Gaunts Geister - Band 1-3
Aussichten gehabt, bei einer zehn Kilometer
entfernten Zielscheibe mit einem Lasergewehr mit defektem Zielfernrohr ins
Schwarze zu treffen. Nach zwanzig Versuchen klemmte er sich die Nadel wieder zwischen
die Zähne und versuchte das mittlerweile ausgefranste Fadenende
zusammenzuzwirbeln.
Etwas traf ihn schwer von
hinten und warf ihn mit dem Kopf voran auf den Schneeboden.
Benommen lag er auf dem Gesicht
und wurde sich langsam des Schnaubens und Schnüffelns hinter sich bewusst.
Seine Zunge schmerzte, und sein Mund war voll Blut, das langsam heraussickerte
und auf dem Eis gefror. Ein große Gestalt bewegte sich hinter ihm.
Er drehte langsam den Kopf und
riskierte einen Blick. Vorsichtig und von der Seite, wie man beim Rasieren in einen
Spiegel schauen würde.
Der Ork war annähernd drei
Meter groß und fast ebenso breit.
Kompakte Muskeln bildeten
Stränge auf Schultern und Armen, und stinkendes Fell bedeckte seinen Leib. Sein
Kopf war groß, doppelt so groß wie der eines Menschen, nach vorn gewölbt und
auf den gewaltigen Unterkiefer gestützt. Schwärzliche Zähne ragten wie Meißel
aus dem fauligen Zahnfleisch. Die Augen konnte er nicht sehen. Er roch den
stinkenden Atem, den zersetzenden Speichel, der aus dem halb geöffneten Mund tropfte.
Er stellte sich tot und
beobachtete, wie der Ork mit seinem Sani-Beutel spielte und mit Händen darin
herumwühlte, die groß genug waren, um ein menschliches Genick wie einen Zweig
zu brechen.
Er holte eine Rolle Verbandsstoff
heraus, biss hinein, kaute darauf herum und spie den Stoff aus.
Er hat Hunger , dachte Rawne, und seine
Eingeweide gefroren bei dem Gedanken.
Plötzlich kam der Ork zu ihm,
zog ihn an den Haaren hoch und riss ihn zurück wie eine Marionette. Mit der anderen
Hand wühlte er in seiner Kleidung nach Essensbehältern, Proviant und sonstigen
Vorräten.
Blut lief aus Rawnes
aufgerissenem Mund auf seine Brust. Er versuchte schlaff zu bleiben, aber seine
linke Hand kroch langsam zu dem Messer in der Hüftscheide. Der riesige Ork
drehte und wendete ihn wie einen Sack Knochen, schnüffelte und gurgelte dabei
hinter seinem Ohr, sodass Rawne heißen Atem im Nacken und widerlichen Gestank
in der Nase hatte.
Rawne fand das Messer und zog
es heraus. Er musste sich dabei verkrampft haben, weil der Ork erstarrte und dann
irgendwas in seiner geheimnisvollen Sprache murmelte. Rawne setzte zu einem
Schwung mit dem Messer an, doch plötzlich hatte sich die riesige Pranke des Orks
um seine Messerhand geschlossen und rammte sie gegen die Eiswand neben ihnen.
Zwei Schläge, und Rawnes Hand gab auf. Der tanithische Dolch flog davon.
Der Ork brüllte, ein gutturales
Bellen, das Rawne taub machte und sein Trommelfell erschütterte. Er hielt ihn
von hinten fest und zog seine Arme auseinander, offenbar entschlossen, seinen
Rumpf entzweizureißen. Rawne schrie und wehrte sich vergeblich gegen die
größere Kraft bei dem Versuch, seine Arme zu befreien. Er war tot, das wusste
er. Der Tod war nur einen Moment entfernt.
Ein stechender Schmerz ließ ihn
an seinen Mund greifen, um herauszuziehen, was in seiner Zunge pochte. Er fand
das Ende der medizinischen Nadel, die in seiner Zunge steckte, und riss sie
heraus. Ein entsetzlich langer Blutstrahl folgte ihr. Dann stach er mit der
kleinen Metallnadel blindlings an seinem Kopf vorbei nach hinten.
Der Ork schrie auf und ließ ihn
fallen. Rawne landete und spuckte und hustete Blut von seiner pochenden Zunge.
Der Ork führte einen wilden Tanz in der Höhle auf und hielt sich ein Auge, aus
dem eine klare Flüssigkeit und dunkles Blut lief. In seiner Wut erzeugte er
einen ohrenbetäubenden Lärm in dem Hohlraum.
Rawne wollte zu seiner Waffe
eilen, aber der Ork fuhr herum und schleuderte ihn mit einem Rückhandschlag durch
die Höhle.
Rawne prallte mit den Schultern
schwer gegen die Eiswand, verkehrt herum und horizontal. Sein Schulterblatt
knackte, und er fiel zu Boden.
Der Ork stürzte sich auf ihn,
ein Auge halb geschlossen, das um die darin steckende Nadel auslief. Rawne
wälzte sich herum. Sein Lasergewehr befand sich auf der anderen Seite der
Höhlung, aber sein Messer war in Reichweite.
Sein Messer. Wie viele Kämpfe
hatte er damit schon gewonnen? Wie viele Kehlen hatte er durchgeschnitten, wie viele
Herzen durchbohrt, wie viele Bäuche aufgeschlitzt? Er erreichte es, packte es,
fuhr tief geduckt und mit hämischem Gesichtsausdruck zu dem Angreifer herum.
Der Ork stand ihm mit dem
Rücken zur Höhleneinmündung
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