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Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Gauck: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Frank
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deren Kindern Burkhard und Heidi er als Junge in der Scheune im Stroh geschlafen hatte, hielt es nicht in der DDR . Er habe es gelassen und ohne Trauer hingenommen, schrieb Gauck in seinen Erinnerungen.
    Das ist schwer zu glauben. Natürlich nagte es an denen, die blieben, wenn ihre Freunde und Verwandten sie im Stich ließen und sich trauten, ein neues Leben zu beginnen. Das verunsicherte, denn es warf die Frage nach der eigenen Position auf. Warum gehen die und ich bleibe?
    Im Frühjahr 1961 schlossen jeden Monat neunzehntausend Ostdeutsche ihre Wohnungstür ab, um nie mehr zurückzukommen. Die Einwohnerzahl einer Kleinstadt. Für Ulbricht war klar, es musste etwas geschehen, das Problem Nummer eins endlich gelöst werden, koste es, was es wolle. In der Nacht vom 12. zum 13. August 1961 wurde es gelöst. Rund fünfundzwanzigtausend Mann der paramilitärischen »Betriebskampfgruppen« sperrten die Durchgänge zwischen Ost- und West-Berlin. Als die Berliner am Sonntagmorgen aufwachten, standen sie vor vollendeten Tatsachen. 95 Das Tor im Eisernen Vorgang war zu. Der 13. August 1961 war die zweite Geburtsstunde der Deutschen Demokratischen Republik. Der Mauerbau war die wichtigste und entscheidendste Maßnahme Ulbrichts zur Stabilisierung der sozialistischen Herrschaft in Ostdeutschland. Er beendete die »Abstimmung mit den Füßen«, unterbrach den Flüchtlingsstrom in den Westen und verhinderte ein weiteres personelles Ausbluten des SED -Staats. Ab jetzt gab es für die Ostdeutschen keine Alternative mehr, und sei es nur gefühlt. Sie waren nun DDR -Bürger mit Haut und Haar. Gauck beklagte in seinen Erinnerungen: »Wir durften nicht einmal zu Beerdigungen fahren, wenn jemand starb. Es gab keinerlei Begegnungen mehr. Gespräche über die wenigen Privattelefone mussten beim Fernamt angemeldet werden, halbe Tage warteten wir auf die Verbindung, oft kam sie gar nicht zustande.« Es sollten siebzehn Jahre ins Land gehen, bis Joachim Gauck erstmals wieder erlaubt wurde, ins westliche Ausland zu reisen.
 

Vikariat
    An das 1965 endlich glücklich abgeschlossene Studium schloss sich das zweijährige Vikariat an, die praktische Ausbildung für angehende Pastorinnen und Pastoren nach dem ersten theologischen Examen. Anfang 1966 trat Gauck seinen Dienst in Laage an, einem größeren Dorf mit rund dreitausend Einwohnern, dreißig Kilometer südlich von Rostock gelegen. Nach wie vor quälten ihn Ängste. War sein Glaube stark genug, um ein Vorbild für seine Gemeinde sein zu können? Waren seine Predigten nahe genug an den Sorgen und Nöten seiner Gemeindemitglieder? In der praktischen Arbeit gewann er langsam an Sicherheit. Er ent 96 deckte, dass er vor anderen reden konnte und die Menschen im Kirchenschiff erreichte, auch wenn da manchmal nur eine Handvoll Gläubige saß. Das gab ihm das Selbstvertrauen, den beschrittenen Weg trotz aller immer noch vorhandenen Zweifel weiterzugehen. Gegen Ende seiner praktischen Ausbildung fühlte er sich dem Pastorenamt immerhin gewachsen, und der Wunsch nach einer eigenen Gemeinde kam auf. Zehn Jahre hatte es gedauert, bis er seinen Weg zu Gott und zum Amt des Seelsorgers gefunden hatte. Pastoral schrieb er dazu in seinen Erinnerungen: »In der Begegnung mit den Gemeindemitgliedern aber habe ich die Angst verloren, vom Zweifel verschlungen zu werden. Ich konnte geistlich wachsen und selbst etwas ausstrahlen.« 97

Der junge Pastor
    Rebelliert hatte ich in all den Jahren weder als Student noch als Pfarrer. Zum Märtyrer war ich nicht berufen.    
    Joachim Gauck
 
    Konkret versucht er, unter dem Deckmantel der kirchlichen Friedensarbeit, oppositionell eingestellte Jugendliche politisch-ideologisch zu gewinnen, um sie gegen unsere sozialistische Entwicklung und insbesondere gegen die notwendige Stärkung der Verteidigungsbereitschaft der DDR aufzuwiegeln.
    Ein Inoffizieller Mitarbeiter über Gauck

Lüssow
    Mitte 1967 begann für Joachim Gauck das Berufsleben als Pastor der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs . Er blieb es zweiundzwanzig Jahre lang, bis zum Ende der DDR . Seine erste Stelle trat er am 1. Juli im Tausend-Einwohner-Dorf Lüssow an, http://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Gauck#cite_note-18 dreißig Kilometer südlich von Rostock gelegen. Zu Pfingsten stellte er sich seiner Gemeinde vor und zog mit seiner jetzt fünfköpfigen Familie ins örtliche Pfarrhaus; drei Wochen zuvor war Tochter Gesine geboren worden, sein drittes Kind. Noch war er mit seiner Ausbildung

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