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Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Gauck: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Frank
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einer Konfirmandin
    Die neue Aufgabe forderte ihn so stark, dass er völlig darin aufging und fast alles andere um sich herum vergaß. Auch, welche Last er seiner Frau auflud, unter den primitiven Bedingungen im ländlichen Lüssow drei Kinder großzuziehen und ihm den Rücken für seine Arbeit freizuhalten. Hansi Gauck war weder willens noch in der Lage, neben der Vollzeitstelle als dreifache Mutter zusätzlich die Rolle der »Frau Pastor« zu übernehmen, die unermüdlich rund um die Uhr unentgeltlich Dienst tat. Diese Aufgabe hatte sie sich nicht ausgesucht, und sie lag der introvertierten und scheuen Frau auch nicht. Der junge Familienvater stürzte sich ohne Wenn und Aber in seinen Beruf und war nicht glücklich darüber, dass seine Frau wenig Neigung zeigte, ihn über die Erziehung der Kinder hinaus häufiger bei seiner Arbeit zu unterstützen. Die junge Mutter wiederum fühlte sich zurückgesetzt, weil die Arbeit für ihren Mann plötzlich einen so großen Stellenwert einnahm und er sie zu oft mit den Problemen der Familie alleinließ. In Lüssow war für das Ehepaar die Weggabelung, an der sie unterschiedliche Pfade betraten, die sie über die Jahre langsam voneinander entfernten. 102

Parum
    Im Nachbarort Parum, der zu seiner Gemeinde gehörte, lernte Gauck damals die Gemeindepädagogin Beate Brodowski kennen, die eine enge, lebenslange Freundin seiner Familie werden sollte. Sie hatte von der Kirche einen Trabant als Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt bekommen, den Gauck, der nur ein Motorrad hatte, nutzen durfte, wenn sie selbst den Wagen nicht brauchte. Als Joachim Gauck 2012 zum Bundespräsidenten gewählt worden war und an Ostern wieder einmal seine Heimatstadt besuchte, gehörte seine ehemalige Kollegin aus Parum zu den Ersten, die er in ihrer kleinen Wohnung im Dach der Nikolaikirche besuchte. Es war Beate Brodowski, die den jungen Pastor dazu anregte, sich neben seinem Amt als Gemeindepastor für die »Landjugend« zu engagieren.
    Das war eine Aufgabe, die für Joachim Gauck wie gemacht erschien. Er fand solchen Gefallen daran, dass die kirchliche Jugendarbeit zu einem Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit wurde. Als er später wieder in Rostock lebte, übernahm er zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Gemeindepastor das Amt des Stadtjugendpastors und knüpfte damit an seine Zeit mit der Mecklenburger »Landjugend« an. Bei der Ansprache von Jugendlichen ging es nicht nur um religiöse Themen, sondern auch darum, Gemeinschaft zu erleben und miteinander ins Gespräch zu kommen. »Die Leute kamen, um über Politik zu sprechen«, erinnerte sich Beate Brodowski an die gemeinsame Arbeit und daran, dass Gauck und sie damals »völlig unbedarft« an diese Aufgabe herangegangen seien. Beate Brodowksi organisierte Ausflüge und Wanderungen für die jungen Mecklenburger, ging mit ihnen frühstücken oder lag einfach nur mit ihnen am Strand. Offensichtlich war die gemeinsame Ar 103 beit von Gauck und Brodowski erfolgreich. So erfolgreich, dass die evangelische Landeskirche auf die Aktivitäten ihres Landpastors in Lüssow aufmerksam wurde und ihm Anfang 1970 die Leitung des Arbeitskreises »Landjugend« übertrug.

    19  Arbeit mit Jugendlichen
    Beate Brodowski bewohnte das Pfarrhaus von Parum, ein Gebäude, das sich in einem noch erbärmlicheren Zustand befand als das Pfarrhaus, in dem die Gaucks wohnten.
    Die Decken waren an manchen Stellen heruntergekommen, und mangels eines Bads mussten sich die im oberen Stockwerk untergebrachten Gäste im Erdgeschoss in der Kü 104 che waschen. Dennoch verbrachten die Gaucks hier jahrelang ihre Freizeit. Das belegt das Gästebuch von Beate Brodowski, das »Schweinchenbuch« hieß, weil jeder Besucher sich mit einem gezeichneten Schwein darin verewigen musste. Die Gaucks hinterließen Dutzende solcher Schweine. Vor allem, als die Familie 1971 nach Rostock gegangen war, wurde das Pfarrhaus am Parumer See zum nicht in Gold aufzuwiegenden Ferienrefugium. Immer wieder erholten sie sich hier von der Ödnis und der sozialen Verarmung in dem Plattenbauviertel, in das sie gezogen waren. Meist für ein Wochenende, manchmal auch für eine ganze Woche. »Rostock, das war für die Familie triste«, erinnerte sich Brodowski, »der Garten hier in Parum, der war lebensrettend für sie.«
    Die Gaucks pachteten sogar ein Stück des großen Gartens, der mit hohen Bäumen, Büschen und Brombeerhecken bewachsen war und in traumhafter Lage direkt an den Parumer See grenzte. Der Vater

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