Gauck: Eine Biographie (German Edition)
Lebensgefährten zum Staatsoberhaupt gab Schadt ihren Beruf als Journalistin auf, um an seiner Seite ins Schloss Bellevue einzuziehen. Zwar äußerte sie zunächst, dass es ihr nicht leichtgefallen sei, sich von ihrer bisherigen Arbeit zu verabschieden. Tatsächlich war die neue Aufgabe, nach fünfundzwanzig Jahren Lokalzeitungsjournalismus, für sie jedoch eine sehr verlockende Perspektive. »Wer sagt, der 30. Kommentar zur Pflegereform sei spannender als das, was ich jetzt mache«, erklärte sie ein paar Wochen später, »der hat einen an der Waffel.«
Die Neudefinition der Rolle der Frau an der Seite des Bundespräsidenten war ein kluger Schachzug, der sich unter PR -Gesichtspunkten schnell als äußerst erfolgreich herausstellen sollte. Neben den Medienliebling Gauck trat zusätzlich die Sympathieträgerin Schadt. »Das ist eine von uns«, ist im Hinterkopf der Journalisten, wenn sie über Gaucks Lebensgefährtin und damit auch über den Bundespräsidenten berichten. Für Schadt ist der Umgang mit Journalisten vertrautes Terrain, ein Heimspiel. Sie gewann ihre Kollegen im Handstreich, wenn sie zu ihnen sagte; »manchmal komme ich mir vor wie eine geteilte Daniela, dann denke ich, eigentlich stehst du doch dort«. Sie spricht dieselbe Sprache wie die Reporter und Kameraleute und gewinnt durch ihre unprätentiöse Art in kürzester Zeit die Herzen ihrer Berufskollegen. Wie ihr Lebensgefährte sagte sie Sätze, die man von Berufspolitikern sonst nicht hört. »Manche 374 finden, ich sei zu fetzig angezogen« oder »die Sonne zwingt mich manchmal zu Schlitzaugen«. Sie übe jetzt schon mal »für das Damenteetrinken mit Michelle« diktierte sie einem Journalisten ins Mikrofon.
Äußerlich tritt sie souverän und ähnlich locker auf wie ihr Lebenspartner. Hinter der Fassade steckt allerdings eine gehörige Portion Aufregung und Anspannung, um beim öffentlichen Auftritt oder im Interview alles richtig zu machen. Am Anfang gab sie, trotz vieler Anfragen, keine Interviews. »Normalerweise bin ich es doch, die die Fragen stellt«, erklärte sie einmal selbstironisch dazu. Und bei anderer Gelegenheit: »Es ist eine sonderbare Verkehrung der Situation. Das Interesse an mir ist ein abgeleitetes Interesse. Eigentlich gilt es dem Bundespräsidenten.« Es dauerte zehn Monate, bis sie mit einem Neujahrsempfang für die Ehegatten des diplomatischen Korps ihren ersten eigenen offiziellen Auftritt im Schloss Bellevue hatte. Und erst im Februar 2013 gab sie der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ihr erstes großes Interview. Schadt hätte am liebsten an der Seite Gaucks dessen öffentliches Leben geteilt, ohne selbst zur öffentlichen Person zu werden. Das war legitim, aber ein Ding der Unmöglichkeit.
Auf die Frage, wie sie ihren persönlichen Einfluss auf Joachim Gauck einschätze, antwortete sie: »Schwer zu sagen, weil wir in vielem ähnlich denken. Ich wüsste aber keinen Fall, wo ich ihn zu etwas überredet hätte, was nicht ohnehin schon seine Meinung war.« Das sehen andere aus dem Umfeld des Präsidenten anders. »Auf Frau Schadts Einschätzung legt Gauck allergrößten Wert. Was ihr politisch nicht einleuchtet, das kriegt man auch bei ihm nicht durch«, meinte Andreas Schulze. Tatsächlich ist Daniela Schadt eine der wichtigsten Ratgeberinnen des Bundespräsidenten und hat maßgeblichen Einfluss auf ihn. Wie 375 engagiert Schadt in politischen Fragen tatsächlich ist, wurde nach ihrer gemeinsamen Israel-Reise deutlich, als Kritik an Gauck laut geworden war, weil er die Aussage von Angela Merkel, dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson sei, relativiert hatte. Auf dem Rückflug von Israel nach Deutschland wurde Schadt deswegen regelrecht giftig: »Es ist nicht jeder deutsche Politiker, der nach Israel kommt, verpflichtet ›Staatsräson‹, ›Staatsräson‹, ›Staatsräson‹ zu rufen«, ereiferte sie sich. Dabei schnippt sie bei jeder »Staatsräson« mit dem Finger. Joachim Gauck weiß, was er an ihr hat. »Eine wunderbare Stütze«, und ein »großer Schatz« für ihn und sein Amt.
46 Mit Daniela Schadt in Warnemünde bei der Hansesail 2012
Bemerkenswert war, dass Schadt ihren Beruf ohne jede 376 materielle Kompensation aufgab. Sie übernahm ihre neue Aufgabe unentgeltlich, ohne materielle Absicherung. Für die Frau an der Seite des Bundespräsidenten sind keine Planstelle und kein Gehalt vorgesehen. Darauf angesprochen meinte Schadt: »Ich bin da erst mal ›reingehupft‹.
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