Gaunts Geister - Band 1-3
Tanith,
gesegnet sei sein Andenken!«, hörte er Corbec auf ihrem Vormarsch rufen.
Der Ruf wurde von allen
Geistern ringsum aufgenommen und löste eine tiefe emotionale Reaktion in Gaunt aus.
Das schockierte ihn. Sie kämpften tatsächlich für Tanith — nicht für irgendein
Andenken oder aus Rachedurst. Sie kämpften um ihrer Heimatwelt willen, für die nebligen
Städte, die düsteren Wälder und die majestätischen Seen.
Er wusste das, weil er ebenso
empfand. Vor dem Untergang hatte er keinen ganzen Tag auf Tanith verbracht und den
Großteil dieser Zeit in den Vorzimmern des Elektorpalasts in Tanith Magna. Aber
er hatte ein Gefühl, als sei es seine Heimat gewesen, als habe er es nach
jahrelangem Leben dort lieben gelernt, als sei es noch erreichbar ...
Gemeinsam mit Corbec und zwei
anderen Geistern erreichte er als Erster einen Verteidigungsgraben noch weiter unten
auf dem Hügel, wo eine überlegene Zahl von Chaos-Abschaum den Angriff auf die
Ruine abbrach, um sich der Attacke von hinten zu erwehren. Gaunt stürmte mit
seinem Kettenschwert voran und schnitt den Feind in Stücke. Es schien fast so,
als sei er gegen Laserstrahlen gefeit. Alle Schüsse des Feinds gingen weit
daneben.
In seinem Herzen sang die
Freude Taniths.
Er sprang in den Graben und
schnitt den ersten Angreifer vor sich in der Mitte auseinander, dann schwang er
die jaulende Klinge nach links und enthauptete den nächsten. Die Boltpistole in
seiner anderen Hand feuerte Geschosse durch den Graben, die zwei mit
aufgepflanztem Bajonett heranstürmenden Ghulen die Beine wegsprengten. Seine Boltpistole
klickte leer. Corbec war neben ihm und schoss brüllend mit seinem Lasergewehr
auf Gestalten, die fielen und sich wanden und durch den schmalen Graben flohen.
Auf der anderen Seite kämpften
die Soldaten Yael und Mktea leidenschaftlich mit ihren silbernen Dolchen. Ein Stück
weiter feuerte Bragg mit seiner Autokanone aus dem Graben.
Gaunt warf Boltpistole und
Schwert beiseite und packte die Handgriffe eines feindlichen schweren Bolters
mit automatischer Munitionszuführung auf dem Grabenrand. Das massige Geschütz
stand auf Flakbrettern und war mit Kabeln verankert, damit das Stativ nicht
verrutschen konnte. Gaunt drückte den Abzug, schwenkte die bebende, ruckende
Waffe nach links und rechts und dezimierte so die Reihen der Feinde, die den
Hügel emporstürmten.
Er spürte eine Hand auf seinem
Arm. Lilith war neben ihm. Ihr Gesicht war blass, und ihre Augen tränten.
»Was ist los?«, bellte er,
während er konzentriert weiterschoss.
»Spüren Sie es nicht? Sie
werden ebenfalls von der Magie des Gewitters verschluckt!«
Er ließ die Handgriffe los, und
die automatische Munitionszuführung ratterte weiter. »Magie?«
»Das Netz der Täuschung, von
dem ich gesprochen habe ... Es hat alle Ihre Männer eingewickelt, auch die
Blaublüter. Es zerrt an meinem Verstand! Gaunt ...!«
Er hielt sie unwillkürlich
fest. Nach einem Augeblick schob sie ihn weg. »Ich bin in Ordnung! In Ordnung!«
»Lilith!«
»Was ... Wer immer da oben in
den Ruinen ist, es nutzt unsere Gefühle aus.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich ... Ich glaube, man will
so viel Hilfe wie nur eben möglich, Gaunt! Man hat mit diesem Gewitter einen
Zauber gewirkt, der uns genau dazu bringt, indem er mit unseren tiefsten
Sehnsüchten spielt! Für Ihre Geister ist das Tanith — ein Tanith, das noch
gerettet werden kann! Für die Blaublüter ist es Ignix Majeure, wo sie nach
verzweifeltem Kampf verloren haben! Aber, Ibram ... Es bringt mich um! So stark
ist der Zauber!«
Gaunt rang nach Atem. »W-warum
ich? Warum Tanith?«
»Was?«, fragte sie, während sie
sich die aufgequollenen Augen rieb.
»Ich bin kein Tanither, aber
ich habe genauso reagiert. Warum kämpfe ich nicht für eine große Sache aus
meinem eigenen Leben? Warum lebe und atme ich die ganze Zeit Tanith in diesem
Wachtraum?«
Während ihr perfektes Gesicht
von Lichtblitzen ringsum erleuchtet wurde, lächelte sie unter Schmerzen.
»Wissen Sie das denn nicht, Ibram? Tanith ist Ihre Sache, ob Sie dort geboren
sind oder nicht. Sie haben Ihren Dienst und Ihr Leben diesen Männern gewidmet
und dem Andenken an ihre Welt. Das Schicksal Taniths verzehrt Sie ebenso wie
die Tanither, und Sie mögen kein wahrer Sohn der Wälder sein, aber diese Magie
spielt mit Ihren tiefsten Sehnsüchten! Sie sind ein Geist, Ibram Gaunt, ob Sie
es wissen oder nicht! Sie sind nicht nur ihr Herr und Meister, Sie sind einer
von ihnen!«
Gaunt nahm
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