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Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Gauck: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Frank
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Frankfurt. Journalistisches Praktikum beim Hanauer Anzeiger. Seit 1986 freie Mitarbeiterin und Volontärin bei der Nürnberger Zeitung. 1992 Redakteurin, schließlich Leiterin des Politikressorts beim selben Blatt. Mitglied im Vorstand des Nürnberger Presseclubs. Keine Ehe, keine Kinder.
    Bodenständig und bescheiden sind zentrale Eigenschaften, die sie charakterisieren. Freimütig bekannte Schadt später, dass ihre ersten Berufsjahre wirtschaftlich nicht einfach gewesen waren und sie sich damals darüber freuen konnte, wenn es aus beruflichem Anlass ein ordentliches Buffet gab. »Früher, als freie Mitarbeiterin, hat man sich bei Presse-Terminen schon mal durchgefuttert. Wenn es dann nur Butterbrezeln gab, war man fast ein bisschen enttäuscht.«

    39  Mit seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt 322
    Für Joachim Gauck wiederholten sich im Jahr 2000 die Ereignisse. Wieder knüpfte er eine neue Beziehung, als ein großer Umbruch in seinem Leben stattfand. Diesmal war es das Ausscheiden aus der BStU und der Eintritt in eine Lebensphase, in der das Berufsleben üblicherweise ausklingt. Erneut ging er eine Verbindung mit einer jüngeren Journalistin ein. Nicht nur das verband Helga Hirsch und Daniela Schadt: Beide waren blond, die eine wie die andere sehr attraktiv, jede intellektuell mit ihm auf Augenhöhe.
    Über die Frage, was das bisher schönste Geschenk war, das Joachim Gauck ihr bislang gemacht hatte, musste Schadt lange nachdenken. Schließlich antwortete sie: »Er hat mir 323 mal meinen Schreibtisch aufgeräumt, ohne dass ich ihn darum gebeten hätte. Und zwar genau so, wie ich mir das gewünscht hätte. Das war bestimmt schwierig, denn mein Schreibtisch war wirklich chaotisch.« Eine Anekdote über ihre Wohnung im Zentrum von Nürnberg bestätigt, dass Luxus in Schadts Leben kaum eine Rolle spielte. Besagte Unterkunft war relativ klein und hatte einen einfachen Standard. Als wieder einmal die Tür des Backofens klemmte, der seine guten Zeiten schon lange hinter sich gelassen hatte, stieß Daniela Schadt frustriert einen Seufzer aus. »Lieber Himmel, kann nicht mal jemand da oben dafür sorgen, dass ich eine neue Wohnung kriege – ich hab doch für so was keine Zeit.« Vierzehn Tage später stand fest, dass Joachim Gauck Bundespräsident werden und sie zu ihm nach Berlin ziehen würde. Schadt wandte sich noch mal ironisch an den Herrn: »Lieber Gott, so habe ich das nun auch nicht gemeint.« Sie selbst sagte über ihr Domizil einmal: »Meine Wohnung war sehr übersichtlich für zwei Personen.« Ihr Lebensgefährte beschrieb die Unterkunft seiner Freundin dagegen in seiner typischen, direkten Art: ein »Wohnklo«.

Gaucks Freiheitsgedanken
    In dieser Zeit wurde aus dem Ex-Pastor und Ex-Behördenchef der Missionar des Freiheitsgedankens. Ein politischer Prediger, der bei unzähligen Auftritten an den hohen Wert der Freiheit und ihre Unverzichtbarkeit für das Gemeinwesen erinnerte. »Entscheidend ist die Teilhabe an der Macht oder die Unterwerfung unter die Macht, die uns zu Bürgern oder Nichtbürgern macht.« Unter allen Werten gebührte der Freiheit nach seiner Auffassung der erste Platz. Es ist »meine tiefe Überzeugung, dass die Freiheit das Allerwichtigste im Zusammenleben ist, und erst die Freiheit unserer Gesellschaft Kultur, Substanz und Inhalt verleiht«. Er hatte sich damit kein Thema ausgesucht, mit dem er dem Mainstream huldigte. Gauck wusste, dass die Deutschen die Freiheit als etwas Selbstverständliches hinnahmen. Etwas, das im Überfluss vorhanden war und darum oft nicht geschätzt wurde. Genau dagegen wollte er ankämpfen. Denn das Verkommen des Wertes der Freiheit hatte seiner Auffassung nach fatale Folgen. »Wenn die Freiheit ihre Strahlkraft völlig verliert, verstärkt sich, was wir bereits massiv erleben: Der Mensch tauscht seine Existenz als Citoyen gegen eine Existenz als Konsument. Er geht nicht mehr wählen, beteiligt sich an keiner Bürgerinitiative, zieht sich aus dem öffentlichen, dem politischen Raum 332 zurück. Nichts gegen den Konsum, aber Konsum als einziger, als zentraler Lebenszweck macht die Menschen nur so lange glücklich, bis sie ihre – sicher variablen – Grundbedürfnisse gestillt haben.«
    Sein Freiheitsplädoyer war auch deshalb ein anspruchsvolles Unterfangen, weil in Deutschland der Wert der Freiheit nie an erster Stelle gestanden hatte. Anders als etwa in den USA , in Polen oder in Frankreich. Unter den Deutschen rangierte die Gleichheit auf Platz eins.

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