wieder war es ein großes Fest, und erneut waren alle da, die Mitarbeiter aus der Behörde, Bürgerrechtler, die alten Freunde aus Rostock und vom Fischland. Es war eine Feier für einen Mann, der den Zenit des Lebens längst überschritten hatte und im Herbst seines Lebens stand. Keiner ahnte, auch er selbst nicht, was für ein Frühling noch auf ihn wartete.
Einen Männerfreund, einen Kumpel, mit dem Gauck Skat spielte, mal ein Bier trinken ging oder mit dem er Fußball guckte, sucht man demgegenüber vergebens. Christoph Kleemann, sein Berufskollege und Nachbar aus Rostocker Zeiten, meinte gar: »Die ihn kennen, wissen nicht, ob er einen richtigen Freund hat.« Gauck hatte seine Jugendfreunde und ging auch im fortgeschrittenen Alter noch engere persönliche Bindungen ein. Dazu zählen etwa Klaus Richter, ein jovialer, freundlicher Sachse, der Gauck bedingungslos zugetan war, oder David Gill, heute einer seiner engsten Vertrauten. Beide Männer hatte er während seiner Volkskammerzeit kennengelernt. Grundsätzlich hatte Joachim Gauck immer mehr Freundinnen als Freunde. Als Kind hatte er gelernt, wie er sich in einem Umfeld, das überwiegend aus Frauen bestand, verhalten musste, um seine Wünsche durchsetzen zu können. Die Verhaltensmuster, die er damals lernte, behielt er als erwachsener Mann bei. »Er hatte eine besondere Gabe, bei anderen Hilfsinstinkte auszulösen«, erzählte seine Schwester Sabine »es gab genügend Frauen, die darauf angesprungen sind. Meine Mutter hat ihn schwer verwöhnt, er hatte ständig Sonderrollen.« Hansjörg Geiger beobachtete: »Er hatte es gerne, wenn die Leute ihn verwöhnen. Bei den Frauen verstand er es, müt 320 terliche Instinkte zu wecken.« Geigers Sekretärin beispielsweise, Silvia Tzschentke, schmierte Gauck nicht nur Stullen, sondern nähte ihm bei Bedarf auch fehlende Knöpfe ans Hemd.
Gauck selbst führte als Grund für seine höhere Affinität zu Frauen an: »Zwischen vierzig und fünfzig habe ich viele Bücher über Psychologie und über Beziehungsfragen gelesen, vor allem aus dem Westen. Man lernt, wie bescheuert das ist, wenn man immer nur den starken Mann gibt. Über solche Fragen und Themen konnte ich vor allem mit Frauen reden.« Das war eine präsidiale Antwort, der Bundespräsident konnte natürlich schlecht sagen, dass ihn an Frauen oft mehr als der rein freundschaftliche Aspekt interessiert hatte. Freunde und Bekannte aus seiner Rostocker Zeit machten durchweg die Beobachtung, dass Gaucks Interesse an attraktiven Frauen groß war. Seine Jungendfreundin Heidi Lüneburg etwa erklärte: »Er kann unheimlich flirten. Und es ist ihm dabei ganz egal, in welchem Alter die Frau ist. Er kann auch eine Achtzigjährige so begeistern, dass sie Gefühle entwickelt, von denen sie schon lange keine Vorstellung mehr hatte. Dani sitzt daneben und betrachtet das amüsiert.«
Daniela Schadt
Dani, so wird Gaucks Lebensgefährtin Daniela Schadt genannt, mit der er seit dem Jahr 2000 liiert ist. Die Zeitungsjournalistin lernte ihren Partner beruflich, bei einem seiner Vorträge kennen, den er in Nürnberg hielt. Der Bundesbeauftragte gefiel ihr, auch als Mann. Als Gauck bald darauf erneut in die Region kam, sagte Daniela Schadt in der Redaktion: »Oh, der Gauck kommt, den Termin mache ich.« Im Anschluss wollte sie sich gern noch mit dem Bundes 321 beauftragten auf ein Bier treffen. Weil sie dabei »nicht wie ein Groupie« erscheinen wollte, verdonnerte sie einen Kollegen der Nürnberger Nachrichten, an dem Treffen teilzunehmen. So lernten sie sich persönlich näher kennen. Ein weiteres Treffen in Berlin folgte. »Dann hat sich das entwickelt«, beschrieb Schadt, wie aus diesen Begegnungen der damals Vierzigjährigen mit dem zwanzig Jahre älteren Bundesbeauftragten eine Beziehung wurde. Um genau zu sein: Eine Wochenendbeziehung. Mal traf sich das Paar in seiner Schöneberger Altbauwohnung, mal in ihrer Etagenwohnung im Stadtzentrum von Nürnberg. Oft auch irgendwo in der Republik, wo Gauck gerade einen seiner zahlreichen Vorträge hielt. »Ich bin ihm quer durch die ganze Republik nachgereist«, erinnerte sich Daniela Schadt, »da hat man Ecken kennengelernt, in die man sonst nie gekommen wäre.«
Schadt im Steckbrief: Geboren am 3. Januar 1960 im hessischen Hanau. Regional verwurzelt im Raum zwischen Nürnberg und Frankfurt. Relativ klein, energiegeladen, attraktiv. Studium der Germanistik, Politik und französischen Literatur in
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