Gaunts Geister - Band 1-3
seine Mütze ab und
wischte sich den Schweiß von der Stirn in seine Haarstoppeln. Er japste unter
der Einwirkung von viel zu viel Adrenalin. »Das ist alles falsch?«, begann er.
»Wir werden benutzt.
Manipuliert. Von etwas, das unsere tiefsten Sehnsüchte anspricht, dazu gebracht
zu kämpfen.«
»Dann ... Im Namen des
Imperators, wenn es uns hilft, den Chaos-Abschaum zu töten, wehren wir uns
nicht dagegen! Nutzen wir es aus!« Gaunt schaltete seinen Interkom ein.
»Sechzig Männer gegen zehntausend! Der Stoff, aus dem die Legenden sind! Wir
stoßen weiter vor! Für Tanith und Ignix Majeure! Nehmt den Hang, und kämpft euch
zur Ruine durch!«
An der Spitze der Blaublüter
hörte Gilbear den Ruf und schrie in die Nacht, während er den Inhalt der
nächsten Energiezelle durch die leuchtende Mündung seiner Höllenkanone dem Feind
entgegenspie. Die Volponer stürmten den Hang empor und versprengten den Feind
vor ihnen.
Lerod, der sich nun für
wahrhaft unsterblich hielt, führte seine Abteilung den Hügel hinauf und
überrannte die panikerfüllten, nachgebenden Wellen des Chaos-Abschaums.
Corbec, neben dem Bragg mit
seiner Autokanone Pfade der Verwüstung durch die Reihen des Feinds zog, führte die
andere Abteilung der Geister dazwischen empor. Zu beiden Seiten des imperialen
Vorstoßes wogten hunderttausend Soldaten des Feinds und gruppierten sich neu. Aber
sie hatten den sechzig Imperialen in ihrer Mitte und ihrem Vormarsch nichts
entgegenzusetzen.
Jahre später sollten die
Taktiker des Imperiums bei der sorgfältigen Rekonstruktion der Einzelheiten
dieses Angriffs aus den dabei gesammelten lückenhaften Daten absolut keine
Erklärung für den Erfolg der Aktion finden. Auch unter Berücksichtigung des
Überraschungseffekts eines Angriffs im Rücken ergaben die Daten keinen Sinn. Die
Zahlen besagten schlicht und einfach, dass Gaunts Expeditionskorps bis auf den
letzten Mann hätte niedergemetzelt werden müssen, und zwar spätestens einen halben
Kilometer vor der Ruine. Die Taktiker sollten charismatische Führerschaft,
taktisches Genie und Glück berücksichtigen, und dennoch war kein Irrtum
möglich. Gaunts Männer hätten lange vor Erreichen der Ruine tot sein müssen.
Aber das war nicht der Fall.
Vielleicht dreißig Minuten nach dem ersten Feindkontakt erreichte Gaunt mit
seiner Streitmacht die Mauern der Ruine, ohne einen einzigen Mann verloren zu
haben.
Sie hatten sich durch eine
Legion des Feinds gekämpft, der ihnen zehntausend zu eins überlegen war, und
ein Ziel erreicht, das zu erstürmen sich der Feind seit Stunden mühte. Dabei
hatten sie ungefähr zweitausendvierhundert gegnerische Soldaten getötet.
Schließlich, nach einer
längeren analytischen Studie, sollten die Taktiker zu dem Schluss gelangen, die
einzig mögliche Erklärung sei die, dass an diesem Tag keine Feindeinheiten im
Feld gewesen sein konnten. Alles sei eine Illusion gewesen. Gaunt habe einen
Vorstoß durch offenes, unverteidigtes Gelände geführt. Nur so passten die
Berechnungen und Statistiken und Möglichkeiten zusammen.
Keiner von ihnen konnte
zugeben, dass es nicht so war. Und so wurde der vielleicht größte und
spektakulärste Erfolg von Macaroths großem Kreuzzug als Phantomgefecht aus den
Imperiumsannalen gelöscht. Das ist das Schicksal wahren Heldentums.
Da war eine Tür: ein hoher,
spitzer Bogen in der glatten Flanke der Ruine. Gaunt gruppierte seine
Streitmacht ringsherum, während ihnen aus den ungeordneten, aber sich neu
formierenden Legionen des Feinds unablässig Feuer entgegenschlug.
Gilbear hatte die Absicht, die
Tür in der Hoffnung zu verminen, sie aufsprengen zu können, obwohl, wie Corbec
feststellte, die Brandmale auf der Steinmauer darauf hinzudeuten schienen, dass
der Feind dies bereits mehr als einmal versucht hatte und gescheitert war.
Sie setzten gerade zu einem
Streit darüber an, als sich die Tür öffnete. Brin Milo stand flankiert von
Caffran und einem extrem grimmig aussehenden Eldar-Krieger mit rotem Federbusch
auf dem Helm da und schaute zu ihnen nach draußen.
Über ihnen tobte noch immer das
Gewitter.
»Ihr seid so weit gekommen«,
sagte Milo.
»Jetzt lasst es uns auch zu
Ende bringen.«
Innerhalb der Onyxmauern des
Weghauses hörten Gaunt und seine Männer das leise Wehklagen der trauernden
Eldar, die wehmütig die letzten Lieder der Schließung sangen.
Muon Nol stand Gaunt lange
gegenüber, bis Gaunt salutierte und die Hand ausstreckte.
»Ibram Gaunt.«
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